Warum Muslime im Ramadan fasten

Weltweit enthalten sich viele Muslime im für sie heiligen Monat Ramadan tagsüber Nahrung, Flüssigkeit, Rauchen und Sex. Auch gesprochen sollte weniger werden. Für die meisten beginnt der Fastenmonat am Samstag.

Heuer vom 27. Mai bis 24. Juni, im neunten Monat des islamischen Mondkalenders, entsagen Muslime weltlichen Genüssen. Der Ramadan als Zeit der Besinnung soll den Glauben und die Selbstdisziplin der Gläubigen stärken. Er gilt auch als Monat des Friedens und der Versöhnung, Streit und übles Reden soll vermieden werden. In der Vergangenheit verübten Terroristen bewusst in dieser Zeit Anschläge.

Frauen bei einem Sonnenuntergang

APA/AFP/Abbas Momani

Gläubige Muslime fasten im Ramadan tagsüber

Zeit der Einkehr

Der Fastenmonat beginnt dem Koran zufolge, wenn nach dem Neumond die Mondsichel wieder sichtbar wird - 2017 in weiten Teilen der Erde am Samstag. In mehreren arabischen Ländern erklärten die Religionsbehörden, der erste Tag des Ramadans sei der Samstag. Das Datum ist jedes Jahr ein anderes und variiert regional. Daher wird es von religiösen Gelehrten bestimmt. Es ist nach den Mondmonaten ausgerichtet, die zwischen 29 und 30 Tage lang sind.

In der Nacht sind die Fastenregeln aufgehoben. Nach Sonnenuntergang, „wenn ein weißer Zwirn nicht mehr von einem schwarzen zu unterscheiden ist“, werden Datteln und Wasser gereicht und das Fasten gebrochen (Iftar). Danach wird, oft in größeren Gemeinschaften, festlich gespeist. Das Nachtgebet fällt im Ramadan länger als gewöhnlich aus. Beendet wird der Fastenmonat mit dem Freudenfest Id al-Fitr (Türkisch: Seker Bayrami). Kleine Geschenke und Süßigkeiten machen das Fest für viele Kinder zu einem besonderen Tag.

Fastenpflicht im heiligen Monat

Für gläubige Muslime ist das Fasten im Ramadan der vierte der fünf Grundpfeiler des Islam. Die anderen vier sind das Glaubensbekenntnis (Schahada), fünf tägliche Gebete (Salat), die Armensteuer (Zakat) und die Wallfahrt nach Mekka (Hadsch). Das Fastengebot findet sich in Sure 2, Vers 183: „Oh ihr, die ihr glaubt, vorgeschrieben ist euch das Fasten, wie es den früheren vorgeschrieben ward; vielleicht werdet ihr gottesfürchtig.“ Muslimen gilt der Ramadan als die Zeit, in der dem Propheten Mohammed der Koran, das heilige Buch der Muslime, herabgesandt wurde.

Iftar-Vorbereitungen im Innenhof einer Moschee in Ahmedabad (Indien)

APA/AFP/Sam Panthaky

Das tägliche Fastenbrechen wird oft in großen Gemeinschaften gefeiert

Fastengebote oder -Empfehlungen gibt es in allen Religionen und - in Zeiten des Überflusses in manchen Gegenden der Erde - auch von medizinischer Seite. Eine Zeit lang Verzicht kann auf das Wesentliche weisen. Ausgenommen von der islamischen Pflicht zu fasten sind sehr alte Menschen, Kranke, Schwangere, stillende Mütter und Personen auf Reisen. Sie können die Fasttage zu einem späteren Zeitpunkt nachholen oder stattdessen an Bedürftige spenden. Kinder bis zur Pubertät müssen nicht fasten.

Theologe vermisst spirituelle Dimension

Der muslimische Theologe und Religionspädagoge Mouhanad Khorchide beklagt in seinem, gemeinsam mit dem Politikwissenschaftler Hamed Abdel-Samad herausgegebenen Buch „Ist der Islam noch zu retten?“ „dass die breite Masse der Gläubigen unter Fasten nur das Nichtessen und Nichttrinken versteht“ und „dass das Fasten während des Ramadan zu einem reinen Essensfestival geworden ist, ohne dass von seinem spirituellen Überbau viel übrig geblieben ist“. Denn nach Sonnenuntergang und bis Sonnenaufgang darf gegessen und getrunken werden.

Auch die Menschenrechtsanwältin und Imamin Seyran Ates ließ in den am Montag in Ö1 ausgestrahlten „Gedanken für den Tag“ anklingen, dass zu viel Druck auf dem Fastengebot liege und, dass das Fasten, wie alles andere andere auch, keinen Sinn habe, wenn man nicht begreife, wofür man es tue: Für Gott, „aus vollem, reinen Herzen“ und nicht, um sich „anderen Gläubigen als fromm anzubiedern“.

Iftar-Essen

Reuters/Stefanie Loos

Traditionell wird das Fasten mit Wasser und Datteln gebrochen, danach wird ausgiebig gegessen

MJÖ: Hilfsbereitschaft im Vordergrund

Die Muslimische Jugend Österreich (MJÖ) engagiert sich während des Fastenmonats Ramadan sozial. „Fasten - Teilen - Helfen“ heißt das karitative Projekt, bei dem Mitglieder bei unterschiedlichen Sozialprojekten mithelfen. Die Schwerpunkte in diesem Jahr sind die Bewusstseinsbildung in den Bereichen Obdachlosigkeit, Armut und Nachhaltigkeit.

Zum bereits siebenten Mal findet das Projekt „Fasten - Teilen - Helfen“ statt. Damit will die MJÖ das soziale Engagement von fastenden Jugendlichen fördern, stehe im islamischen Fastenmonat doch nicht nur der Essensverzicht im Vordergrund, so Vorsitzende Canan Yasar zur APA: „Ramadan ist eine Zeit, in der Empathie und Hilfsbereitschaft ganz bewusst in den Fokus rückt.“

Tausende Jugendliche sollen sich laut MJÖ an der Aktion beteiligen - von Besuchen im Seniorenheim bis hin zu Aktivitäten im Umweltschutz. Für die Wiener Tafel werden heuer Lebensmittel gesammelt. Auch um Obdachlose werden sich die jungen Muslime in diesem Jahr kümmern und in einer Unterkunft Essen kochen. Als Auftakt am 26. Mai gibt es „Baklava für alle“ zum Ramadanstart am Wiener Reumannplatz.

religion.ORF.at/APA

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