Papst Franziskus würdigt Benedikt XVI. als „Meister“

Papst Franziskus hat seinen Vorgänger im Amt, den emeritierten Papst Benedikt XVI. (2005-2013) als „Meister und freundlichen Gesprächspartner“ aller, die auf der Suche nach der Wahrheit sind, gewürdigt.

Der 90-jährige Joseph Ratzinger sei nach wie vor ein Lehrmeister für alle, „die das Geschenk der Vernunft nutzen, um auf den Ruf der Menschen zur Suche nach der Wahrheit zu antworten“, sagte Franziskus am Samstag im Vatikan. Er würdigte Benedikt XVI. anlässlich der Verleihung des diesjährigen Ratzinger-Preises.

Papst Franziskus bei der Ratzinger-Preis Verleihung

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Papst Franziskus würdigt Benedikt XVI. als „Meister“

Privater Empfang bei Benedikt XVI.

Gemeinsam mit den Teilnehmern der Zeremonie wolle er dem Namensgeber des Preises herzlich und intensiv gedenken, der durch sein „Gebet und seine diskrete und ermutigende Präsenz“ alle auf dem gemeinsamen Weg unterstütze, so Franziskus. Benedikt selbst nahm nicht an der Zeremonie teil, hatte die Preisträger jedoch am Vortag privat im Vatikan empfangen.

Der Bonner Theologe Karl-Heinz Menke sagte im Interview mit „Kathpress“ am Samstag, das Treffen sei „sehr bewegend“ gewesen. Benedikt habe mit ihm und den weiteren Preisträgern über die Ökumene diskutiert, eine kleine Ansprache gehalten und seinen Segen erteilt.

Er habe „sehr gelöst und heiter“ gewirkt und sei geistig extrem fit gewesen: „Er hatte alle Namen und Daten präsent“. Natürlich sei Benedikt als 90-jähriger etwas gebrechlicher als früher, aber er habe ihn als „ungeheuer lebendig und frisch“ erlebt. Ähnlich äußerte sich Papst Franziskus in seiner Ansprache bei der Preisverleihung über Benedikts Wirken: „Sein Werk und sein Lehramt sind weiterhin ein lebhaftes und wertvolles Erbe für die Kirche und unseren Dienst.“

Preisträger aus drei unterschiedlichen Konfessionen

Mit Blick auf die diesjährigen Preisträger unterstrich Franziskus, dass sie drei unterschiedlichen christlichen Konfessionen angehören: Der Bonner Theologe Karl-Heinz Menke ist Katholik, der in Straßburg lehrende Theologe Theodor Dieter Protestant und der estnische Komponist Arvo Pärt orthodoxer Christ. Im Reformationsgedenkjahr habe die katholische Kirche 2017 „besonders bedeutende Momente der Begegnung und des gemeinsamen Wegs“ mit den Lutheranern erlebt.

Papst Franziskus mit Theodor Dieter bei der Ratzinger-Preis Verleihung

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Der protestantische Theologe Theodor Dieter nach der Preisverleihung

Alle drei Gewinner des auch als „Nobelpreis der Theologie“ bezeichneten Preises würdigte Franziskus für ihren Einsatz zur „Förderung der theologischen Forschung und ihren kulturellen Einsatz, genährt vom Glauben und einem auf Gott ausgerichten Geist“.

Die „Vatikanische Stiftung Joseph Ratzinger - Benedikt XVI.“ verlieh den Ratzinger-Preis am Samstag zum siebten Mal. Die Laudatio in der Sala Clementina des Apostolischen Palasts hielt der Präfekt des Päpstlichen Einheitsrates, der Schweizer Kurienkardinal Kurt Koch.

Würdigungen in der Laudatio der Preisverleihung

In der Laudatio bei der Verleihung des „Ratzinger-Preises“ beschrieb Kurienkardinal Kurt Koch den lutherischen Theologen Dieter als „stark engagiert im ökumenischen Dialog zwischen Lutheranern und Katholiken“. Besonders würdigte er Dieters Rolle bei der Erarbeitung der „Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre“ 1999 - einem zentralen Dokument in der Ökumene zwischen der evangelischen und katholischen Kirche.

Den katholischen Theologen Menke lobte Koch als „profunden Kenner des Denkens von Joseph Ratzinger“. Der Dogmatiker, der von 1990 bis zu seiner Emeritierung 2015 in Bonn lehrte, veröffentlichte mehrere Schriften zu Ratzinger, unter anderem die Monografie „Der Leitgedanke Josef Ratzingers“ (2008).

Erstmals ein Künstler unter den Ausgezeichneten

Mit Pärt erhielt erstmals ein Künstler die seit 2011 vergebene theologische Auszeichnung. Koch lobte den „eigenen Stil“ des international anerkannten Künstlers, dem es gelinge „aus den Tiefen der Stille heraus radikal die Sprache der Musik in der heutigen Zeit zu reformieren“.

Vertonung des „Vaterunser“ für eine Knabenstimme

Zum 60-jährigen Jubiläum der Priesterweihe Ratzingers 2011 schrieb Pärt eine Vertonung des „Vaterunser“ für eine Knabenstimme. Zum Ende der Preisverleihung spielte er das Stück auf einem Flügel, der lange Zeit im Besitz des emeritierten Papst Benedikt XVI. (2005-2013) war. Dazu sang ein 13-jähriger das „Vaterunser“ auf Deutsch.

Diese musikalische Einlage sei „vielleicht der Höhepunkt“ der Zeremonie gewesen, sagte Menke im Anschluss gegenüber Kathpress. „Es war mucksmäuschenstill im Saal, das war wohl Pärts Dank an den Papst und alle Teilnehmer. Ich bin jetzt noch ganz beglückt.“ Menke kündigte an, das mit der Auszeichnung verbundene Preisgeld in Höhe von 30.000 Euro für die Erstellung einer polnischen Gesamtausgabe der Werke Joseph Ratzingers zu spenden.

Ratzinger um Ökumene sehr verdient

Joseph Ratzinger hat als Theologe und dann als Präfekt der Glaubenskongregation entscheidende Fortschritte in der Ökumene bewirkt. Darauf hat einer der drei diesjährigen Ratzinger-Preisträger, der evangelische Theologe Theodor Dieter, am Samstag im Interview mit „Radio Vatikan“ hingewiesen.

Ganz konkret ökumenisch aktiv sei Joseph Ratzinger dann gewesen, als es um die Erklärung zur Rechtfertigungslehre ging, so der Leiter des Instituts für Ökumenische Forschung in Straßburg.

Der Prozess, in dem diese Erklärung von lutherischen Kirchen und auch von der römisch-katholischen Kirche angenommen werden sollte, sei gegen Ende in eine Krise geraten, und Joseph Ratzinger habe sich „außerordentlich intensiv und konstruktiv“ im Gespräch mit dem damaligen Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Johannes Hanselmann, und anderen „um eine Lösung bemüht“.

Diese finde sich nun im Annex zur Gemeinsamen Erklärung. Dieter wörtlich: „Joseph Ratzinger hat große Verdienste erworben für diese Gemeinsame Erklärung. Man kann sagen: Ohne ihn würde es diese Erklärung nicht geben.“

religion.ORF.at/KAP