Zsifkovics in Kroatien: Plädoyer für vereintes Europa

Ein eindringliches Plädoyer für ein geeintes Europa hat der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovics abgelegt. Er leitete von vergangenen Freitag bis Sonntag die erste internationale Wallfahrt der Burgenlandkroaten nach Zagreb.

Ziel der Wallfahrt war vor allem das Grab des seligen Märtyrerkardinals Alois Stepinac (1898-1960) in Zagreb. Höhepunkt war ein Festgottesdienst am Sonntag im Zagreber Dom. Es sei ein treibendes Motiv der Wallfahrt, am Grab des Seligen Stärkung für den gemeinsamen Weg Europas in die Zukunft zu suchen, betonte Bischof Zsifkovics in seiner Predigt, wie die Diözese Eisenstadt am Mittwoch berichtete.

Für Christen - „die einen wie die anderen“ - sei es an der Zeit zu zeigen, „dass wir alle zu Christus gehören“. Das bedeute ein Mehr an Zusammenarbeit in Gesellschaft und Staat sowie ein Weniger an Konfrontation und Unterstellungen, betonte der Bischof, nicht nur aber auch hinsichtlich der zerstrittenen politischen Parteien innerhalb wie außerhalb Kroatiens.

Der Eisenstädter Bischof Ägidius Zsifkovic

APA/ROBERT JAEGER

Bischof Ägidius Zsifkovics

Gegen „schädliche Atmosphäre“

An dem Gottesdienst nahmen u.a. Kroatiens Staatspräsidentin Kolinda Grabar-Kitarovi, Premierminister Andrej Plenkovi sowie Vize-Premier und Außenminister Davor Stier teil; weiters auch der Zagreber Bürgermeister Milan Bandi. Der Gottesdienst wurde live vom kroatischen Fernsehen HRT übertragen.

Den kürzlich erfolgten öffentlichen Aufruf von Kroatiens Staatspräsidentin Grabar-Kitarovi aufgreifend, in der Politik keine unerträgliche und schädliche Atmosphäre für die Gesellschaft zu schaffen, forderte Zsifkovics „ein echtes christliches Zeugnis“ aller politischen Kräfte in Kroatien; denn als „Kinder des Geistes, nicht des Bösen“ müssten Christen stets „bereit zum Glaubenszeugnis und zum Engagement in der Gesellschaft“ sein.

„Verzeihen und von neuem beginnen“

Wenn Burgenlandkroaten die alte Heimat ehren, so bedeute das nicht sentimentale oder museale Rückwärtsgewandtheit, unterstrich der Bischof weiters. Es bedeute vielmehr die Fähigkeit, durch den Blick auf die eigenen Wurzeln die Zukunft verantwortungsvoll zu gestalten.

Das beinhalte die Fähigkeit, historische Altlasten zu übersteigen und bereit zu sein, immer wieder zu verzeihen und von neuem zu beginnen. Zsifkovics: „Ein Volk, das so lebt, hat eine Zukunft. Lebt also nicht in der Vergangenheit, sondern in der Gegenwart und für die Zukunft!“ Damit verbiete sich auch eine Haltung der Respektlosigkeit gegenüber allem, was einem Menschen Heimat bedeutet.

Die Burgenlandkroaten hätten in einer Zeit, in der sich Grenzen wieder schließen, einen Schritt über die Grenzen gemacht. Als Volk aufgeteilt auf drei Länder und 4 Diözesen unter dem gemeinsamen Dach der EU seien sie immer noch mit der alten Heimat Kroatien verbunden. Durch 500 Jahre hindurch habe sich demnach durch Glauben, kirchliche Gemeinschaft, Sprache und Kultur eine Identität bewahrt, die beispielgebend sein könne für ganz Europa und ein Rezept für jede Gesellschaft. Kirche garantiere Gemeinschaft, so Zsifkovics, und überlebe jede Ideologie.

Europa als Projekt des Friedens

Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst vom Chor „Pax et bonum“. In dem aus aktuell 145 Personen bestehenden Chor wirken Burgenlandkroatien aus drei Ländern (Burgenland, Slowakei und Ungarn) und vier Diözesen mit. Bischof Zsifkovics hat den Chor bereits mehrfach als „lebenden und lebendigen Beweis“ insofern gewürdigt, als „dass Europa und das europäische Projekt einer Friedens-, Freiheits- und Solidargemeinschaft im Lebensweltlichen der Menschen funktionieren kann“.

Eine besondere Geste setzte der Zagreber Erzbischof Josip Bozanic am Beginn des Gottesdienstes, der Bischof Zsifkovics einlud, auf der Erzbischöflichen Kathedra des Zagreber Doms Platz zu nehmen - jenem Platz, der ausschließlich dem jeweils amtierenden Erzbischof von Zagreb vorbehalten ist. Bischof Zsifkovics dankte dem Kardinal für die Gastfreundschaft mit einem Kelch und eine Patene, versehen mit den vier Wappen der an der Wallfahrt teilnehmenden Diözesen und geschaffen vom burgenländischen Künstler Professor Heinz Ebner.

Im Anschluss an den Gottesdienst kam Bischof Zsifkovics mit den kroatischen Spitzenpolitikern zu einem informellen Gedankenaustausch zusammen. Am Montag fand auch nochmals ein Treffen mit Kardinal Bosanic statt.

Für baldige Heiligsprechung Stepinacs

Zsifkovics sprach sich im Rahmen des Gottesdienstes auch für die baldige Heiligsprechung von Kardinal Alois Stepinac und eine ausführliche Aufarbeitung der historischen Ereignisse aus. Stepinac wurde am 8. Mai 1898 im damals zu Österreich-Ungarn gehörenden und heutigen Brezari geboren. Er war von 1937 bis 1960 Erzbischof von Zagreb und wurde 1998 von Papst Johannes Paul II. als Märtyrer seliggesprochen.

Im Laufe des Zweiten Weltkriegs nahm Kardinal Stepinac eine zunehmend kritischere Haltung gegenüber dem faschistischen Ustascha-Regime ein, protestierte gegen antisemitische und antiserbische Gesetze und politische Maßnahmen, prangerte die Verbrechen des Regimes an und rettete mehrere tausend Menschen vor dem Faschismus.

Heiligsprechungsprozess im Laufen

Unter dem jugoslawischen Tito-Regime wurde ihm 1946 wegen vermeintlicher Zusammenarbeit mit dem Ustascha-Regime ein Schauprozess gemacht. Der Kardinal wurde zu Gefängnis und Zwangsarbeit verurteilt und verstarb schließlich im Arrest. Neuere Erkenntnisse legen den Verdacht einer bewusst vorgenommenen schleichenden Vergiftung Stepinacas nahe. Ein kirchliches Heiligsprechungsverfahren ist im Laufen. Im Rahmen der Wallfahrt kamen die Teilnehmer auch mit Juraj Batelja, dem Postulator im laufenden Verfahren zusammen.

Zsifkovics in Zagreb „verhört“

Im Rahmen der Wallfahrt kamen auch immer wieder die Lebensgeschichte von Bischof Zsifkovics in Zagreb zur Spreche. Der damalig Eisenstädter Bischof Stefan Laszlo hatte Zsifkovics 1983/84 zum Studium in die kroatische Hauptstadt geschickt. Er habe damals die Schattenseite der Geschichte und die Repressalien des kommunistischen Regimes, die in ihrer allerschrecklichsten Form Kardinal Stepinac zum Märtyrer machten, am eigenen Leib kennen gelernt, berichtete Zsifkovics.

Als junger Kleriker musste Zsifkovics einmal monatlich bei der Polizei vorstellig werden, wo man sogenannte „informative Gespräche“ mit ihm führte. Diese dienten dazu, den Studenten aus Österreich über die Ereignisse und Hintergründe seines Aufenthaltes im Zagreber Priesterseminar zu verhören. Zsifkovics wörtlich: „Man hätte meinen können, meine Wohnadresse in Zagreb wäre die Straße mit der Polizeistation, nicht das Priesterseminar - so oft wurde ich dort ausgefragt.“

Auch landwirtschaftlich ausgebildet

Ausdrücklich hatte Bischof Laszlo damals beim Zagreber Erzbischof keine Sonderbehandlung des jungen Klerikers aus der Diözese Eisenstadt gewünscht, er sollte vielmehr in allem den Zagreber Priesterstudenten gleichgestellt sein. Und so geschah es, dass Zsifkovics neben seinen theologischen Studien auch lernte, in einem zum Seminar gehörenden kleinen landwirtschaftlichen Betrieb Schweine zu schlachten und am nahen Zagreber Markt Kartoffeln zu verkaufen, er fuhr Traktor und erlernte das Imkerhandwerk.

religion.ORF.at/KAP