Kapuziner: Habsburgergruft und Citypastoral
Seit Kurzem hat der Orden einen neuen Oberen. Am Sonntag, 17. September wurde ein neuer Ordensoberer der Kapuziner für Wien eingeführt: Bruder Leszek Nocun (55) ist nun der neue Guardian (Hausobere). Der stellvertretende Kapuzinerobere für Österreich und Südtirol, Bruder Marek Krol, stand dem Gottesdienst in der Wiener Kapuzinerkirche vor.
Kapuziner/Klaus Prokop
Nur wenige Gehminuten trennen das Wiener Kapuzinerkloster vom Stephansdom, wenige Schritte von der Kapuzinergruft und den Gräbern der Habsburger. Dort, nahe am lebendigen Zentrum Wiens, wollen die Kapuziner „einen Ort der Stille“ anbieten, der „Menschen, die im Getriebe der Großstadt zur Ruhe kommen wollen“, offen steht, so eine Aussendung zum Amtsantritt.
Verantwortung für Habsburger-Gruft
„Guardian sein heißt Impulsgeber zu sein“, so Nocun über seine neue Aufgabe. Ein Guardian trägt die Verantwortung für die Brüder, das Kloster und die Seelsorge in personellen, spirituellen und wirtschaftlichen Belangen. In Wien kommt noch die sehr spezielle Verantwortung für die unter dem Kloster gelegene Kaisergruft hinzu. Über Jahrhunderte wurden die Mitglieder der Familie Habsburg von Kapuzinern seelsorglich begleitet und in der Kaisergruft (Kapuzinergruft) beigesetzt.
APA/Helmut Fohringer
Weiterbildung für Kapuziner weltweit
Weniger bekannt sei die Bedeutung des Wiener Klosters für den gesamten Weltorden. „Junge Kapuziner von überall her verbringen einige Monate bis Jahre in Wien, um hier um zu studieren oder sich weiterzubilden“, berichtete der Orden. Zurzeit seien etwa Kapuziner aus Indien, Tschechien und Polen zum Besuch in der zwölf Mitglieder zählenden Wiener Klostergemeinschaft. Dazu kommen regelmäßig Studenten, die nur einige Monate bleiben.
Die Provinzleitung erhoffe sich mit dem Wechsel an der Ordensspitze neue Impulse für die Ausrichtung des Hauses. In den letzten Jahren wurde das Kirchengebäude generalsaniert, die teilweise aus dem 19. Jahrhundert stammenden Leitungen für Heizung und Elektrizität wurden auf einen modernen Stand gebracht. Die Renovierung des Klosters ist derzeit noch am Laufen.
Kapuziner
Citypastoral und Wärmestube
„Die Lage des Klosters eignet sich gut für Citypastoral“, findet der neue Ordensobere Nocun. Darunter versteht die katholische Kirche „pastorale, caritative Angebote in geöffneten und einladenden Räumen“, wie das Webportal des Österreichischen Pastoralinstituts erklärt. Zielgrupe sind dabei etwa „Passant/innen, die einfach durch die Stadt gehen, vorbeischauen und sich ansprechen lassen“, sich über Glaubens- und Pastoralangebote informieren möchten. Das soll auf eine Art und Weise angeboten werden, „dass Menschen, denen kirchliche Formen und Rituale fremd sind, leichter Zugang finden“.
„Mit dem Begegnungsraum als ‚Ort der Stille‘ mitten im ersten Bezirk gibt es bereits Ansätze, die man sicher noch weiter ausbauen kann.“ So sei mit dem renovierten Beichtraum ein „mehrfach nutzbarer Raum der Begegnung“ geschaffen worden. Besonders im Winter werde das Haus in Zusammenarbeit mit gemeinnützigen Organisationen wie der Caritas zum Anlaufpunkt für sozial benachteiligte Menschen. Im Kloster steht ihnen jede Woche ein Raum als Wärmestube zur Verfügung.
Organisatorisch ist das Wiener Kloster mit 16 anderen Niederlassungen Teil der Ordensprovinz Österreich-Südtirol. Als Kapuziner tritt man in eine Ordensprovinz und nicht etwa in ein Kloster an einem bestimmten Standort ein. „Das Leben eines Kapuziners beruht auf Leben aus dem Gebet und der Stille, sozialem Wirken bei Bedürftigen und Gemeinschaft untereinander und mit den Menschen im Umfeld“, wollen die Kapuziner ihren Auftrag verstanden wissen.
Kapuziner
Die Kapuziner bilden seit 1525 neben Franziskanern und Minoriten den jüngsten Zweig der franziskanischen Orden, die auf Franz von Assisi zurückgehen.
Die Bezeichnung Kapuziner leitet sich von der markanten Kapuze des Habits ab. Kapuziner gibt es heute in 106 Ländern, weltweit sind es etwa 10.500 Brüder, die in mehr als 1.700 Gemeinschaften (Fraternitäten) leben.
Amtszeit dauert drei Jahre
Immer wieder neue Aufgaben an neuen Orten zu übernehmen, sei Teil des Lebens jedes Kapuziners. Der bisherige Guardian, Bruder Tomasz Krawczyk, wechselte mit Anfang September ins Kloster Wiener Neustadt. Die Amtszeit eines Kapuzinerguardians beträgt drei Jahre und kann einmal verlängert werden. Neben Wien und Wiener Neustadt würden in diesem Monat auch die Kapuziner-Klöster in Leibnitz und Feldkirch neue Hausobere erhalten, heißt es vom Orden.
Neben den Mitbrüdern freue er sich schon auf „Wien als Stadt und die neuen Herausforderungen, die auf mich zukommen“, so Bruder Leszek Nocun, der die letzten zehn Jahre in Wiener Neustadt verbrachte. Nocun, der 1981 in den Orden eintrat und 1988 zum Priester geweiht wurde, hatte davor schon Leitungsfunktionen in verschiedenen österreichischen Klöstern inne.
Kapuziner/Gerhard Berger
Darüber hinaus ist er seit 2008 geistlicher Assistent für den franziskanischen Säkularorden OFS. In der Gemeinschaft dieses Säkularordens können Laien ein franziskanisch ausgerichtetes Leben führen. Als geistlicher Assistent hat er die Anbindung an die franziskanischen Orden wie die Kapuziner und die Aufgabe „franziskanische Spiritualität zu gewährleisten“.
In dieser Funktion ist Bruder Leszek für den franziskanischen Säkularorden ganz Österreichs und Südtirols, insgesamt ca. 1.000 Personen, zuständig. Außerdem übt er die Funktion lokal für Wiener Neustadt und die Region Steiermark-Kärnten aus.
religion.ORF.at