Migrantenpriester: USA wird teuer für Trump bezahlen

Harsche Kritik an US-Präsident Donald Trump hat der mexikanische Migrantenpriester Alejandro Solalinde geäußert. Solalinde hatte zuvor mit einem Protestbrief an die US-Botschaft die betroffenen Einwanderer unterstützt.

Zwar seien Trumps jüngste Signale zu begrüßen, in den USA geborene junge Migranten ohne Ausweispapiere („Dreamers“) nun doch nicht des Landes zu verweisen wie zuvor angekündigt. Zugleich habe sich dabei jedoch die enorme Unausgeglichenheit des Präsidenten gezeigt.

Migrantenpriester Alejandro Solalinde

REUTERS/Henry Romero

Der Migrantenpriester Alejandro Solalinde hat harsche Kritik an US-Präsident Donald Trump geübt

Wie er am Freitag in einem von der katholischen Dreikönigsaktion vermittelten Gespräch mit „Kathpress“ befand, sei der Druck auf Trump aus dem In- und Ausland nun offenbar zu groß geworden.

Rede vor der UNO in Wien

„Trump weiß nicht, was er will - was für die Weltpolitik verheerend ist“, so der 72-jährige Menschenrechtsaktivist, der für den Friedensnobelpreis 2017 nominiert wurde und am Freitagvormittag eine Rede vor der UNO in Wien hielt.

Er sehe den US-Präsidenten als einen „kranken Menschen, der süchtig nach Geld ist“ und ohne Rücksicht auf Menschen nur Macht und Markt im Blick habe. Für seine Wahl an die Staatsspitze werde die USA noch teuer bezahlen müssen: „Das Ansehen der USA in der Welt geht verloren - und auch im Land selbst wird es um den Selbstwert der weißen Bevölkerung künftig schlecht bestellt sein. Denn Trump ist das Gesicht der USA.“

Vor der Grenzmauer zu Mexiko, an deren Errichtung Trump - wenn auch zu einem späteren Zeitpunkt - festhält, habe er keine Angst, sagte Solalinde. „Ich lache darüber. Denn es ist zu spät dafür. Er soll die Mauer bauen und sie gut abdichten, damit die Latinos nicht mehr herauskommen - denn es sind schon zu viele.“ Niemand könne die bereits 34 Millionen Mexikaner in den USA hinauswerfen, und ihr Anteil in der US-Bevölkerung steige weiter, mit oder ohne Mauer.

Ängste vor Migration ablegen

Statt über Grenzschutz sollte man heute lieber über Möglichkeiten des gemeinsamen Lebens nachdenken. Nicht nur die USA, sondern auch Europa wäre gut beraten, Ängste vor der Migration abzulegen: "Migration sorgt für bereichernde Vielfalt und kann uns eine große Hilfe sein.

Migranten bringen Arbeitskräfte, Jugend, Sinn für das Leben sowie auch Werte und Glauben. Es ist Zeit, dass sich Europa wieder Gott zuwendet." Dabei gehe es nicht um Zugehörigkeit zu einem bestimmten Religionsbekenntnis, sondern um die Haltung, einander als Geschwister zu erkennen, Gemeinsamkeiten und die Identität als „Menschheitsfamilie“ zu sehen. Nur in Vielfalt sei Einheit möglich.

„Heute kann man nicht mehr klein denken, in Kategorien wie Volk und Kultur. Ranzige Nationalismen, ethnische und kulturelle Säuberungen sowie das damit verbundene Überlegenheits-Denken müssen der Vergangenheit angehören“, forderte Solalinde. Europa solle sich für Migranten öffnen und sie empfangen „und zwar nicht als Last, sondern als jemand, der uns bei der Sorge um unser gemeinsames Haus Europa helfen wird“.

Erst so werde es dem Kontinent gelingen, seine von zu viel Gewalt und Völkermorden bestimmte Geschichte, die ihm selbst viel Leid gebracht und sich auf die ganze Welt verheerend ausgewirkt habe, nicht zu wiederholen.

Statt einer humanitären- oder Flüchtlingskrise stecke die Welt in einer „Krise des Herzens, wenn wir Gedanken gegen die Migration hegen“, befand der Migrantenseelsorger. Ein wichtiger Schritt zu mehr Offenheit seien alle Formen freundschaftlicher Begegnung. US-Studenten würden in den Sommermonaten als Volontäre in den mexikanischen Migrantenherbergen mithelfen, führte Solalinde als Beispiel an. „Sie leben mit den Migranten, kommen ins Gespräch und schließen Freundschaften. Diese Erfahrung verändert ihre Sichtweise und Mentalität völlig, und bei der Rückkehr sind sie neue Verbündete. Wer von ihnen wird jemals Migranten vertreiben?“

Migrantenheiliger und Aktivist

Der katholische Priester Alejandro Solalinde Guerra hat in Mexiko ein Netzwerk von Migrantenherbergen eingerichtet, in denen Flüchtlinge auf ihrer lebensgefährlichen Durchreise vorübergehend Zuflucht finden. Wegen seines Engagements, das den in der Region aktiven Menschenhändlern zuwiderläuft, und seiner heftigen Kritik auch an den mexikanischen Behörden und der USA erhielt er zahlreiche Morddrohungen. Seit 2012 kann er sich in seiner Heimat nur mit vierköpfigem Personenschutz bewegen.

In seinem Land leitet er außerdem die Wahrheitskommission zur Klärung der Menschenrechtsverletzungen im Oaxaca-Konflikt von 2006 und koordiniert im Auftrag der mexikanischen Bischofskonferenz die Migrantenseelsorge. Er gilt zudem als Vorkämpfer für die Aufklärung der mutmaßlichen Ermordung von 43 Lehramtsstudenten aus dem Bundesstaat Guerrero, die seit 2014 vermisst werden.

religion.ORF.at/KAP

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