Papst und Merkel verbindet eine gemeinsame Vision

Es wurde trotz strahlendem Sonnenschein kein heiteres Treffen zwischen Papst Franziskus und Angela Merkel. Es war nicht nur die Nachricht vom Tod Helmut Kohls, die zu einem ernsten Unterton führte.

Zu groß sind die Sorgen, die beide umtreiben angesichts einer immer mehr von Einzelinteressen und Sonderwegen geprägten internationalen Politik. Und so trat am Samstag in Rom eine sichtlich besorgte, aber auch kämpferische deutschen Bundeskanzlerin vor die Presse, nachdem sie sich eine knappe Dreiviertelstunde mit dem Papst ausgetauscht hatte.

Angela Merkel bei Papst Franziskus

Ettore Ferrari / POOL / AFP

Papst Franziskus und Angela Merkel unterhielten sich etwa 40 Minuten

Ermutigung für G20-Treffen

Franziskus habe sie mit Blick auf das kommende G20-Treffen in Hamburg ermutigt, auf ihrem Weg weiterzugehen, für das Pariser Klimaabkommen zu kämpfen und sich für „das Abreißen von Mauern, nicht das Bauen von Mauern“ einzusetzen, sagte die deutsche Regierungschefin.

Die Anspielungen Merkels auf den vor drei Wochen vom Papst empfangenen US-Präsidenten Donald Trump hätten deutlicher kaum sein können. Im Vatikan war nach der Audienz zu hören, die Sorge um eine Weltlage, in der die größte Führungsmacht ihre Verantwortung nicht mehr wahrnehme, habe bei der Begegnung eine wichtige Rolle gespielt.

Der deutschen Kanzlerin sei eine neue Aufgabe zugewachsen. Unterstrichen wurde diese Führungsrolle durch einen Empfang für die beim Heiligen Stuhl akkreditierten Botschafter der G20-Staaten, der nach der Papstaudienz in der deutschen Vatikanbotschaft in Rom stattfand.

Verbündete des Papstes

Der Papst hält Merkel schon länger für eine wichtige Verbündete. Bereits beim ersten langen Gespräch der beiden im Mai 2013 ermunterte er sie, ihre besondere Rolle als mächtigste Regierungschefin Europas verantwortungsvoll anzunehmen. Vier Jahre und etliche umstürzende Ereignisse später scheint es, dass Merkel und der Papst einander gefunden haben und einander brauchen. Sie sind die vielleicht wichtigsten Symbolfiguren des Eine-Welt-Denkens, das im Westen spätestens seit dem Brexit und der Wahl von Donald Trump nicht mehr tonangebend ist.

Nach der argentinischen Präsidentin Cristina Kirchner, die den Papst aus ihrem Heimatland vor allem aus innenpolitischem Kalkül ein halbes Dutzendmal besuchte, führt Merkel inzwischen unter den Regierungschefs die Liste der häufigsten Besucher an. Man darf davon ausgehen, dass es nicht ihr letzter Besuch beim katholischen Kirchenoberhaupt war.

Austausch von Geschenken

„Für die Arbeit, die Sie für den Frieden tun“, sagte Franziskus nach der Privataudienz am Samstag in Rom und überreichte Angela Merkel eine Medaille mit Olivenzweig.

Merkel überreichte dem Papst Süßigkeiten aus seiner Heimat Argentinien, die sie vor wenigen Tagen besucht hatte: den karamellartigen Brotaufstrich Dulce de Leche und Alfajores, mit Schokolade umhüllte Kekse. „Das kennen Sie ja“, sagte sie. Der Papst schenkte Merkel neben der Medaille auch drei seiner Schreiben.

religion.ORF.at/KAP

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