Van der Bellen bei Papst Franziskus: „Grüß Gott“

Bundespräsident Alexander Van der Bellen ist am Donnerstagvormittag von Papst Franziskus im Vatikan empfangen worden. „Grüß Gott“, sagte der argentinische Papst zu Beginn der Audienz in seiner Privatbibliothek.

„Ich spreche leider nur schlecht deutsch und brauche einen Dolmetscher“, entschuldigte sich Franziskus, der als junger Mann ein Jahr in Deutschland studiert hatte, zu Beginn des etwa 25 Minuten dauernden Gespräches. Der Bundespräsident zeigte sich danach aber äußerst angetan vom Meinungsaustausch mit dem katholischen Kirchenoberhaupt. „Die Mischung aus Intelligenz und Spiritualität hat mich beeindruckt.“

Von Intelligenz und Spiritualität beeindruckt

Vom Papst, den er als Nichtkatholik als „Repräsentanten einer ethisch und humanistisch orientierten Organisation“ schätze, könnten auch Politiker viel lernen, meinte Van der Bellen. „Er ist einer, der mit seinen Formulierungen Bilder schafft, die direkt ins Herz gehen. Das vermittelt eine Spiritualität, die man über die Jahre vermisst hat.“ Möglicherweise nehme er das aber auch vor allem persönlich so auf, räumte der frühere Universitätsprofessor ein, weil er als Wirtschaftswissenschaftler eher gelernt habe, nüchtern zu denken und analysieren.

Van der Bellen erinnerte erneut an ein von Franziskus verwendetes Zitat aus dem Matthäus-Evangelium: „Ich war fremd, und ihr habt mich aufgenommen.“ Schöner und kürzer könne man „die Frage der Annahme von Menschen in Not und ihre spätere Integration nicht formulieren“.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen bei Papst Franziskus im Vatikan

APA/HBF/Peter Lechner

Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Papst Franziskus

Brot als Gastgeschenk

Als Gastgeschenk brachte der Ex-Grünen-Chef drei Brotlaibe aus seiner engeren Heimat, dem Tiroler Kaunertal, mit. Der passende Brotkasten aus Holz wurde in einer geschützten Werkstätte ebenfalls im Kaunertal gefertigt. Beim Anblick des Brotes sagte Franziskus: „Das müsste man jetzt brechen und teilen“, tat es aber nicht. Er selber schenkte dem Bundespräsidenten einen bronzenen Olivenzweig sowie die deutsche Ausgabe seiner Schreiben „Evangelii Gaudium“, „Laudato si“ und „Amoris laetitia“. Van der Bellen reiste mit seiner Ehefrau Doris Schmidauer in den Vatikan.

Gespräch mit Parolin über Flüchtlinge

Das Thema Flüchtlinge habe er nach dem Treffen mit dem Papst auch mit dem Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin diskutiert, erzählte Van der Bellen. Gegenüber Journalisten zeigte sich der 73-Jährige auch verwundert, wie das Thema in Österreich behandelt werde. „Ich verstehe die Situation nicht. Wir hatten 2015 echte Probleme bei der Aufnahme und Versorgung“, so der Bundespräsident, seither seien die Asylanträge aber sukzessive deutlich zurückgegangen.

Es sei daher merkwürdig, dass die Sorgen und Ängste heute „eine größere Rolle spielen als bei der echten Krise 2015“. In dem Gespräch mit Franziskus sei in diesem Zusammenhang auch erwähnt worden, dass beide aus Migrantenfamilien stammten, erzählte Van der Bellen. Der Vater des Papstes war aus Italien nach Argentinien ausgewandert, Van der Bellens Familie stammt aus dem Baltikum.

Krisenherde Thema

Zudem seien beim Treffen mit dem Kardinalstaatssekretär auch Krisenherde wie die Ukraine, Afrika, die Subsahara-Region und Bosnien-Herzegowina ein Thema gewesen. Dort werde ein „Vakuum“ durch arabisch-türkische Institutionen gefüllt. "Das kann uns auf Dauer nicht recht sein. Mit dem Papst habe er außerdem die Thematik des Klimawandels besprochen, die diesem sehr am Herzen liege. „Die Katholiken sprechen da auch von der Bewahrung der Schöpfung. Das ist auch so ein Ausdruck, der ins Herz geht, nicht so kopflastig ist wie der Begriff Umweltschutz.“

Schmidauer ohne Schleier

Van der Bellen wurde gemeinsam mit seiner Frau Doris Schmidauer, die auf den bei Papst-Audienzen früher üblichen Schleier verzichtete, in Begleitung von Noch-Wirtschaftsminister und designiertem Wirtschaftskammer-Präsidenten Harald Mahrer (ÖVP) und dem Künstler Andre Heller empfangen.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen mit Doris Schmidauer bei Papst Franziskus im Vatikan

APA/AP/Alberto Pizzoli

Übergabe von Geschenken: Van der Bellen mit Ehefrau Doris Schmidauer bei der Papst-Audienz

Einladung nach Österreich

Van der Bellen lud Franziskus auch nach Österreich ein. Eine Visite des 80-jährigen Papstes sei in nächster Zeit aber wenig realistisch, räumte er hernach ein. „Er reist dort hin, wo es brennt.“ Das sei gewissermaßen ein Nachteil für Österreich. "Bei uns brennt nichts. Er verstehe, dass es für den Papst nicht dringend sei, ein EU-Land zu besuchen, wo es den Menschen verhältnismäßig gut gehe.

Der ehemalige Grünen-Politiker, der früher der evangelischen Kirche angehört hatte, aber seit Jahrzehnten konfessionslos ist, beendete seine Reise in den Vatikan bereits früher, als es ursprünglich vorgesehen war. Van der Bellen reist am Donnerstagabend nach Wien zurück. Der für Freitag geplante Besuch beim Souveränen Malteser-Ritter-Orden wurde ebenso auf Donnerstagnachmittag vorverlegt wie jener bei der insbesondere in Flüchtlingsfragen engagierten Gemeinschaft Sant’Egidio. Gestrichen wurden dafür Besichtigungen des Petersdoms und der Sixtinischen Kapelle.

religion.ORF.at/APA/KAP

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