Experte ortet Trend zu „Minisekten“ in Österreich

Der steirische Sekten- und Esoterikexperte Roman Schweidlenka ortet in Österreich einen Trend zu sogenannten „Minisekten“, wie er am Donnerstag bei einem Pressegespräch in Graz festhielt.

Während klassische Sekten quantitativ eher stagnieren, würden sich diese kleinen „sektoiden Gruppen“ vor allem im großen und weit gefächerten Bereich der Esoterik ausbreiten, sagte Schweidlenka . Die mediale Präsenz der sogenannten Sekten ist im vergangenen Jahr zurückgegangen. „Das Thema ist zu Unrecht in Vergessenheit geraten“, konstatierte jedoch der Leiter der steirischen Sekten- und Esoterikberatungsstelle Logo.Eso.Info bei der Präsentation des ESO-Jahresberichtes 2017.

„Seit etwa dem Jahr 2000 nehmen relativ kleine Gruppen zu, die eindeutig wie Sekten agieren“, sagte Schweidlenka. Diese würden „im wild wogenden Meer der modernen Esoterik“ und im Bereich des politisch sehr brisanten religiösen Fundamentalismus boomen.

Entmündigende Sekten

Dabei handle es sich um „sektoide Gruppen, die den Menschen entmündigen, die Beziehungen trennen, die Schwarz-Weiß-Malerei betreiben und mit oft skurrilen Lehren indoktrinieren und mit sehr teuren Kursen die finanzielle Ausbeutung ihrer Anhänger und Anhängerinnen betreiben“, wie der Experte schilderte. Auch im Bereich des politischen und religiösen Fundamentalismus sei ein Trend zu sektenähnliche Gruppen bemerkbar.

Roman Scheidlenka, Geschäftsführer Logo Eso.Info

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Roman Schweidlenka

Hinzu komme, dass von diesen problemartischen Gruppen Angebote gesetzt werden, die ihre Urheberschaft verschleiern. Oft versuchen Personen von autoritären Gruppen Projekte zu initiieren, die offiziell mit der Organisation, der der Aktivist angehört, nichts zu tun haben, wie Schweidlenka berichtete. „Auch Schulen sind beliebtes Zielobjekt derartiger Agitation. Hier wird mit Friedens- und Meditationsworkshops geworben. Kritiker der Aktivitäten werden mit Klagsdrohungen zugeschüttet“, schilderte der steirische Experte.

„Politisch-esoterischer Rechtsextremismus“

Deutlich bemerkbar sei ein neuer politisch-esoterischer Rechtsextremismus, der neues, explosives gesellschaftliches Potenzial in sich trage: Verschiedensten Strömungen wie der Anastasia-Bewegung, Weltverschwörungstheorien, Esoterik und alternative Aussteiger, die sich um Staatsverweigerer zentrieren, würden sich laut Schweidlenka mit rechtsextremen Personen zusammenschließen und immer wieder zu einer allgemein antisemitischen Gesinnung tendieren.

„Viele Menschen geraten über die Esoterik in radikale Gefilde. Sie sind vom Staat, vom Schulsystem sowie von herkömmlicher Politik enttäuscht und suchen Alternativen und Lebensmodelle mit spirituellen Bezügen und Befreiung“, erklärte Schweidlenka.

Mehr Fragen zu islamischem Fundamentalismus

Bei der Eso.Info-Stelle des Landes haben sich im vergangenen Jahr auch noch einmal die Anfragen zum islamischen Fundamentalismus verstärkt: „Viele Menschen suchen Informationen und Gesprächsmöglichkeiten“, berichtete Schweidlenka. Insgesamt habe es im Vorjahr über 1.200 Anfragen per Mail, Telefon, Post, SMS oder persönlich gegeben.

Grundsätzlich sei das Angebot des „esoterischen Supermarkts“ laut Schweidlenka unübersehbar vielschichtig. Boomen würden in der Steiermark systemische Aufstellungen abseits der anerkannten Psychotherapie und sogenannte karmische Aufstellungen. Verstärkt würden russisch-esoterische Methoden angeboten.

Für Schweidlenka war es der letzte Jahresbericht. Der Experte geht mit Jahresende in Pension. Vonseiten des Bildungsressorts werde gemeinsam mit dem Integrationsressort und der Stadt Graz bis dahin an einem neuen Konzept für die bisherige Sekten- und Esoterikinfostelle gearbeitet, wie die Landesrätin für Bildung und Gesellschaft Ursula Lackner (SPÖ) sagte.

religion.ORF.at/APA

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