Evangelische Synode tagte zu Kinderwunsch und Luther

Die Generalsynode A. und H.B., das höchste gesetzgebende Gremium der Evangelischen Kirchen in Österreich, hat am Wochenende in Linz getagt. Thema waren etwa Fortpflanzungsmedizin und das Reformationsjubiläumsjahr 2017.

Reproduktionsmedizinische Entscheidungen wie künstliche Befruchtung, Präimplantationsdiagnostik, Pränataldiagnostik, Samenspende: „Vieles, was früher dem Zufall überlassen war, ist heute der Wahl bzw. einer bewussten Entscheidung anheimgestellt. Und die Frage ist: Wie können betroffene Paare gute und verantwortete Entscheidungen treffen? Dafür braucht es ethische Reflexion“, sagte der evangelische Theologe und Direktor des Instituts für öffentliche Theologie und Ethik der Diakonie (IöThE), Ulrich H.J. Körtner im Rahmen der Generalsynode am 8. und 9. Dezember.

Argumentarium zu Fortpflanzungsmedizin

Um Paare bei diesen reproduktionsmedizinischen Entscheidungen besser zu unterstützen, wurde von IöThE ein Argumentarium ausgearbeitet, das im Rahmen der Generalsynode den Mitgliedern des evangelischen „Kirchenparlaments“ am Samstag präsentiert wurde. Auf zwölf Seiten werden verschiedene ethische Positionen und Argumente zu In-vitro-Fertilisation, Präimplantationsdiagnostik und Pränataldiagnostik vorgestellt.

Theologe und Medizinethiker Ulrich H.J. Körtner bei der evangelischen Generalsynode im Dezember 2017 in Linz

epd/M. Uschmann

Theologe Ulrich H.J. Körtner (am Rednerpult) präsentiert das Argumentarium

Bei der Tagung am 8. und 9. Dezember kamen Delegierte der evangelisch-lutherischen und der reformierten Kirche aus ganz Österreich zusammen, wie die Kirchen in einer Aussendung des Evangelischen Pressedienstes für Österreich berichten.

Bünker zieht Bilanz über 2017

Ein zentrales Thema der Generalsynode war auch der Rückblick auf das Jubiläumsjahr. 2017 und 500 Jahre Reformation seien für die evangelischen Kirchen ein besonderes Geschenk gewesen, sagte der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker am ersten Tag der Synode.

„Wir haben dankbar erkannt, was uns an Einsichten und Impulsen nicht nur in der Kirche, sondern in der ganzen Gesellschaft durch die Reformation gegeben ist. Wir konnten das Jubiläumsjahr zum Anlass nehmen, über unseren Weg in die Zukunft nachzudenken“, so Bünker in Hinblick auf die Aktivitäten zum Reformationsjubiläum 2017.

Pfarren und Ehrenamt gestärkt

Am 31. Oktober 1517 hat der Theologe und Mönch Martin Luther 95 Thesen zur Erneuerung der Kirche veröffentlicht und damit weitreichende Umbrüche in allen Bereichen der Gesellschaft ausgelöst. Die drei Evangelischen Kirchen in Österreich – die lutherische, die reformierte und die methodistische – hatten das Jubiläumsjahr gemeinsam unter dem Motto „Freiheit und Verantwortung“ begangen.

Evangelische Generalsynode im Dezember 2017 in Linz, ua. mit Bischof Bünker

epd/M. Uschmann

70 Mitglieder nahmen an der Generalsynode teil

Vor den rund 70 Mitgliedern der Generalsynode sagte der Bischof in der oberösterreichischen Landeshauptstadt: „Mit den Schwerpunkten von Diakonie und Bildung sind Ur-Anliegen der Reformation in ihrer Bedeutung für heute erlebbar geworden." Das Netz der Pfarrgemeinden und die zahlreichen engagierten Ehren- und Hauptamtlichen seien in ihrer Bedeutung bestärkt worden, so die Bilanz des Bischofs.

Auch Nicht-Protestanten erreicht

Es sei auch gelungen, durch zahlreiche Ausstellungen und Veranstaltungen das Interesse an der weithin nicht bekannten Geschichte des Protestantismus in Österreich zu wecken. Die besondere Prägung des österreichischen Protestantismus durch den historischen Verlauf von Reformation und Gegenreformation sei dabei sichtbar geworden. Dabei sei es jedoch nicht nur um eine Rückschau gegangen, sondern auch um die Frage, „welchen Beitrag Evangelische inspiriert durch die Geschichte ihres Glaubens und seine Gegenwartsbedeutung zum Zusammenleben der Gesellschaft heute geben“.

Michael Bünker

APA/Georg Hochmuth

Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker beim Reformationsfest

Alles in allem hätten an den einzelnen Events in den Diözesen und Pfarrgemeinden mit Ausstellungen, Gesprächsabenden, Festen und vielem mehr über 100.000 Menschen teilgenommen. Der Bischof zeigte sich von der Resonanz der Veranstaltungen überwältigt. Einen besonderen Schwerpunkt habe auch das Jahr des Glaubens gesetzt. Die dafür erstellten Publikationen oder auch die Glaubenskurse würden auch in Zukunft nachhaltig wirken. Auf gesamtösterreichischer Ebene hob er unter anderem das Fest am Rathausplatz hervor, zu dem am 30. September rund 18.000 Menschen in Wien zusammengekommen sind.

Fortschritt in der Ökumene

Dass die drei evangelischen Kirchen die Feierlichkeiten zum Reformationsjahr gemeinsam geplant und durchgeführt haben, bezeichnete Michael Bünker in der Aussendung der epdÖ als „eine Besonderheit im europäischen Kontext.“ Diese Kooperation mache „Mut, weitere gemeinsame Schritte auf diesem Weg zu gehen.“ Auch der reformierte Landessuperintendent Thomas Hennefeld dankte für die erfolgreiche Zusammenarbeit.

Bischof Bünker verwies auch auf die Vertiefung des ökumenischen Prozesses mit der Römisch-katholischen Kirche, die bereits mit einer gemeinsamen Erklärung der evangelischen Kirchen und der katholischen Bischofskonferenz im November 2016 in Eisenstadt angestoßen worden war. Das alles „wäre noch vor einigen Jahren nicht denkbar gewesen.“ Auch wenn konkrete Schritte in Fragen des gemeinsamen Abendmahls oder der konfessionsverbindenden Ehe noch ausstünden, seien die „Voraussetzungen dafür deutlich besser als noch vor fünf Jahren.“

religion.ORF.at

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