Missbrauchsvorwürfe: Kardinal Pell legt Amt nieder

Einer der ranghöchsten Kardinäle im Vatikan, Finanzchef George Pell, hat angesichts von Missbrauchsvorwürfen in seiner Heimat Australien sein Amt vorübergehend niedergelegt.

Gegen den Finanzchef des Vatikans wurde am Donnerstag ein Ermittlungsverfahren wegen Kindesmissbrauchs eingeleitet. Der Vatikan stellte ihn vorerst von seinem Posten frei. Papst Franziskus betonte, dass Pell in der Vergangenheit den sexuellen Missbrauch von Minderjährigen öffentlich verurteilt und mit den australischen Behörden stets eng zusammengearbeitet habe.

„Anschuldigungen falsch“

„Die Vorstellung des sexuellen Missbrauchs ist mir zuwider“, sagte Pell, als Budgetverantwortlicher die Nummer drei in der vatikanischen Hierarchie. Er habe Papst Franziskus darum gebeten, um in Australien seine Unschuld zu beweisen, gab der Papst-Vertraute am Donnerstag in Rom bekannt. Die Anschuldigungen seien komplett falsch, sagte Pell.

Kardinal George Pell

APA/AFP/Alberto Pizzoli

Kardinal George Pell

Der Kurienkardinal werde ab sofort nicht mehr an öffentlichen liturgischen Feiern teilnehmen, erklärte Vatikansprecher Greg Burke. Das vatikanische Wirtschaftssekretariat, dem Pell vorsteht, werde in dessen Abwesenheit seine Arbeit wie gewohnt fortführen.

Kindesmissbrauch zur Last gelegt

Wie die Polizei im australischen Bundesstaat Victoria mitteilte, muss Pell am 18. Juli zu einer Gerichtsanhörung in Melbourne erscheinen. Es ist das erste Mal, dass gegen einen derart ranghohen Würdenträger im Vatikan wegen Missbrauchsvorwürfen ermittelt wird. Dem katholischen Geistlichen würden mehrere sexuelle Vergehen gegen Kinder zur Last gelegt, teilte die Polizei im australischen Bundesstaat Victoria am Donnerstag mit. Die australischen Ermittler hatten Pell bereits im Oktober in Rom zu Missbrauchsvorwürfen befragt.

„Persönliche Fehler“ zugegeben

Pell, der 2014 von Papst Franziskus zum Finanzchef des Vatikans ernannt worden war, hatte die gegen ihn erhobenen Vorwürfe im Mai als „völlig falsch“ zurückgewiesen. Vor einer australischen Missbrauchskommission hatte er allerdings persönliche Fehler im Umgang mit Missbrauchsvorwürfen gegen katholische Priester in den 1970er Jahren eingeräumt.

Australischen Medienberichten zufolge wird Pell selbst von zwei Männern bezichtigt, sie Ende der 1970er Jahre missbraucht zu haben. Zudem soll er sich in den 1980er Jahren nackt vor drei Buben gezeigt haben. Pell wies die Vorwürfe zurück und sprach von einer „skandalösen Schmutzkampagne“ gegen ihn. Kürzlich erschien ein Buch der Enthüllungsjournalistin Louise Milligan über Pell, das neue Einzelheiten zu den Vorwürfen gegen den australischen Kardinal enthielt.

religion.ORF.at/APA/AFP/KAP

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