Evangelische Kirche kritisiert Fremdenrecht

Scharfe Kritik an den geplanten Verschärfungen des Fremdenrechts kommt von der evangelischen Kirche. Die Rechtsposition von Asylwerbern habe sich derart verschlechtert, dass ein „Zweiklassensystem“ entstanden sei.

In einer am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme des Oberkirchenrates A.u.H.B. heißt es: „Die evangelische Kirche stellt mit Sorge fest, dass der vorliegende Entwurf die Rechte von Menschen auf der Flucht in unzulässiger Weise beschneidet und Bestimmungen enthält, die nicht im Einklang mit verfassungs- und europarechtlichen Vorgaben stehen."

„Zweiklassensystem“ beim Rechtsschutz

So rücke zum Beispiel die im Entwurf vorgesehene Möglichkeit, eine Verpflichtung zur Unterkunftnahme an einen bestimmten Ort durchsetzen zu können, „gefährlich nahe an eine Freiheitsentziehung“. Eine solche ohne gerichtlich überprüfbaren Bescheid zu verfügen, widerspreche den Grundprinzipien der österreichischen Rechtsordnung, hält die evangelische Kirchenleitung fest. Weiters kritisiert die evangelische Kirche in der Aussendung, dass der Entwurf den Rechten von besonders schutzwürdigen Gruppen wie Kindern und Jugendlichen nicht hinreichend Rechnung trage.

Grundsätzlich zeigt sich die evangelische Kirche in der Stellungnahme, die von Bischof Michael Bünker und Oberkirchenrat Karl Schiefermair unterzeichnet wurde, besorgt, dass die Rechtsposition von Asylwerbern und Asylwerberinnen sich während der letzten Jahre sukzessiv in einem derartigen Ausmaß verschlechtert hat, „dass nunmehr beim Rechtsschutz in Österreich ein Zweiklassensystem besteht“.

„Vom Subjekt zum Objekt degradiert“

Keine andere Gruppe sei von derartig massiven Einschränkungen ihrer Grund- und Menschenrechte betroffen. Mittlerweile könne Asylwerbern und Asylwerberinnen während jedes Stadiums des Asylverfahrens die Bewegungs- oder die persönliche Freiheit eingeschränkt oder genommen werden, ebenso könne (neben anderen) in ihre Rechte auf Achtung des Privat- und Familienlebens und des Eigentums eingegriffen werden.

Aufgrund von inakzeptabel langen Verfahrensdauern könne dies zudem über Jahre hinweg erfolgen. „Die evangelische Kirche beobachtet zudem mit Sorge, dass Asylwerber und Asylwerberinnen verfahrensrechtlich zunehmend vom Subjekt zum reinen Objekt degradiert werden. Dies widerspricht unserer Auffassung der menschlichen Würde, die jedem und jeder unentziehbar von Gott gegeben ist“, heißt es in der Stellungnahme wörtlich.

„Erwarten geordnete Asylverfahren“

In diesem Zusammenhang erinnert die Kirchenleitung an ihre Resolution der Generalsynode vom Dezember 2015 und fordert den Staat Österreich auf, seine „umfassende Verantwortung wahrzunehmen“. „Insbesondere erwarten wir geordnete Asylverfahren, die ohne Einschränkung rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen, sowie menschenwürdige Unterbringung und Versorgung der Schutzsuchenden“.

Während sich die evangelische Kirche in mehreren einzelnen Punkten der Stellungnahme der Diakonie anschließt, wird abschließend jede Form des Missbrauchs dieser humanitären Krise und der davon betroffenen Menschen zurückgewiesen, „wenn politische Parteien und Regierungen versuchen, aus den damit verbundenen Sorgen und Ängsten der Bevölkerung politisches Kapital zu schlagen“.

religion.ORF.at/epdÖ

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