Seyran Ates für liberale Moscheen in allen Hauptstädten

Die Frauenrechtlerin, Juristin und Initiatorin der liberalen Berliner Ibn-Rushd-Goethe-Moschee, Seyran Ates, hat sich dafür ausgesprochen, ähnliche Moschee-Projekte in allen europäischen Hauptstädten zu initiieren.

Sie erfahre inzwischen viel internationale Unterstützung für das Berliner Moschee-Projekt, das im heurigen Juni gestartet wurde, so Ates am Dienstag im Ö1-Morgenjournal. Nun denke man an eine Ausweitung bzw. Weiterentwicklung und Expansion. In der Berliner Moschee wird ein liberaler Islam gepflegt - es beten Frauen und Männer gemeinsam, Frauen dürfen vorbeten und predigen, außerdem steht die Moschee Angehörigen verschiedener islamischer Konfessionen offen.

Innerislamische Erneuerung

Es brauche solche Moscheen und einen liberalen, die Gleichberechtigung lebenden Islam, da damit der zentrale Punkt der innerislamischen Erneuerung berührt sei, so Ates. Zugleich plädierte die Rechtsanwältin für strengere Auflagen im Blick auf Integration: „Mit oberflächlichen Migrationsprogrammen wird es nicht getan sein“ - Deutschkurse allein würden noch keine Wertevermittlung darstellen. Es brauche zusätzlich die Drohkulisse des Entzugs von Aufenthaltstiteln und Sozialleistungen bei mangelhafter Integration: „Wir leben schließlich in einem Sozialsystem, wo jeder gehalten ist, einen Anteil zu leisten, damit die Gesellschaft so bleibt, wie sie ist.“

Seyran Ates

APA/AFP/John Macdougall

Seyran Ates

In der Debatte um die Imam-Hatip-Schulen sprach sich Ates gegenüber Ö1 für ein Verbot aus: Es dürfe nicht sein, dass auf österreichischem Boden ein Islam gelehrt werde, „der die Grundlage für die Radikalisierung von Muslimen legt“. Dies sei bei den aus der Türkei gesteuerten Imam-Hatip-Schulen der Fall. Auch müsse das Verbot der Auslandsfinanzierung bzw. der Offenlegung der Finanzierungsquellen streng kontrolliert werden, mahnte die Frauenrechtlerin.

„Frauenbild angehen“

Auch gegenüber der Zeitung „Die Presse“ (Montag-Ausgabe) hatte Ates auf die zentrale Bedeutung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern im Islam verwiesen sowie auf das Problem eines nicht kompatiblen Frauen- und Menschenbildes von muslimischen Flüchtlingen, die nach Europa kommen: „Sowohl die weiblichen als auch die männlichen Einwanderer müssen ihr Frauen- und Menschenbild ändern, ohne diese Grundlage werden wir die Integration dieser Menschen nicht schaffen“, so Ates. Integration könne nicht funktionieren, wenn das Frauenbild nicht angegangen, „sondern nur an der Oberfläche gekratzt wird“.

Die 54-Jährige Seyran Ates nahm am Montag an einer vom Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF) organisierten Podiumsdiskussion mit dem Titel „Neue Freiheiten, alte Zwänge? Herausforderungen bei der Integration weiblicher Flüchtlinge in Österreich“ am „Europäischen Forum Alpbach“ teil. Weitere Teilnehmer waren die Nahostexpertin Karin Kneissl, Autorin Saïda Keller-Messahli sowie die Dolmetscherin Farnaz Beikzadeh-Abbasi.

Erdogan „harte Kante“ zeigen

Im deutschen Fernsehen forderte Ates indes, „harte Kante“ gegenüber dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu zeigen. Anlass der Kritik war ein Bericht über ein Gefängnis in der Türkei, das Ates das „größte Kindergefängnis zur Zeit“ nannte, in dem Hunderte Mütter mit ihren Kindern einsäßen. Manche seien im Gefängnis zur Welt gekommen, sagte sie laut Bericht der evangelikalen Presseagentur idea in der ZDF-Sendung „Peter Hahne“, in der es um die angespannten deutsch-türkischen Beziehungen ging.

Es sei „hanebüchen“, wie in der Türkei mit dem Rechtsstaat umgegangen und was an Anklageschriften vorgelegt werde. Die Anwältin sprach in diesem Zusammenhang von Rechtsbeugung. Die unter Personenschutz stehende Frauenrechtlerin ist seit 1997 als Anwältin tätig. Schon während ihres Studiums arbeitete sie in einer Beratungsstelle für Frauen aus der Türkei. 1984 wurde sie Opfer eines politischen Anschlags und lebensgefährlich verletzt. 2006 schloss Ates nach mehreren Morddrohungen ihre Kanzlei. Seit 2012 arbeitet sie wieder als Anwältin.

religion.ORF.at/KAP

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