Papst prangert „unverschämten Reichtum“ an

Der Papst hat am Dienstag den „unverschämten Reichtum“ einer Minderheit „Privilegierter“ kritisiert und betont, dass dadurch die Armut weltweit verschärft wird.

Der Satz findet sich in der vom Vatikan veröffentlichten Botschaft zum neu eingeführten „Welttag der Armen“, der in diesem Jahr erstmals stattfinden wird - und zwar am Sonntag, 19. November. Der Reichtum gehe nicht selten „mit Illegalität und der beleidigenden Ausbeutung der menschlichen Würde einher“, und daneben stehe „die Ausbreitung der Armut in großen Teilen der weltweiten Gesellschaft“.

„Unmöglich, untätig zu bleiben“

„Angesichts dieser Entwicklung ist es unmöglich, untätig zu bleiben oder gar aufzugeben“, so Franziskus in dem am Fest des Franziskaners Antonius von Padua veröffentlichten Text. Die neue Initiative, mit der die katholische Kirche ab 2017 jeweils am vorletzten Sonntag ihres Kirchenjahres eine „Welttag der Armen“ feiern wird, war eine Entscheidung von Franziskus, die der zum Abschluss des Heiligen Jahres („Jubiläum der Barmherzigkeit“ (Dezember 2015 bis November 2016) bekanntgab.

Papst Franziskus

APA/AFP/Tiziana Fabi

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Der Aktionstag wolle Christen, aber auch Menschen unabhängig von ihrer religiösen Zugehörigkeit dazu anspornen, dass sie „der Wegwerfkultur und der Kultur des Überflusses eine wahre Kultur der Begegnung entgegenstellen“.

Erster „Welttag der Armen“

Der erste „Welttag der Armen“ steht unter dem Motto „Liebt nicht mit Worten, sondern mit Taten“. In seinem Schreiben ruft der Papst die Katholiken auf, konkret auf Arme in ihrer Nachbarschaft zuzugehen und in der Woche vor dem Aktionstag in den Pfarren Begegnungen zu veranstalten. Am „Welttag der Armen“ selbst sollten die Gemeinden Arme als „Ehrengäste“ in ihre Gottesdienste einladen.

Seine Einladung zum neuen Welttag richte er nicht nur an die Kirche, sondern auch an „alle Menschen guten Willens“, betont der Papst. Entscheidend sei der „Blick auf die, die mit ausgestreckter Hand um Hilfe bitten und auf unsere Solidarität hoffen. Es sind unsere Brüder und Schwestern, geschaffen und geliebt vom einzigen Vater im Himmel.“ Der Mensch neige dazu, durch Errichtung von Grenzen, Mauern und Absperrungen Gott zu verraten, der den Himmels und die Erde für alle ohne Ausschluss geschaffen habe. Im Gegenzug seien „konkrete Zeichen der Brüderlichkeit“ nötig - durch Teilen und verschiedenste Formen von Solidarität.

Tausend Gesichter der Armut

Die Armut fordere täglich mit „tausenden Gesichtern“ heraus, die von Ausgrenzung, Missbrauch, Gewalt, Folter, fehlenden Bildungschancen, Arbeitslosigkeit, Sklaverei oder erzwungener Migration gekennzeichnet seien, so Franziskus. „Die Armut hat das Gesicht von Frauen, Männern und Kindern, die aus niederträchtigen Interessen ausgebeutet werden, niedergetrampelt von der perversen Logik der Macht und des Geldes“, heißt es in der Botschaft. Der Papst nennt darin die Armut „die Frucht sozialer Ungerechtigkeit sowie moralischen Elends, der Habgier weniger und der allgemein verbreiteten Gleichgültigkeit“.

Armut habe schon für Jugendliche verheerende Folgen, bemerkt Franziskus: Sie lösche ihren Unternehmergeist aus und verhindere, dass sie Arbeit fänden. Weiters schläfere sie den Sinn für Verantwortung ein und verleite dazu, Verantwortung abzuwälzen und nur noch Begünstigungen zu suchen.

Als weitere Formen verweist Franziskus auch „auf eine Armut, die die gemeinschaftlichen Brunnen vergiftet und die Räume der Arbeitswelt eingrenzt und damit das Verdienst derjenigen schmälert, die arbeiten und produzieren“. Es sei nötig, darauf „mit einer neuen Sicht des Lebens und der Gesellschaft“ zu antworten, so der Papst.

Neuer Lebensstil

Die Armen sollten nicht nur als „Empfänger eines wohltätigen, einmal in der Woche zu verrichtenden Freiwilligendienstes oder von improvisierten Gesten des guten Willens, um unser Gewissen zu beruhigen“ gesehen werden, schärft der Papst ein. Zwar seien auch diese Taten wertvoll, eine Hilfe für konkrete Bedürfnisse und eine Rücksichtnahme auf das Unrecht, das der Armut oft zugrunde liegt. Letztendlich sei jedoch eine „neue Haltung des Teilens und der wirklichen Begegnung mit den Armen“ nötig, die zum Lebensstil werden müsse, mahnt Franziskus. Demut und Wissen um eigene Fehler seien dabei wichtig, um nicht in Allmachtsphantasien zu verfallen.

Als Vorbild verweist der Papst auf seinen Namenspatron Franz von Assisi (1181/82-1226), der sich entschloss, mit den Armen zu leben, sowie auch auf einen seiner Schüler, den heiligen Antonius von Padua (1195-1231), an dessen Gedenktag (13. Juni) er die Botschaft veröffentlicht hat. „Wenn wir also einen Beitrag leisten wollen, um die Geschichte wirksam zu verändern und wirkliche Entwicklung zu ermöglichen, dann müssen wir auf den Schrei der Armen hören und uns einsetzen, um sie aus der Ausgrenzung herauszuholen“, so Franziskus.

Arme als „Ressource“ erkennen

Arme Menschen seien „kein Problem, sondern vielmehr eine Ressource, aus der wir schöpfen können, um das Wesen des Evangeliums in uns aufzunehmen und zu leben“, so der Papst. Sie könnten auch zu Lehrmeistern für ein konsequenteres Leben des Glaubens werden: „Mit ihrem Vertrauen und der Bereitschaft Hilfe anzunehmen, zeigen sie uns auf nüchterne, aber oft frohe Weise, wie wichtig es ist, aus dem Wesentlichen zu leben und sich ganz der Vorsehung Gottes zu überlassen.“ Zugleich lade Armut ein, „aus unserer Sicherheit und Bequemlichkeit auszubrechen“. Sie werde so zur „Herzenshaltung, die verhindert, dass wir Geld, Karriere und Luxus als Lebensziel und Grundvoraussetzungen des Glücks betrachten“.

„Wenn wir wirklich Christus begegnen wollen, dann müssen wir seinen Leib auch im gemarterten Leib der Armen berühren“, schreibt der Papst. Der Leib Christi in der Eucharistie lasse sich im Angesicht der schwächsten Brüder und Schwestern wiederfinden. Christen seien „gerufen, den Armen die Hand zu reichen, ihnen zu begegnen, in ihre Augen zu schauen, sie zu umarmen, sie die Wärme der Liebe spüren zu lassen, die den Teufelskreis der Einsamkeit zerbricht“.

Auf die Armen verweise schließlich sogar das Vaterunser, das mit der Bitte um Brot „den Schrei derer aufnimmt, die unter ihrer mangelnden Existenzsicherung leiden und denen es am Lebensnotwendigen fehlt“.

religion.ORF.at/KAP

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