Vatikan eröffnet Verfahren wegen Kinderpornografie

Der Vatikanische Gerichtshof hat gegen einen Diplomaten der Vatikanbotschaft in Washington ein Verfahren wegen des Besitzes kinderpornografischer Bilder eröffnet.

Das teilte Vatikan am Freitag laut Kathpress mit. Nach Hinweisen aus dem US-Außenministerium Ende August habe der Vatikan den betreffenden Priester zurückgerufen; derzeit befinde er sich im Vatikan.

Vertrauliche Untersuchungen gestartet

Die für Strafverfolgung zuständige Behörde im Vatikan sei vom vatikanischen Staatssekretariat („Außenministerium“) über den Fall informiert worden.

Die Untersuchung sei bereits eröffnet und der Gerichtshof habe damit begonnen, in internationaler Zusammenarbeit relevante Indizien zu sammeln, hieß es in der Mitteilung. Gemäß den rechtlichen Vorgaben bei Voruntersuchungen würden die Untersuchungen einstweilen vertraulich geführt.

Kirchliche Richtlinien in Kooperation mit der Polizei

Der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz, Kardinal Daniel DiNardo von Galveston-Houston, nannte den Verdacht gegen den Diplomaten der Vatikanbotschaft in Washington eine „sehr ernste Angelegenheit“. Selbst wenn noch nicht alle Umstände bekannt seien, müsste solchen Vorgängen „unmittelbar, gründlich und transparent nachgegangen werden“.

Dies sollte gemäß den kirchlichen Richtlinien in Kooperation mit der Polizei geschehen. Gleichzeitig gelte es, die Betroffenen sofort zu schützen. „Der Schutz von Kindern und Jugendlichen ist unsere heiligste Pflicht“, erklärte DiNardo. Er hoffe, der Vatikan werde bald mehr Details mitteilen, sagte er am Freitag in Washington.

„Große Katastrophe“

Die Kinderpornografie-Vorwürfe seien eine „große Katastrophe“, so der Jesuitenpater Hans Zollner, Mitglied der päpstlichen Kinderschutzkommission. „Weil jemand, der Priester ist, offensichtlich (...) kinderpornografisches Material in der diplomatischen Vertretung des Heiligen Stuhls in den USA konsumiert hat“, sagte Zollner am Samstag am Rande einer Buchvorstellung in Rom. Natürlich müsse man das Ergebnis der Untersuchungen abwarten, „aber wenn in den USA so ein Verdacht ausgesprochen wird, dann ist das sicherlich fundiert“.

Der Konsum und die Verbreitung von Kinderpornografie würden unterschätzt, sagte Zollner. „Das ist ein Phänomen, das deutlich mehr verbreitet ist, als es in der Öffentlichkeit wahrgenommen wird.“ Zollner, der auch akademischer Vizerektor der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom ist, setzt sich für die Aufarbeitung sexueller Missbrauchsfälle und Prävention in der katholischen Kirche ein.

USA: zahleiche Missbrauchsskandale in Kirche

Die katholische Kirche in den USA wird seit den Enthüllungen des „Boston Globe“ im Jahr 2002 von einer Reihe von Missbrauchsskandalen erschüttert. Der Erzbischof von Boston, Kardinal Bernard Law, hatte die Skandale über lange Jahre vertuscht und war im Dezember 2002 unter massivem Druck zurückgetreten.

Über Jahrzehnte hinweg hatten in der Diözese Dutzende Priester Minderjährige missbraucht. Seither zahlte die römisch-katholische Kirche alleine in den USA mehrere Milliarden Dollar an Entschädigungen aus.

religion.ORF.at/KAP

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