Hohe Erwartungen an Papst-Besuch in Ägypten

Kirchenvertreter, Politiker, Hilfswerke und Menschenrechtsorganisationen setzen große Hoffnungen in die am Freitag beginnende Papst-Reise nach Ägypten.

Im Mittelpunkt steht diesbezüglich die interreligiöse Konferenz an der Al-Ashar-Universität, wo Papst Franziskus das Wort ergreifen wird. Dass der Papst ein Freund Ägyptens ist, merke man daran, dass er „wie es bei Freunden üblich ist in Notsituationen zu Besuch kommt“, sagte der in Kairo residierende koptisch-katholische Patriarch Ibrahim Isaak Sidrak am Dienstag im Interview mit Radio Vatikan.

Solidarität des Papstes „sehr willkommen“

Die Katholiken des Landes erwarteten „ihren“ Papst mit Freude, so der koptisch-katholische Patriarch. Es sei ein wichtiger Moment, denn nach den jüngsten Anschlägen bräuchten alle Christen am Nil konkrete Unterstützung, und die Solidarität des Papstes sei deshalb „sehr willkommen“.

Wörtlich sagte der Patriarch: „Es ist ein sehr schwieriger Moment. Wir brauchen hier Dialog und Unterstützung, um den Frieden zu sichern. Allen terroristischen Anschlägen zum Trotz gibt es so viele Menschen, die für den Frieden arbeiten. Der Heilige Vater vertritt genau jene, die sich in Kairo dann um ihn scharen werden.“

Konferenz als Anfang

Die interreligiöse Friedenskonferenz in Kairo sollte ein Auftakt sein, sagte Sidrak: „Ich kann die Dinge nicht vorhersagen, aber ich kann mir nur wünschen, dass diese Konferenz einen Anfang setzt, damit noch weitere konkrete Friedensschritte gemacht werden. Wir brauchen aber nicht nur Kongresse, um Frieden zu schaffen. Was wir also am Freitag erleben werden, ist ein Aufruf an die Welt, gemeinsam für den Frieden einzustehen.“

Nach den jüngsten islamistischen Anschlägen hätten sich die Christen in Ägypten weiter für Versöhnung und Dialog ausgesprochen, „ohne ihre innere Wut zu leugnen“, sagte Sidrak. Leider gebe es viele, „die diesen Weg für Ägypten nicht gehen wollen, und das sind nicht die Christen“. Zusammen mit vielen Ägyptern sagten die Christen Nein zum Terrorismus und Ja zum Allgemeinwohl, Ja zum Frieden und Ja zum Fortschritt für Ägypten.

Theologe: Sehr schwieriges Geschäft

Der US-Theologe George Weigel hofft angesichts der Reise des Papstes nach Ägypten und dessen Besuch der Kairoer Al-Ashar-Universität auf Fortschritte im interreligiösen Dialog. „Ich hoffe, dass die Reise des Papstes an die Al-Azhar-Universität das voranbringt. Es ist aber ein sehr schwieriges Geschäft. Man kann nur hoffen, dass nicht innerhalb von 48 Stunden alles völlig verdreht wird“, sagte der katholische Theologe gegenüber Kathpress bei einer Tagung am Internationalen Theologischen Institut (ITI) im österreichischen Trumau.

Franziskus habe sich bereits mehrfach zum Schutz der Religionsfreiheit geäußert. „Jetzt hoffe ich, dass er es wieder tun wird, und dass er es noch stärker tut.“ Weigel würdigte die Offenheit des Papstes und dessen Verzicht auf Floskeln. Das werde besonders im Blick auf die Verfolgung von Christen in Nahost deutlich. „Ich hoffe, er macht weiter so und er spricht diese Fragen an. Denn niemand sollte wünschen, dass es einen unehrlichen interreligiösen Dialog gibt“, betonte der Lehrstuhlinhaber am Washingtoner Ethics and Public Policy Center.

„Gratwanderung“

Der deutsche Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU) schrieb am Mittwoch von einer „Gratwanderung“ für das Kirchenoberhaupt. „Er muss den Dialog mit dem Islam festigen, er muss die Not der Kopten thematisieren und Trost spenden. Gleichzeitig muss der Vatikan darauf achten, nicht noch mehr antichristliches Ressentiment zu schüren“, meinte der CSU-Politiker in der „Zeit“-Beilage „Christ und Welt“.

Der Präsident des internationalen katholischen Hilfwerks „missio“ (Region Bayern), Wolfgang Huber, wertete den Papstbesuch als „wichtiges Zeichen der Verbundenheit mit den ägyptischen Christen“. Die deutsche esellschaft für bedrohte Völker (GfbV) forderte deutlichere Unterstützung für die koptischen Christen. Das Land müsse sich dazu bekennen, dass es ein christliches und muslimisches Land sei. Christen dürften nicht aufgrund ihrer Religion benachteiligt werden.

„Kennt Schrecken der Militärdiktatur“

Auch die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) forderte den Papst auf, seinen Einfluss zu nutzen und sich für die Freiheit und Gleichberechtigung aller Ägypter einzusetzen. „Franziskus kennt die Schrecken der Militärdiktatur aus seiner Heimat Argentinien“, sagte Vorstandssprecher Martin Lessenthin.

Koptenbischof: Besuch Zeichen der Solidarität

Der Generalbischof der koptisch-orthodoxen Kirche in Deutschland wertet den Papst-Besuch in Kairo als eine wichtige Botschaft der Unterstützung für die von Gewalt bedrohte christliche Minderheit in Ägypten. „Ich finde es sehr gut, dass der Heilige Vater Ägypten besucht“, sagte Bischof Anba Damian der Nachrichtenagentur AFP. „Es ist wichtig, dass der Papst ein Zeichen der Solidarität setzt. Wir können nicht wegschauen, wenn Kirchen bombardiert werden.“

Die christliche Minderheit in Ägypten wird immer wieder Opfer von Gewalt, zuletzt wurden bei Anschlägen auf zwei Kirchen insgesamt 45 Menschen getötet. Zu der Tat bekannte sich die Terrorgruppe Islamischer Staat (IS). Er hoffe auf eine Botschaft des Trostes für die bei den Anschlägen verletzten Gläubigen und die Familien der Getöteten, sagte Damian. „Es ist wichtig zu sagen: Wer eine Kirche angreift, der greift uns alle an.“

Verurteilung von Dschihadisten

Der Papst müsse bei seinem Treffen mit dem Großimam Ahmed al-Tajjeb von der einflussreichen islamischen Universität Al-Ashar deutlich machen, dass Gewalt in der Religion keinen Platz habe. Nötig sei eine „eindeutige Verurteilung“ der Dschihadisten. „Wenn wir Frieden erreichen wollen, müssen wir eine klare und ehrliche Sprache sprechen“, sagte das geistliche Oberhaupt der etwa 6.000 Kopten in Deutschland.

Die Kopten würden von den Islamisten für den Sturz ihres Präsidenten Mohammed Mursi im Sommer 2013 verantwortlich gemacht, ihren Hass auf die Christen zeigten sie inzwischen ganz offen, sagte Damian. Die Hoffnung auf mehr Sicherheit und mehr Rechte für die Kopten unter Mursis Nachfolger Abdel Fattah al-Sisi habe sich nicht erfüllt: „Die Regierung nimmt uns nicht in Schutz.“

Der Papst trifft am Freitag zu einem zweitägigen Besuch in Kairo ein. Auf dem Programm stehen unter anderem ein Treffen mit Kopten-Papst Tawadros II. und eine interreligiöse Konferenz.

religion.ORF.at/KAP/AFP

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