„Häresie“-Vorwurf: Sperrte Vatikan kritische Website?

Der Zugang zu der Website auf der Dutzende konservative katholische Theologen, Priester und Religionsvertreter Papst Franziskus ketzerisches Verhalten vorgeworfen haben, ist von Computern im Vatikan nicht möglich. Der Vatikan dementiert, die Seite gesperrt zu haben.

Die italienische Nachrichtenagentur ANSA berichtete am Montag der Vatikan habe den Zugang zur Webseite gesperrt, mit der man die Initiative der Traditionalisten gegen das päpstliche Schreiben „Amoris laetitia“ unterstützen kann. Außerhalb des Vatikans ist die Webseite zugänglich.

Filter für Pornografie und Malware greift

Der Vatikan dementierte, den Zugang zur Webseite gesperrt zu haben. Das berichtete der Papst-Sprecher Greg Burke. Von Computern im Vatikan sei der Zugang zur mehrsprachigen Website nicht möglich, auf der das Schreiben mit dem Titel „Zurechtweisung wegen der Verbreitung von Häresien“ veröffentlicht wurde, weil der Vatikan wie mehrere Unternehmen auch „Filter“ eingerichtet habe. Diese würden automatisch bestimmte Webseiten blockieren, von Pornografie über Werbung bis zu Malwares, betonte Burke.

Sieben Häresien verbreitet

Das Schreiben, das neuen Unterzeichnern offensteht, trägt die Unterschrift von 62 Priestern und katholischen Gelehrten aus 20 Nationen. Im Schreiben wird erklärt, dass der Papst durch sein Apostolisches Schreiben „Amoris laetitia“ und weitere damit verbundene Aussagen, Handlungen und Unterlassungen sieben häretische Positionen zur Ehe, dem moralischen Leben und dem Empfang der Sakramente vertreten und die Verbreitung dieser häretischen Meinungen in der katholischen Kirche verursacht hat. Diese sieben Häresien sind von den Unterzeichnern Lateinisch formuliert, der offiziellen Sprache der Kirche.

„Die Unterzeichner maßen sich kein Urteil über den Grad der Schuldhaftigkeit an, mit dem Papst Franziskus die sieben angeführten Häresien verbreitet hat. Sie bestehen aber respektvoll darauf, dass Papst Franziskus diese Häresien verurteilt, die er direkt oder indirekt vertreten hat. Die Unterzeichner erklären ihre Loyalität zur Heiligen Römischen Kirche, versichern den Papst ihres Gebetes und bitten ihn um seinen apostolischen Segen“, hieß es auf der Webseite.

Papst-Schreiben sorgte für Kontroverse

In der katholischen Kirche gibt es seit langem Streit über die Sexualmoral und darüber, ob wiederverheiratete Geschiedene die Kommunion empfangen dürfen. Das Papstschreiben „Amoris laetitia“ löste erneut eine innerkirchliche Debatte über den Umgang mit den Themen Ehe und Familie aus. Franziskus hatte in seinem Schreiben, das 2016 veröffentlicht wurde, zu mehr Barmherzigkeit aufgerufen und es den Ortskirchen angetragen, über Fälle individuell zu entscheiden. Grundsätzlich hält er an den katholischen Normen zur Ehe fest.

Die Kardinäle Walter Brandmüller, Raymond Leo Burke, Carlo Caffarra und Joachim Meisner baten Franziskus erst persönlich, dann im November vergangenen Jahres öffentlich um Klärungen hinsichtlich der Auslegung und Einordnung von „Amoris laetitia“. Dazu heißt es in der „Correctio“: Der Papst habe sich bisher geweigert, eine „positive Antwort“ auf die von den Kardinälen vorgelegten „Dubia“ zu geben.

religion.ORF.at/APA/KAP

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