Klimawandel-Tagung: „Pessimismus ist keine Option“

Statt Pessimismus erfordert der dramatische Klimawandel als Reaktion verantwortliches Handeln mit einem rechten Verhältnis von Ökonomie und Ökologie: Das war der Tenor bei der Ökumenischen Sommerakademie in Stift Kremsmünster.

Die Wiener Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb machte den rund 250 Teilnehmern der Tagung Hoffnung, dass Veränderungen möglich seien: „Pessimismus ist keine Option.“ Auch der Linzer Moraltheologe Michael Rosenberger sprach von einer nötigen „engagierten Gelassenheit“. Die Dramatik der globalen ökologischen Situation dürfe nicht verharmlost werden, zugleich dürfe man angesichts des Ausmaßes auch nicht resignieren.

Verantwortung der Christen für Natur

Der Ökonom und Umweltexperte Hans Diefenbacher von der Universität Heidelberg arbeitete in seinem Beitrag zur Tagung die Verantwortung der Christen für Natur und Umwelt heraus. Diese Schöpfungsverantwortung sei eine Aufgabe auf Dauer. Es sei zwar denkbar, „dass der Prozess der Schöpfung irreversibel gestört wird durch eine drastische Verringerung der Artenvielfalt, den Klimawandel, die Zerstörung der Bodenfruchtbarkeit“. Aber auch in diesem Fall sei nicht Resignation, sondern Hoffnung angesagt, wie es Paulus im Römerbrief formuliere: „Gott wird sein Schöpferwerk vollenden.“

Sonnendurchfluteter Wald mit Radfahrer, Deutschland

APA/dpa/Julian Stratenschulte

Nicht Resignation, sondern Hoffnung ist angesagt, so ein Experte

Für kirchliche Umweltarbeit gehe es auch um Glaubwürdigkeit, betonte der deutsche Referent. Die Kirche sei Großgrundbesitzer, habe viele Einrichtungen, die Energie verbrauchen, und trage Verantwortung für viele Bildungseinrichtungen. „Es gibt ökologische Vorreiter im kirchlichen Bereich, aber Umweltarbeit auf der Höhe der Zeit als Wesensmerkmal christlicher Arbeit muss wesentliche umweltorientierte Praxis in der Breite haben“, so Diefenbacher, der auch ehrenamtlich Beauftragter für Umweltfragen der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist.

Ökonomie relativieren statt ablehnen

Der Umwelt-Experte sprach im Kontext der Schöpfungsverantwortung von einer „verantwortlichen Haushalterschaft“. Es gehe darum, Ökologie und Ökonomie gleichzeitig in den Blick zu nehmen. Der Stellenwert der Bewahrung der Schöpfung sei so zu beschreiben, „dass das ökonomische Kalkül relativiert, aber nicht abgelehnt wird“. Kirchliche Umweltarbeit müsse dazu beitragen, neu über den Stellenwert der Ökonomie nachzudenken. Heute werde Wirtschaftswachstum im reichen Norden gefördert, aber nicht in Ländern des globalen Südens, wo es wirklich nötig wäre.

Die Kirchen könnten, so der Experte, einen wertvollen Beitrag zu einer neuen Kultur der Auseinandersetzung leisten. Diefenbacher: „Die Kirchen brauchen Widerständigkeit, eine langfristige Perspektive der Arbeit und die spirituelle Dimension der Hoffnung.“

Der Volkswirtschaftler skizzierte in seinen Ausführungen auch die Entwicklung der Auseinandersetzung mit dem Ökologie-Thema in den christlichen Kirchen seit den 1970er-Jahren. Die Kirchen hätten eingeräumt, dass sie die drohende Gefahr der Umweltzerstörung nicht rechtzeitig erkannt hätten. Erst seit der Versammlung des Weltkirchenrates in Nairobi 1975 sei von „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ die Rede. Diefenbacher: „Die Befreiung der Armen und die ökologische Befreiung gehören zusammen.“

„Grüne Seite des Islam“

Die „grüne Seite des Islams“ stellt Ursula Fatima Kowanda-Yassin, Islamwissenschaftlerin, Religionspädagogin und Dozentin an der Kirchlich Pädagogischen Hochschule Wien/Krems, dar. Schon vor über 1.400 Jahren habe der Prophet Mohammed die Bedeutung eines respektvollen Umgangs mit der Schöpfung gepredigt. Die Erde sei ein anvertrautes Gut und solle auch nach islamischem Verständnis achtsam behandelt werden.

Einen weiteren Vortrag unter dem Titel „Wüste, Sintflut, Garten Eden“ hielt die Bibelwissenschaftlerin und designierte Direktorin des Österreichischen Katholischen Bibelwerks Elisabeth Birnbaum zu ambivalenten Naturerfahrungen im Alten Testament. Eine Podiumsdiskussion widmete sich schließlich den Erfahrungen ökologischer Aufbrüche.

Biobäuerin am Wort

Dabei kamen Praktiker zu Wort: die Biobäuerin Margit Mayr-Lamm, der Geschäftsführer der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission Heinz Hödl, der Koordinator für „Urban Gardening“ im Klimabündnis, Christoph Wiesmayr, und der Landschaftsökologe Josef Heringer.

Im Rahmen der Tagung, die unter dem Motto „Gärten in der Wüste - Schöpfungsethik zwischen Wunsch und Wirklichkeit“ steht und noch bis Freitag dauert, wird u. a. auch der in der Bischofskonferenz für das Thema Ökologie zuständige Bischof Alois Schwarz aus Kärnten das Wort ergreifen.

Veranstalter der Ökumenischen Sommerakademie sind u. a. die Katholische Privat-Universität Linz, das evangelische Bildungswerk Oberösterreich, der Ökumenische Rat der Kirchen, die Kirchenzeitung der Diözese Linz, das Stift Kremsmünster, das Land Oberösterreich sowie die ORF-Religionsabteilungen.

„Ökologische Umkehr“ gemeinsames Anliegen

Den Klimawandel zu verlangsamen und die Umwelt nachhaltig zu schonen kann nur dann gelingen, wenn es neben technologischen Maßnahmen auch zu einem grundsätzlichen Umdenken in der Gesellschaft und zu einem maßvolleren Lebensstil kommt, wozu die Kirchen einen wesentlichen Beitrag zu leisten hätten: Das war der Tenor am Freitag bei der Abschlussdiskussion der Sommerakademie.

Der Kärntner Bischof Alois Schwarz, der oberösterreichische evangelische Superintendent Gerold Lehner und der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej Cilerdzic referierten und diskutierten über den notwendigen Beitrag der Kirchen zu dieser ökologischen Umkehr.

„Angepasste Kirche bringt nichts“

„Eine angepasste Kirche bringt dieser Welt gar nichts.“ Mit diesen Worten plädierte Superintendent Lehner für die ökologische Umkehr, zu der jeder einzelne Christ wie die Kirche als ganze aufgerufen sind. „Wir Christen dürfen uns nicht länger vor der Frage drücken, inwieweit unser Lebensstil Umweltzerstörung und Leid auf dieser Welt bewirken.“ Es brauche einen „Kulturwandel im Alltäglichen“, im Leben jedes einzelnen Menschen, so Lehner.

Bischof Schwarz erinnerte u. a. daran, dass die österreichische Bischofskonferenz 2015 für alle heimischen Diözesen vorgegeben hatte, bis 2017 die Umweltenzyklika „Laudato si“ von Papst Franziskus zu konkretisieren. Dazu gehörten nachhaltige Leitlilien aller Diözesen, eine Klimaschutz- und Energiestrategie samt Umsetzungsplan sowie eine ökosoziale Beschaffungsordnung. Über gemeinsame kirchliche Kaufentscheidungen solle dabei die gesamte Wirtschaft ökosozial beeinflusst werden, so das Ziel der Bischöfe.

Krise auch geistig-spirituell

Der serbisch-orthodoxe Bischof Andrej Cilerdzic wollte einmal mehr mit dem Vorurteil aufräumen, dass sich die Orthodoxie vor allem auf die Liturgie konzentriere und andere Bereiche von Welt und Gesellschaft außen vor lasse. Schon die alten Kirchenväter hätten immer auch die sozialethischen und ökologischen Fragen im Blick gehabt. Die Orthodoxie sei gerade auch im Bereich der Schöpfungsverantwortung seit vielen Jahrzehnten ökumenisch engagiert.

Die aktuelle ökologische Krise sei vor allem auch eine geistige spirituelle Krise, zeigte sich der Bischof überzeugt. Das christliche Bild vom Menschen als „Hausverwalter“, dem die Welt von Gott lediglich zur Verwaltung übergeben wurde, müsse wieder stärker präsent werden, so Cilerdzic. Der Einsatz für die Schöpfung sei eine Herausforderung und Aufgabe, der sich alle Kirchen gemeinsam zu stellen hätten.

religion.ORF.at/KAP

Link: