Umfrage: Toleranz gegenüber Religionen gesunken

Die Toleranz der Österreicher gegenüber Religionen ist im Vergleich zu 2015 weiter gesunken. Besonders Muslime sind davon betroffen. Das hat eine Umfrage im Auftrag des Mauthausen Komitees ergeben.

Die österreichweite Studie mit 500 Befragten ermittelte Toleranz gegenüber Religion, ethnischer Herkunft und Hautfarbe und Behinderung. Das Mauthausen Komitee führte die Studie anlässlich des 72-jährigen Jubiläums der Befreiung vom nationalsozialistischen Regime durch. Bemerkenswert ist, dass sich die Österreicherinnen und Österreicher zwar selbst als sehr tolerant einschätzen, die anderen aber als intolerant bewerten, wie das Komitee in einer Aussendung am Mittwoch schreibt.

Muslime besonders betroffen

Beim Thema Religion verschlechterte sich die Toleranz im Vergleich zu vor zwei Jahren – insbesondere gegenüber Musliminnen und dem Islam. So ist bei der Frage um den Bau einer Moschee in der Nachbarschaft die Abneigung von zwei Dritteln der Befragten (64 Prozent) auf drei von vier Landsleuten (71 Prozent) gestiegen. 41 Prozent lehnen es total ab, eine Moschee in der näheren Wohnumgebung zu haben.

Anders verhält es sich, wenn ein buddhistisches Zentrum in der Nachbarschaft Einzug hält. Hier fühlt sich nur die Hälfte der Österreicher (44 Prozent) gestört, und nicht mal ein Fünftel (19 Prozent) lehnt es komplett ab.

Menschen auf einer Einkaufsstraße

ORF.at/Dominique Hammer

Zwischen Selbst- und Fremdwahrnehmung besteht bei den Österreichern ein großer Unterschied

Auch auf die Frage, ob es stört, wenn die Verkäuferin in einem Geschäft ein Kopftuch trägt, wurden die Befragten weniger tolerant. 2015 bejahten das 42 Prozent, 2017 hingegen 44 Prozent und somit fast die Hälfte der Befragten.

Auch Toleranz gegenüber Herkunft gesunken

Die Werte im Bereich der ethnischen Herkunft und Hautfarbe sowie die Religion betreffend haben sich insgesamt um zwei bis zehn Prozent verschlechtert. 2015 hatten fast drei Viertel der Landsleute (78 Prozent) kein Problem damit, wenn der operierende Arzt im Krankenhaus aus der Türkei stammt, 2017 sind es nur mehr 73 Prozent, die daran keinen Anstoß nehmen.

„Toleranz ist ein Grundpfeiler der Demokratie und das Bollwerk gegen totalitäre Handlungsmuster und Regime“, so der Vorsitzende des Mauthausen Komitees Österreich, Willi Mernyi, zum Hintergrund der Studie.

Verzerrte Selbst- und Fremdwahrnehmung

In der Wahrnehmung zwischen Selbstbild und Fremdbild hat sich im Vergleich zu 2015 kaum etwas geändert. Damals wie aktuell schätzen sich die Österreicher selbst als sehr tolerant ein, bewerten die Mehrheit ihrer Landsleute aber als intolerant.

„Wie wir an der Entwicklung der Werte feststellen können, ist die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit für die Gegenwart besonders wichtig. Nur wenn die Gräueltaten des NS-Regimes nicht in Vergessenheit geraten, kann derzeitigen populistischen und nationalistischen Entwicklungen Einhalt geboten werden. Aus diesem Grund liegt dem Mauthausen Komitee Österreich die Arbeit mit der Jugend besonders am Herzen“, so Mernyi, „denn wie schon Hans Marsalek, ein Zeitzeuge und Überlebender des KZ Mauthausen sagte: ‚Wer die Vergangenheit nicht aufarbeitet, kann die Gegenwart nicht verstehen und die Zukunft nicht bewältigen.’“

Gemeinsamer Stolz möglich

Neu war dieses Jahr die Frage „Was definiert einen Österreicher?“ im Zusammenhang mit dem Migrationshintergrund der Befragten. Der Großteil der Österreicher, unabhängig ihrer Herkunft, sieht die Staatsbürgerschaft (75 Prozent) und die aktive Teilnahme, wie z. B. wählen zu gehen, am politischen Geschehen (70 Prozent) als maßgebende Definition der nationalen Zugehörigkeit. Vier von fünf (79 Prozent) sehen das Beherrschen der deutschen Sprache als einen wichtigen Punkt, um als Österreicherin zu gelten. Jedoch 85 Prozent sehen die Bedeutung der Zugehörigkeit emotional begründet – nämlich durch die Heimatverbundenheit.

„Der Stolz, Österreicher oder Österreicherin zu sein, zieht sich, unabhängig davon, ob ein Migrationshintergrund vorhanden ist oder nicht, durch alle Schichten, Altersgruppen und Geschlechter. Das lässt uns Hoffnung schöpfen, dass die Gemeinsamkeiten überwiegen und eine gemeinsame Zukunft, für alle Religionen und Menschen unterschiedlicher Ethnien, in Österreich möglich ist“, so Mernyi.

Das Meinungsforschungsinstitut meinungsraum.at hatte dazu 500 Österreicherinnen und Österreicher zu den aussagekräftigsten Fragen aus dem Jahr 2015 erneut befragt – gegliedert in die Bereiche ethnische Herkunft und Hautfarbe, Religion und die Zusatzfrage „Was definiert eine/n Österreicher/-in?“.

religion.ORF.at

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