Finanzprobleme in mehreren deutschen Diözesen

Die Unternehmensberatung Ernst & Young hat der Erzdiözese Hamburg nach dreimonatiger Prüfung einen Bericht geliefert, demzufolge die dortigen finanziellen Probleme schlimmer als befürchtet seien. Auch andere deutsche Diözesen stehen finanziell schlecht da.

Das berichtet die deutsche katholische Nachrichtenagentur KNA am Donnerstag. Die Überschuldung in Hamburg würde bis 2021 auf 353 Millionen Euro anwachsen, sollte alles so wie bisher laufen. Aktuell weise die Bilanz der Erzdiözese einen Fehlbetrag von 79 Millionen Euro auf.

Pensionen und Sanierungsstau

Hauptgrund dafür sei die Übernahme des katholischen Schulverbands mit seinen 21 Schulen, der mit ungedeckten Pensionsverpflichtungen die Schuldenlast deutlich erhöhte. Hinzu kommen ein Sanierungsstau bei vielen Kirchen und Gebäuden.

Laut Thomas Schüller, Professor für Kirchenrecht an der Uni Münster, ist Hamburg zwar aktuell die einzige überschuldete unter den 27 deutschen Diözesen. Dennoch gebe es weitere „Sorgenkinder“. Auch Magdeburg, Essen, Hildesheim und Mainz sieht der ehemalige Mitarbeiter der Diözese Limburg in der finanziellen Krise. Er war unter dem früheren Bischof Franz Kamphaus nicht nur Leiter der Rechtsabteilung, sondern auch Sparkommissar für die Kirchengemeinden.

„Ostbistümer“ bezuschusst

Magdeburg kämpfe mit hohen Altschulden und wird - wie alle „Ostbistümer“ - von den reicheren „Westbistümern“ bezuschusst. Essen mache eine große Deckungslücke bei der Altersversorgung zu schaffen. Hildesheim sei nach schmerzhaften Sparmaßnahmen zwar auf dem Weg der Besserung, habe aber weiter Aufstockungsbedarf beim Eigenkapital.

Als besonders prekär beschrieb Schüller die Lage in Mainz: Die Diözese habe 2016 einen Fehlbetrag von 18,6 Millionen Euro erwirtschaftet und rechne auch für das laufende Jahr wieder mit einem Minus. „Ein nicht ausgeglichener Haushalt ist sogar noch schlimmer als eine Überschuldung“, sagte Schüller. So gesehen stehe die Erzdiözese Hamburg noch gut da.

Sparmaßnahmen notwendig

Hamburg schloss bisher seine Jahreshaushalte mit einem leichten Plus ab. Das bedeutet auf lange Sicht die Möglichkeit, die Überschuldung abzubauen und den finanziellen Verpflichtungen, etwa für die Pensionen, nachzukommen. Dazu seien allerdings drastische Sparmaßnahmen notwendig.

In den vergangenen Jahren bereits in die Wege geleitet wurden die Zusammenlegung der Caritas-Verbände, die Erhöhung des Schulgelds an den katholischen Schulen sowie ein Stellenabbau im Generalvikariat. Doch damit können laut Ernst & Young 32 (neun Prozent) von insgesamt 353 Millionen Euro Schulden wieder aufgefangen werden. Die Planer schlagen daher vor, in den Pfarren Gebäude aufzugeben, Schulen und soziale Einrichtungen zu schließen sowie weitere „Strukturanpassungen“ vorzunehmen.

Erster Vorgeschmack

„Das ist ein erster Geschmack auf das, was allen Diözesen in den nächsten zehn Jahren bevorsteht“, sagte Schüller. Noch stünden reiche Diözesen wie Köln, Paderborn und München gut da. Doch über kurz oder lang würden auch dort die Mitgliederzahlen und damit die Einnahmen aus Kirchensteuern sinken.

Nach Schüllers Schätzungen müssen sich langfristig alle Diözesen von etwa einem Drittel ihrer Gebäude verabschieden, denn die Infrastruktur der Kirche sei zu groß geworden. Die aktuelle Vorgehensweise in Hamburg hält er für vorbildlich: „Es ist sehr vernünftig, externe Berater zu beauftragen und nun gemeinsam mit den Menschen gravierende Schritte einzuleiten.“

religion.ORF.at/KAP/KNA

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