Caritas warnt vor Einschnitten im Sozialbereich

Die Caritas hat am Dienstag in einer Aussendung vor Kürzungen im Sozialbereich gewarnt: Das ÖVP-FPÖ-Regierungsprogramm „schwächelt dort, wo es um armutsbetroffene Menschen geht“, so Caritas-Präsident Michael Landau.

„Wenn auch wichtige und sinnvolle Reformen etwa im Bereich der Pflege, der Pensionen oder im Hospizbereich angegangen werden, so bleibt am Ende der Lektüre doch ein Eindruck vorherrschend: Das 182 Seiten starke Regierungsprogramm schwächelt dort, wo es um armutsbetroffene Menschen geht – etwa um Alleinerziehende, um kinderreiche Familien und um arbeitslose Menschen“, so Landau.

Caritas-Präsident Michael Landau

APA/Helmut Fohringer

Caritas-Präsident Michael Landau

Bei Armen sparen ist teuer

Sein „dringender Appell an die neue Bundesregierung“ lautet: „Der Druck auf jene, die heute bereits am stärksten von Armut betroffen sind, darf in Zukunft nicht noch weiter steigen! Teurer als bei armutsbetroffenen Menschen kann man nicht sparen. Als Caritas hätten wir uns anstelle von Kürzungen bei den Schwächsten ein stärkeres Bekenntnis zur Armutsbekämpfung gewünscht.“

Zusammenhalt und Zuversicht

Was es jetzt brauche, seien Zusammenhalt und Zuversicht und „so etwas wie ein erneuertes Solidaritätsversprechen für Österreich und Europa“, so die Aussendung. Landau: „Gemeinsam mit anderen werden wir in den nächsten Wochen und Monaten jedenfalls genau darauf achten, dass die Würde des Menschen der Ausgangspunkt jedweder politischen Entscheidung bleibt – ganz gleich, ob es um die Themen Arbeit und Bildung oder um leistbares Wohnen und den Umgang mit geflüchteten Menschen geht. Die Würde des Menschen ist unteilbar.“

Schwache und Starke vertreten

Daher müsse auch die nächste Bundesregierung eine Regierung sein, „die alle Menschen in diesem Land – die Schwachen und die Starken – nach bestem Wissen und Gewissen repräsentiert und vertritt.“ Den verantwortlichen Politikerinnen und Politikern wünscht Landau für ihre bevorstehende Aufgabe alles Gute: „Für uns als Caritas ist entscheidend, wie sich die angekündigten Maßnahmen auf die Schwächsten in unserem Land und darüber hinaus weltweit auswirken. Daran und an nichts anderem werden wir die Taten der neuen Bundesregierung messen.“

Diakonie sorgt sich um arme Kinder

Auch Diakonie-Direktor Michael Chalupka hat in der „ZiB2“ am Montagabend besorgt gezeigt über das Sozialprogramm der neuen Regierung. Wenn die Mindestsicherung bei kinderreichen Familien mit 1.500 Euro gedeckelt wird, dann nehme das vor allem den Kindern die Chance, jemals aus der Armut herauszukommen.

In die gleiche Kerbe schlägt auch der Wiener Pastoraltheologe Paul Zulehner. „Wovon sollen Familien mit mehreren Kindern in der zweiten Monatshälfte leben?“, fragt er in einem Blog-Eintrag. Zulehner fordert mehr „wirkliche Familienfreundlichkeit“ ein. Zwar bekenne sich die Regierung in ihrem Programm zu Familienfreundlichkeit, wenn es etwa heißt: „Neben einer zielgerichteten Förderung von Familien mit niedrigem Einkommen sollen die Familien künftig durch ein familiengerechtes Steuermodell gefördert werden.“

Ärmere Eltern weniger gefördert

Doch durch mehrere der beabsichtigten Maßnahmen werde laut Zulehner genau das Gegenteil erreicht. So verdiene etwa nur das einkommensstärkste Drittel der Österreicher so viel, dass es in den Genuss des „Steuerbonus für Kinder“ komme. Das Resümee des Theologen: „Je ärmer die Eltern sind, desto geringer fördert die neue Regierung ihre Kinder. Sollte es nicht gerade umgekehrt sein?“

Paul Zulehner

Kathbild/Franz Josef Rupprecht

Pastoraltheologe Paul Zulehner

Auch mit den Asylplänen der Regierung hat Zulehner keine Freude. Etwa, dass die Bedarfsorientierte Mindestsicherung für Asylberechtigte in den ersten fünf Jahren nur 365 Euro plus 155 Euro - wenn sie allen vorgeschriebenen Integrationsmaßnahmen nachkommen - beträgt. Außerdem: „Ob es wirklich verfassungskonform ist, den Asylsuchenden Geld und Handy abzunehmen?“ Er hoffe sehr, so der Theologe, dass der Verfassungsgerichtshof diese „Eingriffe in die Privatsphäre“ unterbinden werde.

Konkrete EZA-Maßnahmen notwendig

Der NGO-Dachverband „AG Globale Verantwortung“ hat in einer Aussendung am Dienstag die Absichten der Regierung hinsichtlich der Entwicklungszusammenarbeit in den Blick genommen. Im kurzen Kapitel zur Entwicklungspolitik im neuen Regierungsprogramm bekenne sich die Regierung zum Ausbau und der Effizienzsteigerung der Entwicklungspolitik, konkrete Maßnahmen bleibe sie aber schuldig, hieß es.

„Wir erwarten uns daher von der Regierung einen langfristigen Plan und eine Konkretisierung, wie Österreich zur internationalen Verpflichtung, Armut zu bekämpfen, beitragen will.“ Das begrüßenswerte Bekenntnis zum weltweit vereinbarten Ziel, 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens für Entwicklungshilfe zur Verfügung zu stellen, erfordere ebenfalls eine Konkretisierung, nämlich einen klaren Stufenplan für die nächsten Jahre.

Konkrete Zahlen nötig

Auch die im vorliegenden Regierungsprogramm festgeschriebene und positiv zu bewertende Erhöhung des Auslandskatastrophenfonds müsse im kommenden Budgetbeschluss mit konkreten Zahlen festgeschrieben werden. „Aufgrund der vielfältigen Krisen wäre eine sofortige Erhöhung auf 60 Millionen Euro ein Gebot der Stunde“, so betont Annelies Vilim, Geschäftsführerin des Dachverbands, dem u. a. Caritas, Diakonie, die Katholische Aktion mit zahlreichen Mitgliederorganisationen oder die Katholische Sozialakademie angehören.

Österreich sollte zudem die EU-Ratspräsidentschaft 2018 nützen, um mit einem Zukunftspakt mit Afrika ein klares Signal auszusenden, so Vilim abschließend: „Wer eine gute Zukunft für Österreich will, muss die Welt im Blick haben.“

religion.ORF.at/KAP

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