Wahl: Kirchliche Verbände für starken Sozialstaat

Die katholische Frauenbewegung Österreichs und die katholische Sozialakademie plädieren im Vorfeld der Nationalratswahl für einen starken Sozialstaat. Ein solidarisches System stehe auf einem soliden Fundament.

Die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung Österreichs (kfbö), Veronika Pernsteiner, hebt in einem Beitrag für die aktuelle Ausgabe der Wochenzeitung „Die Furche“ hervor, dass der behauptete Notstand des österreichischen Sozialstaates konstruiert sei, denn in Wahrheit ist „genug für alle da“. Ein auf gerechtere Verteilung und mehr Geschlechtergerechtigkeit abzielendes Steuersystem sei nötig und „ein starker Sozialstaat ist möglich“, so ihr Befund.

„Existenzielle Grundsicherung“

Die Katholische Frauenbewegung ist Teil der vor einem Jahr gegründeten Plattform „Christlich geht anders“, die sich für mehr Solidarität in der Gesellschaft einsetzt. Großkonzerne und Millionenerben müssten angemessen zur Kasse gebeten werden, Arbeit dafür im Gegenzug niedriger besteuert und eine „Maschinensteuer“ eingehoben werden, schreibt die kfbö-Vorsitzende.

Maßnahmen wie eine Kürzung der Mindestsicherung wäre „dann nicht notwendig“, zudem könnte eine Unterhaltsgarantie für Alleinerziehende umgesetzt werden wie auch Investitionen in den Ausbau öffentlicher Infrastruktur. Zentrales Ziel ist für Pernsteiner die „existenzielle Grundsicherung“ für jeden. Dies gebiete die Menschenwürde.

Scharf kritisiert Pernsteiner „Hass und Hetze“, die sich in den vergangenen beiden Jahren besonders gegen jene gerichtet hätten, die in einer „neoliberal geprägten Wirtschaft und Gesellschaft“ zu kurz kommen. Frauen, Migranten und Flüchtlinge würden zu Sündenböcken gemacht, „an denen sich ‚Verängstigte‘ und Angstmacher in erster Linie abarbeiten“, kritisiert die Vorsitzende Katholischen Frauenbewegung.

Solidarisches Pensionssystem beibehalten

Lieselotte Wohlgenannt, Expertin der Katholischen Sozialakademie (ksoe), schrieb in einem Blogeintrag, dass ein Umlagen-finanziertes, d.h. auf Solidarität aufgebautes Pensionssystem wie in Österreich deutliche Vorteile gegenüber einem wesentlich auch privat bzw. betrieblich, durch Kapitalveranlagung gesicherten System aufweise. „Was wir sicher nicht brauchen, ist das, was die großen ‚Reformer‘ wollen: eine zumindest teilweise Verlagerung auf eine Kapitaldeckung.“

Welche negativen Folgen dies haben kann, habe sich im Zuge der Finanzkrise gezeigt, wies die Vordenkerin eines von Erwerbsarbeit unabhängigen Grundeinkommens auf die Entwicklung in Deutschland hin: Dort habe die gesetzliche Rente nicht mehr den Anspruch, allein den Lebensstandard im Alter zu sichern. Stattdessen sollen die Arbeitnehmer zusätzlich durch private und betriebliche Altersvorsorge die Lücke schließen; diese privat finanzierten Zusatzversicherungen werden durch staatliche Zulagen und durch Sonderabgabenabzug gefördert.

Höhere Pensionen als in Deutschland

In Österreich war 2003/04 - wie Wohlgenannt erinnerte - die Verlängerung des Durchrechnungszeitraumes von 15 auf bis zu 40 Jahren ein wesentlicher Reformansatz. Nach Berechnungen der OECD erhalten Durchschnittsverdiener in Österreich eine Pension in Höhe von 78 Prozent des Einkommens; in Deutschland hingegen weniger als 38 Prozent, ergänzt durch private Renteneinkünfte.

„Heute sind die mittleren Pensionen in Österreich um einige hundert Euro höher als die Renten in Deutschland, wo die kapitalgedeckten Beiträge auf Grund der Nullzinspolitik starke Einbußen erlitten haben“, erläuterte Wohlgenannt. Dies sollte sich mit zu erwartenden Veränderungen des Kapitalmarktes ändern. Sichtbar werde dabei jedenfalls, „dass die Hoffnung auf Sicherheit und Beständigkeit durch den Übergang zu Kapitaldeckungsverfahren Illusion sind“.

Gegen Ängsteschüren bei Pensionen

Die langjährige Mitarbeiterin der ksoe wandte sich gegen Medien und Meinungsbildner, die ihre Forderungen nach Pensionsreformen in Österreich mit dem Schüren von Ängsten verbinden: „Unser System sei nicht zukunftsfähig, die Generation der heute 40-Jährigen müssten heute zwar bezahlen, könnten selbst jedoch kaum auf eine entsprechende Alterssicherung hoffen.“ Dem hielt Wohlgenannt entgegen: Das Umlagen-finanzierte System in Österreich „steht auf einem soliden Fundament“. Es sei „besser und sicherer, weiter auf unser solidarisches System zu vertrauen, im Bereich der Pensionen wie auch darüber hinaus des gesamten Sozialversicherungssystems“.

Kardinal Christoph Schönborn rief am Freitag in seiner Kolumne für die Gratiszeitung „heute“ auf, vom Wahlrecht gebrauch zu machen. Eine Demokratie funktioniere nur, wenn möglichst viele daran teilnehmen, so Schönborn. „Dass Österreich ein lebens- und liebenswertes Land bleibt“, hänge nicht nur von der Politik ab, „es wird von uns allen mitbestimmt“. Eine Variante davon sei es zu wählen, wies der Wiener Erzbischof hin. „Wer sein Wahlrecht nicht gebraucht, versäumt eine Chance zur Mitgestaltung unseres Landes.“

religion.ORF.at/KAP

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