Vatikan berät über Gefahren der Neurowissenschaft

Mit Neurowissenschaft, künstlicher Intelligenz und den Folgen dieser neuen wissenschaftlichen und technischen Entwicklungen für den Menschen befasst sich der Päpstliche Kulturrat seit Mittwoch in seiner jährlichen Vollversammlung.

Das mehrtägige Treffen, das noch bis Samstag dauert, steht unter dem Motto „Die Zukunft der Menschheit, neue Herausforderungen für die Anthropologie“. Die Anthropologie sei inzwischen vor allem von einem wissenschaftlichen Blickpunkt aus einer der „brennendsten Horizonte, in denen wir uns bewegen“, sagte der Präsident des Rates, Kardinal Gianfranco Ravasi, im Interview mit Radio Vatikan am Mittwoch.

Auswirkungen auf Ethik, Freiheit und Seele

Der Kulturrat will sich daher besonders mit Gentechnik, Neurowissenschaften und künstlicher Intelligenz befassen - „drei besonders heikle Bereiche“, laut Ravasi. Neurowissenschaften hätten „eindeutig Auswirkungen auf die persönliche Ethik, die Freiheit, den Willen, die moralische Qualität der Handlungen, die Seele und den Geist“.

Italienische Kardinal und Präsident des Päpstlichen Kulturrates Gianfranco Ravasi

APA/AFP PHOTO/Andreas Solaro

Laut Gianfranco Ravasi werden „besonders heikle Themen“ besprochen

„Eingriffe in die tiefste Identität“

Gentechnische Eingriffe in das Erbgut der Menschen bezeichnete der Kardinal als „Eingriffe in die tiefste Identität“. Im Kampf gegen genetische Krankheiten könnten sie hilfreich sein; es gelte jedoch immer genau abzuwägen: „Wir wissen: Wenn der Gebrauch der Biotechnologie sich ausweitet, kann diese nicht nur verbessern, sondern auch den menschlichen Genotypus radikal verändern, also das Modell des Menschen.“ Künftig könne auf diese Weise eine Ungleichheit zwischen gentechnisch „verbesserten Individuen“ und „normalen Menschen“ entstehen, so Ravasi.

An der dreitägigen Vollversammlung nehmen 27 Mitglieder des Kulturrats, darunter Kardinäle, Bischöfe und Laien sowie ebenso viele Berater - Männer wie Frauen - aus aller Welt teil. Zudem wurden mehrere Redner und Gäste geladen. Auch das rein weibliche Beratungsgremium des Kulturrats ist vertreten. Papst Franziskus empfängt die Teilnehmer zum Ende ihres Treffens am Samstag im Vatikan.

religion.ORF.at/KAP