Wien: Geplante Pfarrfusionen verzögern sich

Der Plan der Erzdiözese Wien, 80 Prozent ihrer zuvor 660 Pfarren bis 2022 zu größeren Einheiten zu fusionieren, verzögert sich. Intern stehe fest, der Zeitplan zur Reform der Pfarrstrukturen lasse sich nicht mehr halten, berichtet „Die Presse“ (Sonntag-Ausgabe).

„Das ist ein sehr ehrgeiziger Plan. Bei gleichbleibendem Tempo schaffen wir das nicht bis 2022“, sagte Diözesansprecher Michael Prüller auf Anfrage der Zeitung. 40 Prozent der bestehenden Pfarrgemeinden haben aber bereits verbindliche Formen der Zusammenarbeit festgelegt.

Vor acht Jahren kündigte Kardinal Christoph Schönborn den diözesanen Reformprozess, der unter dem Namen „APG 2010“ („Apostelgeschichte 2010“) startete, in einem „Hirtenbrief“ an. Ziel des Prozesses ist eine strukturelle Verschlankung bei einer gleichzeitigen Belebung der Pfarren durch missionarische Impulse sein.

Große Pfarr-Einheiten geplant

In der mit rund 1,2 Millionen Katholiken größten Diözese Österreichs sollten größerer Pfarr-Einheiten, die sogenannten „Pfarren Neu“ gebildet werden. Durch die in den „Pfarren Neu“ geplanten Leitungsteams mit drei bis fünf Priestern und ehrenamtlich engagierten Laien, soll das Personal leichter entsprechend der vorhandenen Fähigkeiten eingesetzt werden können. Die bisherigen Pfarrgemeinden bleiben als Teilgemeinden der „Pfarre Neu“ in der Regel erhalten, können auch von Laien geleitet werden und sich seelsorglich spezialisieren.

Kardinal Christoph Schönborn

APA/Dietmar Stiplovsek

Kardinal Schönborn wollte die neue Struktur bis 2022 umgesetzt sehen

Seit Herbst 2016 sind alle 660 Pfarren der Erzdiözese in 140 aus mehreren Gemeinden bestehende Entwicklungsräume eingeteilt. In den Entwicklungsräumen sollen die Gemeinden in den kommenden Jahren zu „Pfarren Neu“ zusammenwachsen. Umgesetzt ist die künftige Struktur aktuell jedoch erst in 16 „Pfarren Neu“ in die 39 frühere Pfarren überführt worden sind.

Zeitplan „illusorisch“

Um bis 2022 die ursprünglich anvisierte 80-Prozent-Quote zu erfüllen müssten nun pro Jahr fast 100 Pfarren zusammengeführt werden, wie „Die Presse“ vorrechnete. Dies gelte als „völlig illusorisch“. Mehr als 40 Prozent aller Pfarren der Erzdiözese haben aber bereits verbindliche Formen der Zusammenarbeit festgelegt, sei es als „Pfarre Neu“, in einem Pfarrverband, wo ein Priester mehrere selbstständige Pfarren leitet, oder in Form eines Seelsorgeraumes mit mehreren selbstständigen Priestern und deren Pfarrgemeinden. Sowohl Pfarrverbände als auch Seelsorgeräume gelten den Verantwortlichen des Strukturprozesses als „wertvolle Übergangsform“ in neue Pfarren.

Schon 2015 hatte die Erzdiözese für 2019 eine Standortbestimmung angekündigt, um zu entscheiden, wie der Weg zur Reform der Pfarrstrukturen weitergegangen wird, erinnerte Diözesansprecher Prüller gegenüber der „Presse“. Keinen Zweifel ließ Prüller zudem darüber, dass am Ziel der Zusammenführung von Pfarren festgehalten werden soll.

Skepsis bei Betroffenen

Zur Erzdiözese gehören neben dem Wiener Stadtgebiet auch das östliche und südliche Niederösterreich. Dass Veränderungswunsch in der Erzdiözese „sehr stark“ sei, zugleich jedoch auch die Skepsis speziell über die Änderungen in den Pfarrstrukturen weit verbreitet ist, war auch Thema einer Studie des deutschen Pastoralsoziologen Christoph Jacobs, deren Ergebnisse die Diözese selbst vor wenigen Monaten präsentiert hat.

In der Umfrage zeigte sich rund die Hälfte der teilnehmenden hauptamtlichen Seelsorger zurückhaltend gegenüber dem Prozess. Bei Priestern betrug die gänzliche Ablehnung der Reform 22 Prozent.

religion.ORF.at/KAP

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