Pflegeskandal: Orden „kannte Vorgeschichte nicht“

In der Causa der Pflegebediensteten, die nach Entlassung wegen mutmaßlichen Übergriffen auf Patienten eines niederösterreichischen Pflegeheims erneut in einem Wiener Heim Anstellung fanden, hat der Träger der Wiener Einrichtung Stellung bezogen.

Die Geschäftsführung des Hauses Pater Jordan in Wien-Donaustadt habe weder Kenntnis davon gehabt, dass die betreffenden Mitarbeiter im Pflegeheim Kirchstetten angestellt waren, noch dass ein laufendes Strafverfahren anhängig war, erklärte die Ordensgemeinschaft der Salvatorianer am Freitag in einer Aussendung.

Gegen mehrere ehemalige Pflegekräfte des Clementinums läuft bereits seit Oktober des Vorjahres ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft St. Pölten, bei dem es um den Verdacht des Quälens oder Vernachlässigens wehrloser Personen geht. Die fünf Beschuldigten sollen pflegebedürftige Menschen unflätig beschimpft, gedemütigt und gequält haben.

Leumundszeugnisse „einwandfrei“

Entgegen der Darstellung des Anwalts der beschuldigten Pfleger erklärten die Salvatorianer, das „Haus Pater Jordan“ habe bei deren Anstellung das Leumundszeugnis sowie andere beigestellte Unterlagen kontrolliert; diese seien einwandfrei gewesen, hieß es.

Die vorhergehende Tätigkeit im Pflegeheim Kirchstetten habe man dabei aus dem Lebenslauf nicht ersehen können. Der Orden bedauere zutiefst, dass das Haus Pater Jordan aufgrund der Abstellung zweier Mitarbeiter in die Schlagzeilen geraten sei.

Als das laufende Verfahren bekannt wurde, was dem „Kurier“ (Freitag-Ausgabe) zufolge im Sommer und durch einen Zufall geschah, habe die Geschäftsführung die Möglichkeit einer sofortigen Entlassung geprüft. Diese sei aber aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht möglich gewesen.

„Zusätzliche Qualitätskontrollen“

Man habe daher ab diesem Zeitpunkt „zusätzliche, engmaschige Qualitätskontrollen“ durchgeführt. Weiters habe man die Tätigkeit der betroffenen Mitarbeiter auch rückwirkend für den Zeitraum ab ihrer Aufnahme ausführlich kontrolliert, wobei jedoch keine Unregelmäßigkeiten - laut „Kurier“ teils sogar „ausdrücklich ein positiver Eindruck der Betreuung“ - festgestellt worden seien.

Der Salvatorianerorden werde die Behörden „selbstverständlich in jeder Hinsicht“ unterstützen. Nähere Informationen zum Thema dürften jedoch aufgrund des laufenden Verfahrens aus Datenschutzgründen nicht gegeben werden.

Beschuldigte bestreiten Vorwürfe

Die beiden tatverdächtigen Pfleger, die zunächst im Pflegeheim Clementinum in Kirchstetten sowie noch bis Wochenbeginn im Haus Pater Jordan tätig waren, bestreiten die Vorwürfe von folterähnlichen Methoden, mit denen sie allerdings von Zeugenaussagen schwer belastet werden. Sie wurden laut Medienberichten am Mittwoch wegen Tatbegehungsgefahr festgenommen, am Donnerstag jedoch wieder freigelassen mit der Auflage und ihrem Gelöbnis, bis zum Verfahrensende nicht mehr im Pflegebereich tätig zu sein.

Der Fall dürfte jedoch vielleicht auch ein politisches Nachspiel bekommen: Im Raum steht die Frage, ob im Pflegebereich bei Ermittlungen in derart gravierenden Vergehen ein zumindest vorübergehendes Berufsverbot ausgesprochen werden kann. Darüber hinaus wird auch ein bundesweites, für Rechtsträger ersichtliches Register diskutiert, in dem disziplinäre Maßnahmen gegen Pflegepersonal eingetragen werden.

Außerordentlicher Sprechtag

Die Wiener Pflegeanwältin Sigrid Pilz (Grüne) hat angekündigt, als Vorsitzende der Heimkommission am Freitag einen außerordentlichen Sprechtag im Haus Pater Jordan abzuhalten. Bewohnern und ihren Familien solle dabei die Gelegenheit gegeben werden, ihre Anliegen in geschützter Atmosphäre zu besprechen. Im Vorfeld zur Äußerung des Ordens hatte sie die Heimleitung dafür kritisiert, „Minimalstandards“ für das Aufnahmegespräch nicht eingehalten zu haben.

religion.ORF.at/KAP

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