Regenwald: Kirche im Clinch mit Brasiliens Präsidenten

Der Erzbischof von Sanarem im brasilianischen Amazonas-Bundesstaat Para, Flavio Giovenale, legt sich mit Präsident Michel Temer an. Dieser liefere den Regenwald und Indigene ans Messer. Temer gab nämlich per Dekret ein Sperrgebiet des Regenwaldes für den Bergbau frei.

Damit sind mehrere Naturschutzgebiete und der Lebensraum indigener Völker in dem riesigen Territorium nördlich des Amazonas akut bedroht; Wirtschaftsunternehmen sollen dort fortan Metalle abbauen können.

Regenwald wird „geopfert“

Temer opfere damit der Wirtschaftslobby den Regenwald und bringe Natur und indigenen Lebensraum in Gefahr, kritisierte Giovenale, am Wochenende gegenüber Radio Vatikan. In Giovenales Diözese liegt ein Teil des insgesamt 47.000 Quadratkilometer umfassenden, gefährdeten Naturraums.

Flavio Giovenale, Erzbischof von Sanarem im Amazonas-Bundesstaat Para in Brasilien

Reuters/Paulo Santos

Erzbischof Flavio Giovenale will gegen die Pläne des Präsidenten vorgehen

Kirche prüft rechtliche Schritte

Die römisch-katholische Ortskirche informiere sich gerade über mögliche rechtliche und politische Schritte, um gegen das Dekret vorzugehen, so Giovenale weiter: Die Kirche wolle nicht zulassen, dass der einzigartige Naturreichtum zerstört und die Rechte der Indigenen mit Füßen getreten werden.

Das Vorgehen des Präsidenten sei „unerhört und hat die Brasilianer völlig überrascht“, kommentierte der Erzbischof Temers Entscheidung vom 23. August. „Das ist ein riesiges Gebiet, in dem sich zwei indigene Lebensräume und verschiedene Naturschutzgebiete befinden und das flächenmäßig größer als Dänemark ist. Es geht um einen ganzen Komplex an Reservaten, der mit dieser Entscheidung privaten Firmen zugänglich gemacht wird“, so Giovenale.

Gold, Mangan und Kupfer im Boden

Das Amazonas-Gebiet werde seit vielen Jahren als riesige Schatzkammer gesehen. So richte sich das Interesse der großen Bergbauindustrien auf den Abbau von Gold, Mangan, Kupfer und sehr seltene Metalle in dieser Region. Diese großen Vorkommen befänden sich nicht in der Tiefe, sondern in relativ leicht erreichbaren Schichten.

Gefällte Bäume liegen am Rande eines Regenwaldes in der Amazonasregion in Brasilien

APA/EFE/Marcelo Sayao

Millionen Bäume werden für Bergbau und Weideflächen abgeholzt

„Schlimmstes Verbrechen“

Temer habe sich über die Bedenken der Umweltschützer, Oppositions-und Kirchenvertreter hinweggesetzt, kritisierte der Erzbischof. Auch der Senator aus dem Bundesstaat Amapa, Randolphe Rodrigues, auf dem sich ein Teil des Gebietes befindet, brandmarkte den Schritt. Er sei das „schlimmstes Verbrechen gegen den Amazonas-Regenwald seit 1970“. Der umstrittene Präsident versuche mit dem Dekret letztlich seine Position zu sichern, so Erzbischof Giovenale. Im Kampf um sein politisches Überleben liefere er den Regenwald samt dessen Einwohnern sozusagen ans Messer - beziehungsweise an die Motorsäge und den Bagger.

„Seit einigen Monaten befinden wir uns in Brasilien in einer politisch sehr besonderen Situation, in der sich der Präsident aufgrund von Verhandlungen an der Regierung hält. Es gibt also so manchen Skandal. Temer verhandelt mit Teilen des Senats und der Parlamentarier. Das Dekret über das Amazonasgebiet ist Frucht seiner letzten Abmachung mit der wirtschaftlich stärkste Gruppe im Parlament“, erläuterte Giovenale. Diese Interessengruppe vereine die Agrarfraktion und Parteien, die von der Großindustrie unterstützt werden. Es gehe hier um wirtschaftlichen Gewinn aus Bergbau und Holzindustrie und um Weideland für die Viehwirtschaft, so der Erzbischof.

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