Absage an Anti-Terror-Demo: Kritik an DITIB wächst

In Deutschland mehren sich die kritischen Stimmen über die Nichtteilnahme des Islamverbandes Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB) an der geplanten Anti-Terror-Demonstration in Köln.

Mit Unverständnis hat das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) auf die Absage DITIBs reagiert, nicht an der Veranstaltung teilzunehmen. Gerade in der aktuellen gesellschaftlichen Situation sei die Absage ein verheerendes Zeichen, sagte ZdK-Präsident Thomas Sternberg am Freitag laut Mitteilung in Bonn. „Dass sich die DITIB mit diesem Verhalten weiter isoliert, sehen wir mit sehr großen Sorgen.“

Gegen „Pervertierung“ des Islams

Es müsse allen Muslimen daran gelegen sein, gemeinsam mit anderen öffentlich ein Zeichen „gegen die Pervertierung und Instrumentalisierung des Islams“ zu setzen, sagte Sternberg. Die türkisch-islamische Union DITIB hatte ihre Absage damit begründet, dass solche Demonstrationen die Muslime stigmatisierten.

Der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) sagte am Freitag in Berlin, er hätte sich die Beteiligung aller muslimischen Verbände gewünscht. Die Demonstration sei ein „wichtiges Zeichen von Muslimen in die Gesellschaft hinein, dass sie mit dem Terror und dem Missbrauch ihrer Religion durch die Terroristen nichts zu tun haben“.

„Einfach schade“

Auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ ihre Enttäuschung ausrichten. Regierungssprecher Steffen Seibert sagte in Berlin: „Dass DITIB an dieser Kundgebung am morgigen Samstag nicht teilnehmen will, ist einfach schade.“

Seibert betonte, Merkel begrüße sehr, dass Muslime und ihre Freunde mit der Demonstration ein klares Zeichen gegen Gewalt und Terror setzen wollten. „Es ist gut, wenn Muslime klarmachen, dass in ihren Reihen und Moscheen kein Platz für Hass und Gewalt ist.“ Der Terror des IS und anderer sei eine Bedrohung für jeden friedliebenden Menschen, unabhängig von dessen Glauben. „Diese Mörder missbrauchen den Islam, dessen Werte sie in Wirklichkeit verhöhnen.“

DITIB-Moschee in Köln

APA/dpa/AFP/Oliver Berg

DITIB-Moschee in Köln

„Der Verband stellt sich selbst mit dieser Haltung noch weiter ins Abseits und droht vollends seine Glaubwürdigkeit zu verspielen“, sagte die Integrationsbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Freitag. DITIB hatte die Demonstration als „eine öffentliche Vereinnahmung und Instrumentalisierung“ bezeichnet und eine Teilnahme abgesagt. Muslime würden mit der Demonstration gegen den Terror stigmatisiert und der internationale Terrorismus auf sie verengt.

Grüne: Eine vertane Chance

Der deutsche Grünen-Chef Cem Özdemir schloss sich der Kritik an DITIB an. „Das ist eine vertane Chance für die Türkisch-Islamische Union - es ist mir schleierhaft, dass DITIB diese Möglichkeit nicht nutzt, um ein klares Signal des Zusammenhalts zu senden“, sagte Özdemir der „Berliner Zeitung“ vom Freitag.

Der Zentralrat der Muslime hatte sich im Gegensatz zu DITIB ausdrücklich für die Demonstration ausgesprochen. „Wir müssen weiter auf die Straße gehen, uns zeigen, für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und den Frieden kämpfen und den Extremismus verurteilen“, sagte der Zentralratsvorsitzende Aiman Mazyek - mehr dazu in D: Zentralrat fordert zu Demo gegen Terror auf.

Motto „Nicht mit uns“

Unter dem Motto „Nicht mit uns“ wollen am Samstag in Köln Muslime mit Unterstützung zahlreicher Verbände und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gegen islamistischen Terror und Gewalt demonstrieren. Zum dem Friedensmarsch werden etwa zehntausend Teilnehmer erwartet, Initiatoren sind die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor und der muslimische Friedensaktivist Tarek Mohamad.

Unterstützt wird die Demonstration unter anderem vom Zentralrat der Muslime und der Türkischen Gemeinde, aber auch von christlichen Gruppen, deutschen Parteien und zahlreichen Einzelunterzeichnern. Die Polizei wird in Köln wegen der Demonstration und einer weiteren angemeldeten Kundgebung am Samstag mit rund 700 Beamten im Einsatz sein.

religion.ORF.at/dpa/AFP

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