Missbrauch: Anglikanerprimas sanktioniert Vorgänger

Ein Missbrauchsskandal erschüttert die anglikanische Kirche von England. Wegen mutmaßlicher Vertuschung hat der Primas Justin Welby nun seinem Vorvorgänger George Carey (81) nahegelegt, nicht weiter als Hilfsbischof in der Diözese Oxford zu amtieren.

Das berichtete das Zeitungsportal „This is Oxfordshire“ unter Berufung auf den Bischof von Oxford, Steven Croft. Entsprechende Gespräche solle Croft in den kommenden Tagen mit Carey führen. Bis dahin habe der frühere Primas eingewilligt, freiwillig auf pastorale Einsätze in der Diözese zu verzichten.

„Unentschuldbares Versagen“

Croft entschuldigte sich für das „unentschuldbare Versagen“ der Kirche im Fall Peter Ball. Sie habe die Opfer alleingelassen. Ein am Donnerstag veröffentlichter unabhängiger Missbrauchsbericht hatte offengelegt, dass Ball als langjähriger Bischof von Lewes und Gloucester vom damaligen Primas Carey gedeckt worden war.

Anglikanerprimas Justin Welby

APA/AP/Alastair Grant

Primas der Church of England, Justin Welby

Der heute 85-jährige Ball hatte zugegeben, zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren bei mindestens 18 Minderjährigen oder jungen Männern sexuell übergriffig geworden zu sein. Seit Oktober 2015 sitzt er eine 32-monatige Haftstrafe ab.

Briefe von Opfern nicht weitergeleitet

In dem Missbrauchsbericht heißt es nun, Carey habe sechs von sieben Briefen, die er von Opfern und betroffenen Familien erhalten habe, nicht an die Polizei weitergeleitet. Auch habe er Ball nicht auf eine Liste von Klerikern mit Amtsvergehen gesetzt. Noch im September 1993 schrieb Carey demnach an Balls Zwillingsbruder Michael, er halte den Bischof für „weitgehend unschuldig“ und habe eine „sehr hohe Meinung“ von ihm. - Carey war von 1991 bis 2002 Erzbischof von Canterbury und damit Primas der anglikanischen Staatskirche.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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