I: Weiterer privater Seenotretter unterschreibt Kodex

Als fünfte Hilfsorganisation hat „SOS Mediterranee“ den Verhaltenskodex der italienischen Regierung für private Seenotretter unterzeichnet. Das teilte das Innenministerium in Rom am Freitag mit.

Die europäische Organisation zur Rettung Schiffbrüchiger im Mittelmeer ist seit Februar 2016 in Kooperation mit „Ärzte ohne Grenzen“ mit dem Rettungsschiff „Aquarius“ im Mittelmeer im Einsatz. Nach eigenen Angaben kam „SOS Mediterranee“ bis Anfang August 2017 mehr als 21.000 Menschen zur Hilfe.

Hilfsschiff Aquarius von SOS Mediterranee

Angelos Tzortzinis / AFP

Als fünfte Hilfsorganisation hat „SOS Mediterranee“ den Verhaltenskodex der italienischen Regierung für private Seenotretter unterzeichnet

Kodex spaltet Hilfsorganisationen

Zuvor hatten bereits die Organisationen „Proactiva Open Arms“, „Migrants Offshore Aid Station“ (Moas) und „Save the Children“ sowie „Sea Eye“ den Verhaltenskodex unterzeichnet. Bisher lehnten hingegen „Ärzte ohne Grenzen“, „Jugend Rettet“ sowie „Sea Watch“ die Selbstverpflichtung ab. Der Verhaltenskodex sieht unter anderem eine verpflichtende Polizeipräsenz an Bord, Offenlegung der Finanzierung und strengere Regeln für die Bergungsoperationen vor.

Am Donnerstag hatte der Vorsitzende der Italienischen Bischofskonferenz, Kardinal Gualtiero Bassetti, mit Blick auf die Lage der Flüchtlinge und Migranten „die Notwendigkeit einer Ethik der Verantwortung und des Respekts der Gesetze“ betont. In seiner Predigt in der Kathedrale von Perugia rief er dazu auf, sowohl den Leidenden und Fliehenden gegenüber Verantwortung zu zeigen als auch denen gegenüber, die aufnehmen und helfen.

Sea-watch

REUTERS/Juan Medina

Die Hilfsorganisation „Sea Watch“ verweigert den Kodex zu unterzeichnen

Ermittlungen der Staatsanwaltschaft

Gegen die deutsche Nichtregierungsorganisation „Jugend Rettet“ ermittelt die Staatsanwaltschaft von Trapani wegen möglicher Beihilfe zu illegaler Einwanderung.

Ins Visier der Ermittler rückte jüngst auch der aus Eritrea stammende Pater Mussie Zerai. Der Ordensmann und Gründer der Hilfsorganisation „Agenzia Habeshia“ für die Rettung von Flüchtlingen aus Seenot wies die Vorwürfe möglicher Beihilfe zu illegaler Einwanderung zurück. Er habe nie mit „Jugend Rettet“ zu tun gehabt und immer gesetzmäßig und aus humanitären Gründen gehandelt.

Nach jüngsten Daten der Regierung in Rom gelangten seit Jahresbeginn bis Freitag 100.826 Migranten in einen italienischen Hafen, 3,86 Prozent weniger als im entsprechenden Zeitraum des Vorjahres (96.930).

NGO soll Identitären-Schiff helfen

Eigentlich will die rechtsextreme Mission „Defend Europe“, mit Österreichern an Bord, im Mittelmeer Flüchtlinge an der Überfahrt nach Europa hindern und dazu NGO-Schiffe blockieren.

Nun erlitt die von den „Identitären“ gecharterte „C-Star“ aber offenbar einen Maschinenschaden und ausgerechnet eine Hilfsorganisation soll am Freitag von der EU-Mission Sophia beauftragt worden sein, ihnen zu helfen.

Ein Sprecher der EUNAVFOR MED Operation Sophia hätte die deutsche NGO Sea-Eye am Freitagvormittag informiert, dass die „C-Star“ mit „einem Maschinenschaden manövrierunfähig und der Hilfe bedürftig sei“, berichtete die NGO in einer Aussendung.

Der Sea-Eye-Kutter, hieß es weiter, sei aufgrund ihrer geografischen Nähe damit beauftragt worden, den „Identitären“ zur Hilfe zu kommen, und habe sich auf den Weg gemacht. Bei der EU-Mission Sophia war für die APA vorerst niemand zu erreichen.

Sea-Watch Software

ORF/Martin Cargnelli

Mit Hilfe von Ortungsverfahren ist die Position und Bewegung von Schiffen erkennbar

Aktivisten laut eigenen Angaben kein Seenotfall

Die Aktivisten der „C-Star“ schrieben auf dem Kurznachrichtendienst Twitter hingegen: Das Schiff habe „gerade technische Probleme. Wir arbeiten an der Lösung. Es ist kein Notfall“. Der Hauptmotor sei gestoppt worden und das Schiff gelte somit als „nicht unter Kontrolle“. Entsprechende Informationen seien an Schiffe in der Nähe mitgeilt worden.

Die Rechtsextremen, die u.a. auch in Österreich vom Verfassungsschutz beobachtet werden, machen seit mehreren Wochen im Mittelmeer Druck auf Flüchtlings-Retter, denen sie „Menschenhandel“ vorwerfen. Erst vor wenigen Tagen verfolgten sie ein Schiff der beiden Hilfsorganisationen Ärzte ohne Grenzen und SOS Mediterranee. Die Identitäre Bewegung hat auch in Frankreich, Italien und der Schweiz Anhänger.

Uneingeschränkte Pflicht zur Hilfe bei Seenot

Der Vorsitzende von Sea-Eye, Michael Buschheuer, erklärte laut der Aussendung: „In Seenot Geratenen zu helfen, ist die Pflicht eines jeden, der auf See ist - unterschiedslos zu seiner Herkunft, Hautfarbe, Religion oder Gesinnung.“

Ein Sprecher von Sea-Eye übte laut Nachrichtenagentur AFP aber scharfe Kritik an den Zielen der „C-Star“-Aktivisten. Ihnen gehe es um ein „groß angelegtes Propaganda-Manöver“ gegen Flüchtlinge und ihre Helfer im Mittelmeer. Sie beschränkten sich einseitig auf die Forderung, die Menschen zurück nach Afrika zu bringen.

Der Sea-Eye-Sprecher kritisierte zudem die jüngste Drohung Libyens, gegen Flüchtlingshelfer vor der eigenen Küste vorzugehen. Die rechtsextremen Aktivisten hatten die libysche Ankündigung dagegen auf Twitter als „Sieg für die Verteidigung Europas“ bezeichnet.

religion.ORF.at/KAP/APA/dpa

Mehr dazu:

Links: