Apulischer Bischof fordert mehr Hilfe gegen die Mafia

Nach dem Vierfachmord der Mafia in der italienischen Provinz Foggia verlangt der dortige Erzbischof Vincenzo Pelvi mehr Unterstützung für die Kirche im Kampf gegen die organisierte Kriminalität.

Die Erzdiözese Foggia-Bovino setze sich für eine Erziehung zu Legalität, Vergeben, Barmherzigkeit und Miteinander ein und bekämpfe Drogenkonsum und Armut, sagte er der Zeitung „Avvenire“ (Samstags-Ausgabe).

Kampf gegen die Mafia

APA/EPA/MASSIMO PERCOSSI

Erzbischof Vincenzo Pelvi fordert mehr Unterstützung für die Kirche im Kampf gegen die organisierte Kriminalität

Wohnungs- und Arbeitsnot an erster Stelle

Armut und Arbeitslosigkeit nannte er als Hauptgrund für ein Abrutschen in die Kriminalität. Die Kirche allein könne kriminelle Strukturen nicht bekämpfen. Der Staat sei zwar präsent; „aber das reicht niemals aus“, so Pelvi. Man müsse „den Mut haben, zwei Notstände an den ersten Platz zu setzen: die Wohnungs- und die Arbeitsnot“.

Die „Sacra Corona Unita“, wie die organisierte Kriminalität Apuliens heißt, verübte am Mittwoch einen vierfachen Mord am helllichten Tag, wenige Kilometer entfernt von Italiens größtem Wallfahrtsort, dem Pater-Pio-Heiligtum in San Giovanni Rotondo. Dabei waren der mutmaßliche Mafia-Boss Mario Luciano Romito und sein Schwager Matteo De Palma nahe dem Bahnhof von San Marco in Lamis in einer Clan-Fede erschossen worden. Zwei Bauern fuhren zufällig am Tatort vorbei. Die Täter verfolgten sie und ermordeten auch diese beiden Männer.

Moralische Desorientierung

Einen dringlichen Appell richtete Erzbischof Pelvi am Samstag via „Radio Vatikan“ an die Verantwortlichen der Wirtschat: "Es gibt bei uns in Apulien junge und nicht mehr ganz so junge Menschen, die noch nie den Geschmack und den Schweiß, wenn ich das so sagen darf, einer regelmäßigen, stabilen Arbeit erfahren haben.

Wenn wir aber jemanden ohne Hoffnung und Perspektive auf Arbeitssuche schicken, dann wird das zu einer moralischen Desorientierung führen, und genau hier greift dann die organisierte Kriminalität ein, die sofortige und hohe Gewinne verspricht."

Hinter vielen Biografien von sozialem Ausschluss verstecke sich in Wirklichkeit Arbeitslosigkeit und irreguläre Arbeit, so der Erzbischof von Foggia.

Wohlhabendste Region Süditaliens

Dank des Tourismus hatte sich Apulien in den vergangenen Jahrzehnten zu Süditaliens wohlhabendster Region entwickelt. Nun zeigt sich, dass die „Sacra Corona Unita“ wohl eine unterschätzte Größe war.

Bisher hatten die Clans ihre Fehden in touristisch weniger wichtigen Zeiten ausgetragen. Eine Mordserie wie die der vergangenen zwei Wochen hatte Apulien noch nie gesehen. In dem malerischen Küstenstädtchen Vieste erschossen Auftragskiller Ende Juli einen 31-jährigen Restaurantbesitzer in seinem Lokal. Vergangenen Mittwoch dann der Vierfachmord unter freiem Himmel bei San Marco in Lamis.

Bei Licht betrachtet, kam es in der Provinz Foggia in den vergangenen 30 Jahren allerdings zu fast 300 Morden. Vier von fünf wurden nie aufgeklärt, erklärte der oberste Anti-Mafia-Staatsanwalt Italiens, Franco Roberti. Er warnte ausdrücklich davor, die apulische Mafia zu unterschätzen: Sie sei im Grund noch gewalttätiger als die ’Ndrangheta in Kalabrien. Italiens Innenminister Minnniti hat inzwischen eine „harte Antwort“ der Regierung auf die Mafiamorde in Apulien angekündigt.

religion.ORF.at/KAP