IGGÖ: Prozess für Qualitätssteigerung in Moscheen

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) plant, in einer Arbeitsgruppe einen Kriterienkatalog zur Qualitätssicherung von Moschee-Personal zu erstellen.

Imame, ehrenamtliche und hauptberufliche Mitarbeiter von Moscheen sollen gemeinsam erarbeiteten Kriterien zur Qualitätssicherung unterworfen werden. Dazu möchte die IGGÖ eine Arbeitsgruppe ins Leben rufen. Auftakt dazu war eine Expertenrunde zum Thema. Muslime in Österreich hätten eine besondere Verantwortung, sagte der Vizepräsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft, Esad Memic, zu Beginn.

„Besondere Verantwortung“

Durch den Status der staatlichen Anerkennung seien Umstände gegeben, „ein authentisches und zugleich zeitgemäßes Islamverständnis impulsgebend für den Islam in Europa zu entwickeln“, so Memic via Aussendung. Dazu forderte er auch die Fähigkeit zu Selbstkritik ein.

IGGÖ-Präsident Ibrahim Olgun begrüßte die Initiative als wichtigen Schritt auf „dem weiteren Weg der Professionalisierung und Institutionalisierung“. Ein dreiköpfiges Team stellte erste Vorschläge zusammen, die als Maßstäbe für einen Diskussion dienen sollten.

Sejdini: Gemeinsame Ziele formulieren

Der Religionspädagoge Zekirija Sejdini (Uni Innsbruck) merkte in seinem Statement an, dass die islamische Theologie eine Einordnung brauche. Er wies darauf hin, dass das wichtige Unterfangen, den Kriterienkatalog zu erstellen, als Prozess verstanden werden müsse und warnte vor übereilten Aktionen. „Wir müssen in die Tiefe gehen“, hielt er eindringlich fest. Man könne erst dann wirkungsvoll gemeinsame Standards festlegen, wenn auch gemeinsame Ziele definiert worden seien.

Moschee in Wien-Floridsdorf

APA/Hans Klaus Techt

Moschee beim Hubertusdamm in Wien-Floridsdorf

Für Moscheen benannte er vier Felder, denen Aufmerksamkeit geschenkt werden müssten: Erstens die Leitung, die nicht nur kompetent und mit theologischem Gespür agieren müsse, sondern auch verstärkt die Teilhabe von Jugend und Frauen berücksichtigen sollte, zweitens eine ansprechende Architektur, drittens die Qualität der Imame und viertens Aktivitäten, die die Moschee auch im größeren sozialen Gemeinwesen verankern sollte.

Diskurse in Deutsch führen

Was die Theologie betrifft, plädierte er vor allem für die Notwendigkeit einer kontextuellen Prägung, die die Vereinbarkeit des Islams mit den hiesigen Lebensumständen im Blick habe. Entwickelt werden müsse dabei auch eine hierzu angemessene Sprache, wobei Sprache und Kultur sich wechselseitig bedingten. Werde im innermuslimischen Diskurs also Deutsch verwendet, so habe dies auch einen Einfluss auf die Kultur der Muslime.

Abdullah Takim, Karanexeget an der Universität Wien, sagte, ein neues Profil für Imame erfordere auch neue Wege der Ausbildung. In seinem Referat bezog sich Takim auf die dem Islam eigene Anpassungsfähigkeit und erinnerte an die theologische Tradition, jeweils flexibel auf soziale und kulturelle Umstände eingehen zu können.

Imame in „Brückenfunktion“

Imame sieht er demzufolge in einer Brückenfunktion, auch in ihrer allgemeinen gesellschaftlichen Verantwortung. „Brücken wachsen nicht von selbst“, stellte er fest und bezog sich auf die Notwendigkeit, sich der deutschen Sprache bedienen zu können und das soziokulturelle Umfeld nicht nur zu kennen, sondern in diesem auch zu interagieren. Moscheen müssten einladend für alle offen stehen und sich dialogorientiert auch an Andersgläubige richten, so Takim.

In der Seelsorge in Spitälern und Gefängnissen seien völlig neue Aufgabenfelder entstanden. Dementsprechend verändere sich das Profil von Imamen, auf das auch deren Ausbildung Rücksicht nehmen müsse. Hierzu lieferte er eine Reihe von Vorschlägen, die einerseits die universitäre Ausbildung betreffen, daneben aber auch die Notwendigkeit des Erwerbs von Kompetenzen etwa in der Koranrezitation berücksichtigen, die eher außerhalb gewonnen werden.

„Pädagogik vom Kind aus“

Der Religionspädagoge Said Topalovic lieferte schließlich einen Überblick über wesentliche Qualitätskriterien des Moscheeunterrichts. In den Mittelpunkt stellte er die Notwendigkeit einer „Pädagogik vom Kinde aus“, in der ein wertschätzender Umgang selbstverständlich sein müsse und nicht mit Mitteln der Angst gearbeitet werden dürfe.

Guter Moscheeunterricht müsse am Vorwissen der Kinder anknüpfen, ihre Lebenswelt und Sozialisationserfahrungen berücksichtigen, eine Fragen- und Diskussionskultur pflegen und somit zur Reflexionsfähigkeit beitragen. Schließlich sei ein Transfer des in der Moschee Erfahrenen und Gelernten ins praktische Leben anzustreben.

religion.ORF.at

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