Gesandter: Vatikan könnte Medjugorje bald anerkennen

Der Papst-Gesandte für den bosnisch-herzegowinischen Wallfahrtsort Medjugorje, Henryk Hoser, rechnet mit einer Anerkennung der ersten Marienerscheinungen, die dort im Sommer 1981 stattgefunden haben sollen, durch den Vatikan.

„Alles deutet darauf hin, dass die Erscheinung anerkannt wird, vielleicht noch in diesem Jahr“, sagte Erzbischof Hoser von Warschau-Praga laut Kathpress der polnischen katholischen Nachrichtenagentur KAI in einem am Wochenende veröffentlichten Interview.

Im Auftrag von Papst Franziskus besuchte der polnische Erzbischof im Frühjahr Medjugorje, um die dortige pastorale Situation und die Bedürfnisse der Pilger zu untersuchen. Ausdrücklich ging es dabei nicht um die Echtheit der Marienerscheinungen.

Marienwallfahrtsort Medjugorje

Reuters/Dado Ruvic

Nach Ansicht des päpstlichen Sondergesandten für Medjugorje könnten die ersten Marienerscheinungen bald offiziell durch die römisch-katholische Kirche anerkannt werden

36 Jahre lügen unwahrscheinlich

Sein Bericht ergänze die Ergebnisse der von Kardinal Camillo Ruini geleiteten Untersuchungskommission der Glaubenskongregation zu den Marienerscheinungen, so Hoser gegenüber KAI. „Ich denke, es ist möglich, die Echtheit der ersten Erscheinungen zu erkennen, wie sie von der Untersuchungskommission vorgeschlagen wurden“, sagte er.

Es sei schwer zu glauben, dass sechs Seher 36 Jahre lang lügen. „Was sie sagen ist stimmig.“ Die Glaubenskongregation habe die Dokumentation der gemeldeten Erscheinungen der Gottesmutter bereits dem vatikanischen Staatssekretariat übergeben.

„Gesunde Spiritualität“ in Medjugorje

Zur vom Franziskanerorden geleiteten Seelsorge in Medugorje betonte Erzbischof Hoser in dem Interview, in dem Wallfahrtsort laufe „alles in die richtige Richtung“. Es sei nicht seine Aufgabe gewesen ein Urteil über Medjugorje zu fällen, sondern zu beurteilen, ob die Seelsorge ordnungsgemäß und in Übereinstimmung mit der Lehre der Kirche stattfinde.

Medjugorje sei einer der „lebendigsten Orte des Gebets und der Bekehrung in Europa“. Dort gebe es eine „gesunde Spiritualität“. Die Ordensmänner in dem Ort verhindern ihm zufolge „touristische Elemente“ bei den Besuchen. Niemand reise in das herzegowinische Dorf, „um seine Neugier zu befriedigen“. Gläubigen seiner Diözese könne er eine Wallfahrt nach Medjugorje empfehlen, so der Erzbischof von Warschau-Praga.

2,5 Millionen Besucher jährlich

Jährlich besuchen rund 2,5 Millionen Gläubige aus aller Welt Medjugorje. Offizielle Wallfahrten mit Bischöfen waren lange nicht möglich. Laut Hoser haben allerdings schon vier Kardinäle, viele Bischöfe und Tausende Priester Gläubige dorthin begleitet. Diözesen und Pfarren sollten bisher zwar keine Wallfahrten organisieren. Gruppen von Gläubigen dürften dies jedoch.

Im Mai hatte Franziskus den Bericht der Ruini-Kommission zu Medjugorje als „sehr gut“ bezeichnet. Zugleich wiederholte er seine ironische Einschätzung, er sehe Maria nicht als „Leiterin eines Telegrafenamtes, das jeden Tag eine Nachricht zu einer bestimmten Stunde versendet“.

Erscheinungen und Botschaften

Am 24. Juni 1981 hatten in Medjugorje erstmals drei Hirtenkinder von Erscheinungen der Gottesmutter berichtet. Einen Tag später soll sie drei weiteren Kindern erschienen sein. Die sechs Seher haben nach eigenen Angaben seitdem regelmäßig Erscheinungen, bisher insgesamt rund 42.000. Später berichteten sie auch von Botschaften der „Gospa“ (Herrin).

Die angeblich anhaltenden Marienerscheinungen sind in der katholischen Kirche umstritten; eine Anerkennung durch den Vatikan fehlt. Insbesondere Ortsbischof Ratko Peric von Mostar-Duvno bezweifelt die Marienerscheinungen. Über eine mögliche Anerkennung muss letztlich Papst Franziskus entscheiden.

religion.ORF.at/APA

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