Myanmar bietet muslimischen Flüchtlingen Rückkehr an

Myanmars Regierungschefin Aung San Suu Kyi hat nach der Massenflucht von mehr als 400.000 Muslimen erstmals Gewalt und Menschenrechtsverletzungen in ihrem Land verurteilt und den Flüchtlingen die Rückkehr angeboten.

In einer Rede an die Nation vermied sie am Dienstag jedoch jede Kritik an den mitregierenden Militärs. Die Friedensnobelpreisträgerin versicherte: „Alle von uns wollen Frieden und keinen Krieg.“ Zugleich bat sie die internationale Gemeinschaft um mehr Geduld mit ihrem Land.

Suu Kyi bot auch an, Flüchtlinge wieder aus dem Nachbarland Bangladesch aufzunehmen. Sie machte dies aber von einer „Überprüfung“ abhängig. Wie genau diese aussehen soll, ließ sie offen. Die Rede in der Hauptstadt Naypiydaw war für die 72-Jährige der erste öffentliche Auftritt seit Beginn der neuen Krise Ende August. Wegen ihres Verhaltens steht sie international massiv in der Kritik. Einen Auftritt bei der UNO-Vollversammlung in New York hatte sie abgesagt.

Muslimische Minderheit ohne Staatsbürgerschaft

Die Nobelpreisträgerin führt nach einem klaren Wahlsieg seit anderthalb Jahren in Myanmar, dem ehemaligen Birma, die Regierung. Wie die große Mehrheit der Bevölkerung ist Suu Kyi buddhistischen Glaubens. Die muslimische Minderheit der Rohingya umfasst mehr als eine Million Menschen. Sie sind staatenlos, nachdem ihnen die damalige Militärjunta 1982 die Staatsbürgerschaft entzogen hatte.

Suu Kyi betonte in ihrer auf Englisch gehaltenen Rede: „Als verantwortliches Mitglied der Staatengemeinschaft fürchtet Myanmar keine internationale Überprüfung.“ Sie lud ausländische Diplomaten ein, die Unruheprovinz Rakhine zu besuchen. Suu Kyi zufolge gab es dort seit dem 5. September auch „keine Säuberungsaktionen“ mehr. An dieser Darstellung gibt es jedoch Zweifel. Amnesty International warf Suu Kyi nach der Rede vor, sich der Wirklichkeit immer noch zu verweigern. Sie stecke den „Kopf in den Sand“.

50 Prozent der Dörfer von Gewalt betroffen

Die neue Krise war am 25. August ausgebrochen, nachdem Rohingya-Milizen Polizei- und Militärposten angegriffen hatten. Die Sicherheitskräfte gingen anschließend mit großer Härte gegen viele muslimische Dörfer vor. Suu Kyi versicherte jedoch, dass die meisten Dörfer von der Gewaltwelle nicht betroffen seien. „Die Mehrheit (der Muslime) hat sich dem Exodus nicht angeschlossen. Mehr als 50 Prozent der Dörfer sind noch intakt.“

Suu Kyi versprach, Verstöße gegen die Menschenrechte nicht hinzunehmen. Gegen alle, die Menschenrechte verletzten, werde „etwas unternommen“ - unabhängig von Religion, ethnischer Herkunft oder politischer Stellung. Sie versicherte auch: „Wir wollen herausfinden, warum es zu diesem Exodus gekommen ist.“ Bislang gebe es viele Vorwürfe, aber keine „soliden Beweise“. Als Ziele ihrer Regierung nannte sie „Friede, Stabilität, Harmonie und Fortschritt“.

Bitte um Geduld

Zugleich bat sie die internationale Gemeinschaft um Geduld mit ihrem Land. „Wir sind eine junge und fragile Demokratie, die mit vielen Problemen zu tun hat.“ Suu Kyi führt die Regierung als „Staatsrätin“ seit dem Frühjahr 2016. Zuvor hatte sie bis 2010 wegen ihres Widerstands gegen die frühere Militärjunta fast 15 Jahre in Hausarrest verbracht.

Die Rohingya leben vor allem im Staat Rakhine im westlichen Myanmar an der Grenze zu Bangladesch. Nach Angaben des Roten-Kreuzes sind in der aktuellen Krise bereits 412 000 Rohingya nach Bangladesch geflohen. In jüngerer Vergangenheit gab es mehrfach größere Flüchtlingswellen. Nach hartem Vorgehen der Militärregierung gegen sie flohen 1978 schätzungsweise 200 000 und 1991 noch einmal 250 000 Rohingya ins vorwiegend muslimische Nachbarland.

Seit dem Ende der Militärdiktatur 2011 schüren buddistische Mönche den Hass auf die Volksgruppe. 2012 wurden nach dem Ausbruch schwerer Unruhen schätzungsweise 140 000 Rohingya aus ihrem Häusern vertrieben.

religion.ORF.at/dpa

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