Papst unternimmt Versöhnungsreise nach Kolumbien

Papst Franziskus besucht vom 6. bis 11. September Kolumbien. Im Mittelpunkt der Reise steht die Versöhnung nach Jahrzehnten des blutigen Konflikts mit der FARC-Guerilla. Zweites großes Thema wird der Umweltschutz sein.

Weiters wird erwartet, dass Franziskus zwei ermordete katholische Geistliche als Märtyrer seligspricht. Neben großen Messen in der Hauptstadt Bogota, in Villavicencio, Medellin und Cartagena sind auch Begegnungen mit der Staatsspitze und mit Vertretern des Lateinamerikanischen Bischofsrats geplant.

Frieden mit Rebellen

Kolumbiens Staatspräsident Juan Manuel Santos sagte im Vorfeld, der Papst komme „mit einer Botschaft der Versöhnung“. Nach 53 Jahren Konflikt werde es Zeit brauchen, Frieden zu schaffen. „Kolumbien ist nach dem Frieden mit der FARC kein Paradies auf Erden“, so der Friedensnobelpreisträger in einem Interview Ende Juli. Mit der letzten verbliebenen Rebellengruppe ELN (Ejercito de Liberacion Nacional, Nationale Befreiungsarmee), die seit 1964 gegen die Kolumbianische Regierung kämpfte und sich ursprünglich für die Rechte der Bauern einsetzte, konnte im Vorfeld des Papst-Besuchs eine Waffenruhe vereinbart werden.

FARC-Anhänger schwenken weiße Fahnen mit Friedenstauben drauf

Reuters/Jaime Saldarriaga

Der Frieden zwischen FARC und Regierung wurde gefeiert

Im November 2016 hatte Bogota ein historisches Friedensabkommen mit den Revolutionären Streitkräften Kolumbiens (FARC), der größten Rebellengruppe des Landes, geschlossen. Die UN-Beobachtermission für Kolumbien erklärte die Entwaffnung der FARC Ende Juni für abgeschlossen. Kurz vor Beginn seiner Reise lobte der Papst das Land für seine Friedensbemühungen. „Kolumbien sucht den Frieden und arbeitet dafür seit langer Zeit“, sagt Franziskus in einem am Montagabend vom Vatikan veröffentlichten Video.

Zwei Seligsprechungen erwartet

Am 8. September nimmt Franziskus laut Programm an einem nationalen Gebetstreffen für die Versöhnung Kolumbiens in Villavicencio teil. Zuvor feiert er ebenfalls in Villavicencio eine Messe unter freiem Himmel. Es wird erwartet, dass er bei dieser Gelegenheit Bischof Jesus Emilio Jaramillo Monsalve (1916-1989) und den Priester Pedro Maria Ramirez Ramos (1899-1948) seligspricht, was laut einem vatikanischen Dekret vom Juli ansteht.

Weitere Stationen sind Kolumbiens zweitgrößte Stadt Medellin, die mit dem Bekenntnis lateinamerikanischer Kirchenführer zu einer „Option für die Armen“ verbunden ist, und die Touristenmetropole Cartagena am Karibischen Meer, wo Franziskus mit Obdachlosen und Armen zusammentreffen und die Kirche des Jesuiten-Missionars und Nationalheiligen Petrus Claver (1580-1654) besuchen will.

Eine lebensgroße Papstfigur mit Franziskus-Fans

Reuters/Henry Romero

90 Prozent der kolumbianischen Bevölkerung sind Katholiken

Franziskus hatte eine Visite in Kolumbien für den Fall zugesagt, dass der Friedensprozess mit der Guerilla-Organisation FARC zu einem glücklichen Ende käme. Das entsprechende Abkommen passierte am 30. November das Parlament in Bogota. Es ist die fünfte Lateinamerika-Reise des aus Argentinien stammenden Kirchenoberhaupts. Vor Franziskus reisten Paul VI. (1968) und Johannes Paul II. (1986) nach Kolumbien.

Appell zum Schutz des Urwaldes

Papst Franziskus will sich bei seinem am Mittwoch beginnenden Kolumbienbesuch auch zum Problem der Zerstörung des Amazonas-Regenwaldes äußern: Die zweite Station seiner Reise, die südöstlich von Bogota gelegene Stadt Villavicencio, werde eine gute Kulisse für einen Appell zum Urwaldschutz abgeben, hatte Guzman Carriquiry, Vizepräsident der Päpstlichen Lateinamerika-Kommission, kürzlich gegenüber dem Onlineportal „El Espectador“ angekündigt. Der Papst werde dabei an seinen Aufruf zur Bewahrung der Schöpfung anschließen, den er gemeinsam mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios an die politischen Führer der Welt gerichtet hatte.

Kolumbien besitzt in seinen Urwald-Regionen eine enorme Artenvielfalt, die jene von Brasilien sogar noch übersteigt. Rund 90 indigene Völker leben in diesem nordwestlichsten Teil Amazoniens. Von Villavicencio aus könne der Papst eine Botschaft an ganz Lateinamerika richten, da das hier beginnende Amazonas-Tiefland sieben Länder des Kontinents umfasst, betonte Carriquiry. 17 Prozent der Fläche des auch als „grüne Lunge des Planeten“ bezeichneten Urwalds sind heute bereits zerstört.

Indigene Kolumbianer bei einem Protest gegen eine Autobahn durch den Urwald

Reuters/Jaime Saldarriaga

Die indigene Bevölkerung Kolumbiens protestiert immer wieder gegen die Einschränkung ihres Lebensraums

„Gefühl für die Erde entwickeln“

Das Umwelt-Thema sei neben der Versöhnung nach dem Bürgerkrieg das zweite große Thema im Reisegepäck des Papstes, bestätigte am Montag auch der Erzbischof von Villavicencio, Oscar Urbina Ortega. Als Vorbereitung auf die Visite sei in seiner Bischofsstadt kürzlich ein Treffen zur Papst-Enzyklika „Laudato si“ veranstaltet worden. Dabei sei es darum gegangen, „ein Gefühl für die Erde zu entwickeln, da die Versöhnung im Land von den Opfern und von der Erde ausgeht“, erklärte der im Juli neugewählte Vorsitzende der kolumbianischen Bischofskonferenz gegenüber „Radio Vatikan“.

Im Kern sei der Konflikt in Kolumbien eine „Frage des Landes“, zumal Böden oft mehreren Menschen zugleich gehörten und durch ihre Reorganisation neue Gewalt entstehen können, so der Erzbischof. Dass die erste Agrarreform im Land nicht umgesetzt wurde, habe einst zum Zusammenschluss der Campesino-Kleinbauern und in Folge zur Gründung der FARC-Guerilla geführt, erinnerte Urbina.

Erzbischof: Kirche muss soziale Rolle ausbauen

Zu Gerechtigkeit beitragen könne die Kirche hier insofern, dass ihre Taufakte oft die einzigen Beweise dafür seien, dass eine bestimmte Familie bereits über Jahrzehnte an einem bestimmten Ort gelebt habe. Gegenüber den Campesinos, die 80 Prozent der kolumbianischen Bevölkerung ausmachen, müsse die Kirche ihre soziale Rolle noch besser entwickeln als bisher, so der Erzbischof selbstkritisch; bisher sei es „eher um Fürsorge“ gegangen.

Umwelt- und Indigenenschutz seien in seiner Region eng miteinander verwoben, hob Erzbischof Urbina hervor; das illegale Schürfen sowie der Ausverkauf des überaus rohstoffreichen Landes an internationale Bergbaukonzerne gehörten zu den größten Problemen seiner Region. „Die Umweltzerstörung hat immer soziale Auswirkungen, vor allem für die Ärmsten. Das genau sagt ‚Laudato si‘“, so der Papst-Gastgeber.

religion.ORF.at/KAP

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