Kräutler setzt große Hoffnung in Amazonien-Synode

Der brasilianisch-österreichische Bischof Erwin Kräutler setzt große Hoffnungen in die von Papst Franziskus angekündigte Sonderbischofssynode zur Amazonas-Region.

„Unsere Freude ist übergroß und die Erwartungen selbstverständlich noch größer“, sagte der aus Österreich stammende emeritierte Bischof von Xingu am Donnerstag im Interview der katholischen Nachrichtenagentur Kathpress zu der Bischofsversammlung, die im Oktober 2019 in Rom stattfinden soll.

Die Synode werde sich „mit neuen Wegen und neuen Formen der Evangelisierung“ befassen und nach Antworten auf die regionalen ökologischen und sozialen Herausforderungen suchen. Angesichts der Klimaveränderung habe sie auch „weltweite Bedeutung“, erinnerte Kräutler an die Folgen der immer weiter voranschreitenden Zerstörung des Regenwaldes.

Kräutler setzte sich für Synode ein

Kräutler war von 1981 bis 2015 Bischof der flächenmäßig größte Diözese Brasiliens mitten im Amazonasgebiet. Der 78-Jährige ist weiterhin Sekretär der brasilianischen Bischöflichen Kommission für Amazonien und im länderübergreifenden kirchlichen panamazonischen Netzwerk REPAM (Rede Eclesial Panamazonica) tätig.

Das vom Lateinamerikanischen Bischofsrat CELAM, der Brasilianischen Bischofskonferenz und der Lateinamerikanischen Religiosenkonferenz CLAR gegründete Netzwerk dürfte bei der Vorbereitung der Bischofssynode eine wesentliche Rolle spielen. Das Projekt einer Amazonas-Synode war in den vergangenen Jahren von den Ortsbischöfen in der betroffenen Region - und hier besonders von Bischof Kräutler - mehrfach ins Spiel gebracht worden.

Pastorale Linien entwickeln

Durch die Synode sollten die „richtungsweisenden“ Worte des Papstes zu Amazonien und den Indigenen Völkern „konkrete Gestalt annehmen“, sagte Bischof Kräutler unter Verweis auf entsprechende Passagen in der Enzyklika „Laudato si“ und mehrere Ansprachen des Papstes während seiner bisherigen Lateinamerika-Besuche. „Das gesprochene oder geschriebene Wort soll in neuen Wegen der Evangelisierung, in entsprechenden pastoralen Linien und Prioritäten zum Ausdruck kommen.“

Bischof Erwin Kräutler

APA/Roland Schlager

Erwin Kräutler

Bedrohten Lebensraum in Amazonien verteidigen

Thematische Schwerpunkte sieht Kräutler vor allem in der Situation der indigenen Völker, der Zukunft sogenannter „eucharistieloser Gemeinden“ aber auch der Rolle der katholischen Kirche bei der Verteidigung des bedrohten Lebensraumes der Menschen in Amazonien. Dies sei jedoch keineswegs eine vollständige Auflistung. Aus Sicht des Bischofs belegt die Einberufung der Synode außerdem einmal mehr den Willen des Papstes zur Stärkung der Kollegialität des Episkopats.

Antworten der Kirche auf Herausforderungen wie in Amazonien könnten „nicht autoritär von oben herab gegeben werden“. Das kirchliche Lehramt habe „nicht von vornherein für alles und jedes eine fertige Antwort“. Franziskus wolle daher „Bischöfe, die vor Ort die Probleme hautnah erleben und die Realität aus eigener Erfahrung kennen in die Entscheidungsfindung miteinbeziehen“.

Art der Evangelisierung

So stelle sich etwa die Frage, welche Form der Glaubensverkündigung bei den Indigenen in Frage kommt, also eine Evangelisierung der indigenen Kultur oder eine Evangelisierung, die von der jeweiligen indigenen Kultur und ihren je eigenen Gotteserfahrungen ausgeht. Bei bereits christianisierten Völkern, so Kräutler weiter, gehe es darum, wie deren kulturellen Ausdrucksformen in der Eucharistiefeier und Spendung der Sakramente berücksichtigt werden sollen.

Hinzukomme die Bedrohung der Indigenen durch Großgrundbesitzer, Bergwerksgesellschaften, Goldsucher, Holzunternehmen oder den Bau von Wasserkraftwerken: „Wie kann sich die Kirche mehr zusammen mit den indigenen Völkern, und nicht anstelle dieser Völker, für die Verteidigung ihrer Rechte und ihrer Würde einsetzen?“, umreißt Kräutler diesen Bereich.

„Dolchstoß“ für Amazonien

Überhaupt gehe es um die Zukunft der Amazonasregion als Lebensraum. Amazonien erleide seit Jahrzehnten „einen Dolchstoß nach dem anderen“. Wirtschaftsunternehmen handelten vielfach ohne Rücksicht auf Natur und Bevölkerung. Weite Gebiete seien einer skrupellosen Brandrodung zum Opfer gefallen, Umweltverschmutzung wie die Verseuchung von Flüssen breite sich aus, so Kräutler. Auswirkungen habe dies vor allem auf die arme Bevölkerung.

Gerade in den Städten Amazoniens nehme aber auch der „Wegwerf-Wahnsinn“ immer mehr zu, sieht der Bischof insgesamt die von Papst Franziskus eingemahnte „humane Ökologie“ im Sinne einer wechselseitigen Beziehung zwischen den Menschen und ihrer Mit-Welt massiv gefährdet. Die Synode müsse daher beraten, wie die Kirche dem entgegentreten könne und was sie an Bewusstseinsbildung tun kann, „um Amazonien für seine Menschen und den Planeten zu retten“, so Kräutler: Dazu gehöre die Förderung einer ökologischen Spiritualität, die zu mehr Genügsamkeit anleitet.

„Horrender Priestermangel“

Lösungswege soll die Synode aus Sicht Kräutlers aber auch für die pastorale Lage angesichts eines „horrenden“ Priestermangels aufzeigen. In Amazonien könnten 90 Prozent der katholischen Gläubigen keine regelmäßige reguläre Sonntagsmesse feiern, obwohl das Zweite Vatikanische Konzil mehrfach unterstrichen habe, dass die Eucharistie der Mittelpunkt der christlichen Gemeinde ist, hielt der Bischof im Kathpress-Interview fest.

In vielen der kleinen „eucharistielosen Gemeinden“ hätten die Gläubigen keinen inneren Bezug mehr zur Eucharistiefeier. „Sie sehen kaum einen Unterschied zwischen ihren Wortgottesdiensten und dem Samstags- oder Sonntagskult der Evangelikalen“, sieht Kräutler darin einen Mitgrund für den Zulauf zu evangelikalen Gemeinschaften.

Diakoninnen statt Priester

Die in Brasilien versuchte Umverteilung von Priestern aus dem Süden des Landes in den Norden habe nur minimale Erfolge gebracht. Viele Geistliche aus dem Süden hätten große Probleme, sich im Kulturkreis Amazoniens einzuleben, so Kräutler. „Es geht um das ‚amazonische Gesicht‘ der Kirche und dies auch im Hinblick auf das Weihepriestertum.“ „Welche Form des priesterlichen Dienstes ist heute in Amazonien, insbesondere bei christlichen indigenen Völkern gefordert?“, ist für Kräutler daher eine der Fragen für die Amazonien-Synode.

Aus Sicht des Bischofs ist klar, dass es hier um die Frage nach den Zulassungsbedingungen zum Weihepriestertum gehen muss „und vermutlich auch zur Diakoninnenweihe, da die kleinen Gemeinden mehrheitlich von Frauen geleitet werden“, wie er sagte.

Erfahrene Gemeindeleiter einsetzen

„Vielleicht kann sogar der Vorschlag des emeritieren Bischofs Fritz Lobinger aufgegriffen werden“, verwies Kräutler auch erneut auf ein Modell des aus Deutschland stammenden langjährigen katholischen Missionsbischofs von Aliwal in Südafrika. Lobinger spricht sich darin dafür aus, dass Gemeinden ohne Priester durch ein „Team of Elders“, also in der Gemeindeleitung „Erfahrenen“, geleitet werden, und diese dann auch zu ordinieren, damit sie mit ihren Gemeinden Eucharistie feiern können.

religion.ORF.at/KAP

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