Kardinal Ouellet verteidigt „Amoris laetitia“

Der Präfekt der vatikanischen Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet, hat das päpstliche Lehrschreiben „Amoris laetitia“ über Ehe und Familie in der Vatikan-Zeitung verteidigt.

Rund um das Schreiben gab es teils heftige Debatten vor allem um die Frage der Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene. „Für uns Bischöfe zeigt sich hier eine große offene Baustelle, wie die ‚pastorale Bekehrung‘ aussieht, die Franziskus (...) vorantreibt“, schreibt der Kanadier in einem Beitrag für die Vatikan-Zeitung „Osservatore Romano“ vom Mittwoch. Diese Bekehrung reiche „vom Papsttum bis in die Gemeinden im Geist der Mission, des Erbarmens und besonderer Aufmerksamkeit für die Armen“.

Kardinal Marc Ouellet

Reuters/Paul Hanna

Kardinal Marc Ouellet

„Nicht nur Disziplin betonen“

Im heutigen Übergang von christlichen zu säkularen, multireligiösen und pluralen Milieus, so warnt Ouellet, „reicht es nicht, nur die kirchliche Lehre und Disziplin zu betonen“. Damit riskiere man lediglich, „den Graben zu vertiefen zwischen der Gemeinschaft der Gläubigen und den zahlreichen Familien, die in Schwierigkeiten leben“ und nicht katholischen Normen eines Ehe- und Familienlebens entsprechen.

Papst Franziskus habe „den Mut und die Bravour, viel diskutierte Fragen neu anzugehen“ und einen Gesprächsprozess zu beginnen. Drei Begriffe markierten seine „pastorale Wende“, und zwar „begleiten, unterscheiden, integrieren“.

Viele Faktoren

Das „grundsätzlich Neue“ an „Amoris laetitia“ sei die Feststellung: Nicht alle, die in sogenannten irregulären Verhältnissen leben, befänden sich im Zustand schwerster Sünde ohne die Möglichkeit heilender Gnade, erklärt Ouellet. Das Ausmaß der Schuld eines Einzelnen hänge von vielen Faktoren ab - etwa von etwaiger Unwissenheit oder tatsächlichen Wahlmöglichkeiten. All das sei in Einzelgesprächen sorgsam zu klären.

Anleitung zur Seelsorge

Um „Amoris laetitia“ richtig zu verstehen, schreibt der Kurienkardinal, müsse man es als Anleitung zur Seelsorge im Sinne der geistlichen Übungen des heiligen Ignatius von Loyola (1491-1556) lesen. Es liege nahe, dass ein Jesuitenpapst für die Seelsorge seiner Kirche etwas anbietet, das vom Gründer seines Ordens entwickelt sei.

Der Kanadier Ouellet gilt im Vatikan als gemäßigt Konservativer und strammer „Ratzingerianer“. Eine solch ausführliche Interpretation des viel diskutierten Papst-Schreibens aus seiner Feder in der halboffiziellen Vatikanzeitung ist bemerkenswert.

religion.ORF.at/KAP

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