Papstmesse wieder mit mehr als einer Million Besuchern

Vor einer beeindruckenden Menschenmenge hat Papst Franziskus am Samstag in Medellin eine Messe gefeiert. Zu dem Gottesdienst auf dem Stadtflughafen der zweitgrößten kolumbianischen Metropole kamen trotz wechselhaften Wetters nach Angaben der Bischofskonferenz des südamerikanischen Landes mehr als eine Million Menschen zusammen.

Franziskus rief die Besucher in seiner Predigt dazu auf, mit allen Kräften die Nachfolge Jesu anzutreten und sich für den Glauben einzusetzen. Die Kirche in Kolumbien müsse sich „mit größerer Kühnheit in der Ausbildung von missionarischen Jüngern engagieren“, die „etwas wagen, handeln und sich einsetzen“, sagte der Papst.

Es brauche jene, die verkündigen, „die sehen können ohne ererbte Kurzsichtigkeit; die die Realität mit den Augen und dem Herzen Jesu prüfen und sie von dort her beurteilen“.

Papst Messe Medellin

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Medellin gilt als das kirchliche Zentrum Kolumbiens

Besuch im kirchlichen Zentrum

Der dritte Programmtag des Papstes in Kolumbien stand unter dem Motto „Das christliche Leben als Jüngerschaft“ legt den Schwerpunkt auf das Leben der katholischen Kirche im Land. Innerhalb des katholisch geprägten Kolumbien gilt Medellin noch einmal als besonderes kirchliches Zentrum.

Geistliche Handies Papst

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Mitglieder des Klerus fotografieren mit ihren Handys die Ankunft von Papst Franziskus

Kirchengeschichtlich ist die Stadt zudem besonders mit der zweiten Generalversammlung der lateinamerikanischen Bischöfe 1968 verbunden, auf der sie sich zu einer besonderen Verpflichtung für die Armen bekannten. Das Treffen damals gilt als eine der Geburtsstunden der Befreiungstheologie. Weltweit traurige Berühmtheit erreichte Medellin als Hochburg eines brutalen Drogenkartells.

Auto statt Hubschrauber

Franziskus erreichte die Stadt mit rund einstündiger Verspätung im Auto. Ein eigentlich geplanter Hubschraubertransfer vom Luftwaffenstützpunkt Rionegro, wo das Flugzeug mit dem Papst am Morgen von Bogota aus kommend gelandet war, konnte wegen schlechter Sichtverhältnisse nicht durchgeführt werden.

Papstmesse Medellin

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Wegen schlechter Sicht konnte Papst Franziskus nicht mit dem Hubschrauber anreisen

Der Papst wurde von den Menschen begeistert willkommen geheißen. Vor der Messe begrüßte er die Gläubigen, die teils seit dem frühen Morgen und unter Regen ausgeharrt hatten, mit einer langen Fahrt im offenen Wagen.

Auf dem Gelände hatte auch Johannes Paul II. (1978-2005) bei seinem Kolumbienbesuch 1986 Gottesdienst gefeiert. In Medellin herrschten starke Sicherheitsvorkehrungen. Viele Polizisten und mit Gewehren bewaffnete Motorradpatrouillen sicherten die Straßen.

Liebe Gottes durch Versöhnung bezeugen

In seiner Predigt mahnte der Papst die Christen, sich nicht zu sehr auf Normen und Gesetze zu fixieren. Die Beziehung der Menschen zu Gott dürfe nicht durch „starres Hängen an Normen und Gesetzen“ geprägt sein. Franziskus rief die Gläubigen zu einer Nachfolge auf, die das Wesentliche im Blick hat, die sich erneuert und sich engagiert.

Das Wesentliche im Blick zu haben, bedeute weder, mit allem zu brechen, noch, nur aus Gewohnheit zu handeln: „Unsere Jüngerschaft kann nicht einfach von einer Gewohnheit motiviert sein, nur weil wir einen Taufschein haben. Sie muss vielmehr von einer lebendigen Erfahrung Gottes und seiner Liebe ausgehen“, so Franziskus.

Weiter erinnerte der Papst daran, dass die Kirche sich, fest im Glauben verwurzelt, stets erneuern müsse: „Erneuerung verlangt Opfer und Mut, nicht um sich für besser oder untadelig zu halten, sondern um dem Ruf des Herrn besser zu entsprechen.“ Für die Kolumbianer bedeute dies, die Liebe Gottes besonders durch Gewaltlosigkeit, Versöhnung und Frieden zu bezeugen. Unter anderem an dieser Stelle erhielt der Papst spontanen Beifall.

„Kirche ist keine Grenzkontrolle“

Den dritten Punkt der Nachfolge Jesu, tatkräftiges Engagement, erläuterte Franziskus am Beispiel des Heiligen Petrus Claver. Der Jesuit hatte sich im 17. Jahrhundert für die Sklaven in Kolumbien eingesetzt. An Samstag beging die katholische Kirche seinen Gedenktag; am Sonntag reist der Papst in die Hafenstadt Cartagena, um den Heiligen zu verehren.

Papst Papamobil Medellin

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Mit einer Fahrt im offenen Papamobil grüßte Papst Franziskus die Pilgerinnen und Pilger

Claver wählte den Leitspruch „Sklave der Schwarzen für immer“, weil er als Jünger Jesu verstanden habe, dass er nicht gleichgültig bleiben konnte angesichts des Leidens der am meisten Verlassenen und Gedemütigten seiner Zeit, sagte der Papst. Spontan fügte er ein: „Brüder, die Kirche ist keine Grenzkontrolle. Ihre Tore sollen geöffnet sein“, denn Gottes Herz sei durchdrungen von Liebe.

Papst mit „Kreuzstab der Kaffeebauern“

Gastgeber des Papstes in Medellin war Erzbischof Ricardo Tobon. Der Leiter des Departements Antioquia, Luis Perez Gutierrez, schenkte Franziskus drei typische Bekleidungsstücke seiner Region: einen Sombrero, einen Poncho und eine Carriell genannte Ledertasche.

Als Bischofsstab verwendete Franziskus einen aus dem Holz von Kaffeebäumen gefertigten „Kreuzstab der Kaffeebauern“. Der 1,80 Meter hohe Kreuzstab wurde im Auftrag des nationalen Verbands der Kaffeeproduzenten entworfen und spielt auf die große Bedeutung des Kaffeehandels für Medellin an. Er ist einer von drei derartigen liturgischen Stäben, die der Papst während seines noch bis Sonntag dauernden Kolumbienbesuchs geschenkt bekommt.

Am Ende der Messe traf sich Franziskus mit einigen Schülern deren Schulen mit der von ihm gegründeten Bildungsstiftung „Scholas Occorentes“ zusammenarbeiten. Sie berichteten dem Papst von den teilweise massiven Problemen in ihrem Schulalltag - etwa Korruption, Gewalt und Diskriminierung.

Keine Politisierung des Papstbesuches

Präsident Juan Manuel Santos wohnte der Messe nicht bei. Der Staatschef wolle den Papstbesuch nicht politisieren, hieß es aus Regierungskreisen.

Hingegen wurde laut lokalen Medien Ex-Präsident Alvaro Uribe, Widersacher von Santos in der Frage des Friedensschlusses mit der FARC-Guerilla, erwartet. Er nehme mit seiner Familie abseits der Ehrentribüne als „Pilger“ teil, hieß es im Vorfeld.

Im Anschluss an den Gottesdienst wollte der Papst am Freitagnachmittag (Ortszeit) das traditionsreiche Kinderheim Hogar San Jose besuchen. Anschließend war eine Begegnung mit Priestern, Ordensleuten und kirchlichen Laienmitarbeitern in der ehemaligen Stierkampfarena La Macarena vorgesehen. Am Abend wird Franziskus zurück in der Hauptstadt Bogota erwartet.

religion.ORF.at/KAP

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