Vatikanischer „Außenminister“ reist nach Moskau

Mit dem Russland-Besuch eines der ranghöchsten Kardinäle will Papst Franziskus die Beziehungen zu dem Land vorantreiben. Kardinal Pietro Parolin wird am Dienstag und Mittwoch zu Gesprächen in Moskau erwartet.

Geplant sind nach Angaben der katholischen Kirche in Moskau mehrere Treffen des Staatssekretärs des Heiligen Stuhls und damit dem Chefdiplomaten des Papstes. Am Mittwoch ist in Sotschi ein Treffen mit dem russischen Staatspräsidenten Wladimir Putin geplant. Zuvor hält Parolin am Dienstag eine Unterredung mit Außenminister Sergej Lawrow. Zudem soll er vom russisch-orthodoxen Patriarchen Kyrill I. empfangen werden. Thema der politischen Gespräche seien Fragen von beiderseitigem Interesse sowie „Krisen in verschiedenen Teilen der Welt“, sagte Parolin der russischen Nachrichten-Agentur TASS am Sonntag.

Nuntius: Hoffnung auf Russland-Visite des Papstes

Er hoffe, dieser Besuch werde zu einem Vorspiel für eine mögliche künftige Russland-Visite des Papstes, sagte Erzbischof Celestino Migliore, Botschafter des Heiligen Stuhls in Moskau, der Deutschen Presse-Agentur. „Das vergangene Treffen (der beiden) in Kuba hat der Hoffnung und der Beharrlichkeit einen neuen Impuls gegeben für weitere Treffen auf höchster Ebene bis hin zu einem brüderlichen Empfang in den jeweiligen Ländern“, sagte der Apostolische Nuntius.

Umarmung Franziskus Kirill I

APA/AFP/POOL/Adalberto Roque

2016 trafen die beiden Kirchenoberhäupter aufeinander

Historische Annäherung

Unter Papst Franziskus und Patriarch Kirill haben die römisch-katholische und die orthodoxe Kirche, die seit fast 1.000 Jahren getrennt sind, historische Schritte der Annäherung gewagt. Mit einem Bruderkuss in Kuba bekräftigten sie im Februar 2016 ihren Willen zur Zusammenarbeit. Es war die erste Begegnung eines katholischen und eines russisch-orthodoxen Kirchenoberhauptes in der Geschichte.

Migliore dämpfte aber die Erwartungen vor dem Besuch des Kardinals und verwies darauf, dass noch viel Arbeit bevorstehe, um einen Besuch des Papstes in Russland möglich zu machen. „Jetzt geht es darum, erneut das religiöse und kulturelle Erbe aufzugreifen und Raum zu schaffen für Zusammenarbeit und Einheit in der Vielfalt“, sagte er.

Syrien- und Ukrainekonflikt Thema

Moskauer Beobachter gehen davon aus, dass es bei den Gesprächen von Kardinal Parolin in Russland auch um die Konflikte in Syrien und der Ukraine gehen wird. „Das Gewicht der kirchlichen Diplomatie, die bedeutende Rolle der russisch-orthodoxen und der römisch-katholischen Kirche werden heute allgemein anerkannt“, schrieb die „Komsomolskaja Prawda“.

Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, bestätigte der dpa den geplanten Besuch, nannte aber keine Details. Patriarch Kirill gilt als treuer Unterstützer von Präsident Putin. Kritiker werfen dem konservativen Gelehrten eine zu große Nähe zur Staatsmacht vor.

Parolin als Brückenbauer

Die katholische Kirche verfolge die weltweiten Krisen mit Sorge und setze sich für friedliche Lösungen ein, sagte Migliore. „Kardinal Parolin hat selbst gesagt, dass er nach Russland kommt als Mensch, der Brücken bauen und gegenseitiges Verständnis und den Dialog stärken will.“ Durch sein Amt als Kardinalstaatssekretär gilt der 62-jährige Parolin informell als Nummer zwei im Vatikan. Präsident Putin hatte Papst Franziskus bereits 2013 und 2015 im Vatikan besucht.

Seit der Spaltung des Christentums in West- und Ostkirche im Jahr 1054 trennen Katholiken und Orthodoxe zentrale Fragen des Glaubens, der Liturgie und der Kirchenstruktur. Dennoch verwies Migliore auf Gemeinsamkeiten wie die Taufe, die Sakramente und den Glauben an Christus. In den vergangenen Jahren hätten beide Kirchen Initiativen der Annäherung verfolgt wie etwa Diskussionsrunden und Ausstellungen.

Nikolausreliquie als freundschaftliche Geste

Erst von Mai bis Juli hatte die katholische Kirche erstmals eine Reliquie des Heiligen Nikolaus von Myra (etwa 270 bis 343 nach Christus) nach Russland ausgeliehen. Rund 2,4 Millionen Gläubige beteten in Moskau und St. Petersburg vor dem Heiligtum, das normalerweise in der italienischen Stadt Bari aufbewahrt wird. Experten werteten dies als freundschaftliche Geste des Papstes.

Auch Migliore sprach von einem Zeichen der Brüderlichkeit. Es bleibe noch Spielraum für weitere Handlungen dieser Art. „Zugleich wächst die Überzeugung, dass die beste Geste eine schrittweise Herbeiführung der evangelischen Bruderschaft wäre“, betonte er.

Parolin: Frieden aufbauen „dorniger Weg“

Mit Blick auf US-Präsident Donald Trump sagte Parolin in dem TASS-Interview, in den internationalen Beziehungen setze sich die Einsicht durch, dass eine Politik der Konfrontation oder gar eine Einschüchterung mit nuklearen oder chemischen Waffen zu keinen Lösungen führten und Spannungen zwischen den Staaten nicht mindern könnten.

Frieden aufzubauen sei ein „wesentlich dornigerer Weg als Krieg und Konflikt“, sagte Parolin. Es verlange geduldigen und konstruktiven Dialog in gegenseitigem Respekt, „statt die Aufmerksamkeit allein auf nationale Interessen zu richten“. Dies werde von politischen Führern der Supermächte erwartet, so der Vatikandiplomat.

Herausforderung globale Erwärmung

Zur Aufkündigung des Pariser Klimaabkommens durch Trump sagte Parolin, er hoffe, dass trotz dem Willen, Wahlversprechen zu erfüllen, sich am Ende „pragmatische Ansätze“ durchsetzten. Es sei nur zu wünschen, dass US-Präsident Trump wie andere Mitglieder der internationalen Gemeinschaft die Herausforderung der globalen Erwärmung nicht vernachlässige. Folgen des Klimawandels seien vor allem wachsende Ungleichheit und Armut, so Parolin.

Am Montag feiert Parolin in Moskau eine Messe mit den katholischen Bischöfen des Landes und spricht mit katholischen Gläubigen. Danach ist eine Begegnung mit dem Außenamtschef des Moskauer Patriarchats, Metropolit Hilarion, geplant. Am Dienstag steht ein Arbeitstreffen mit Außenminister Lawrow auf dem Programm, am Nachmittag ein Besuch bei Patriarch Kyrill I. Nach der Begegnung mit Putin am Mittwoch in Sotschi reist Parolin am Donnerstag zurück nach Rom.

religion.ORF.at/APA/dpa

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