Asyl: Oberkirchenrat nennt Glaubensprüfung „absurd“

Der evangelische Oberkirchenrat Karl Schiefermair hat die Glaubensprüfungen im Asylverfahren kritisiert. Diese würden „immer absurder“. Weil die Fragen zu schwer seien, würden Asylanträge wegen mangelnden Wissensstandes der Konvertierten abgelehnt.

„Fragen, die bei den Interviews gestellt werden, können 90 Prozent der österreichischen Evangelischen nicht beantworten“, so Schiefermair, Mitglied der Kirchenleitung in einer Aussendung des Evangelischen Pressedienstes (epdÖ).

So werde etwa nach den Unterschieden von Evangelisch A.B. und H.B., nach den Namen der Jünger, was man unter „Dreifaltigkeit“ verstehe, seit wann in der Evangelischen Kirche in Österreich Frauen ordiniert würden oder auch wie viele Sakramente es gebe - und zwar in der Freikirche, kritisiert der Evangelische Oberkirchenrat A.B.

„Kirche entscheidet über Taufe, nicht Staat“

„Hier ist ein Stadium erreicht, das uns Sorge macht“, so Schiefermair. Immer wieder würden Asylanträge abgelehnt, weil die Asylwerber nicht alle Fragen beantworten können. Ihnen werde dann wegen mangelnden Wissenstandes eine Scheinkonversion unterstellt.

Für Schiefermair geht diese Entwicklung zu weit: Schließlich habe die Frage über die Rechtmäßigkeit der Taufe die Kirche zu entscheiden und nicht der Staat, heißt es in der Aussendung des epdÖ. „Jeder Pfarrer und jede Pfarrerin hat die seelsorgerliche Verantwortung, die Ernsthaftigkeit des Taufwillens zu prüfen und zu bestätigen“.

209 Flüchtlinge getauft

In den vergangenen Wochen erhob die Evangelisch-lutherische Kirche in einer Online-Umfrage, wie viele Pfarrgemeinden mit Asylberechtigten bzw. Asylwerbern als Taufwerber konfrontiert sind. 128 Pfarrgemeinden haben sich an der Umfrage beteiligt, in 76 davon sind Asylwerber bzw. Asylberechtigte als Gemeindeglieder oder Taufwerber ein Thema.

Evangelische Oberkirchenrat Karl Schiefermair

epd/M.Uschmann

Evangelische Oberkirchenrat Karl Schiefermair

Insgesamt berichten die Pfarrgemeinden von rund 780 Asylwerbern bzw. Asylberechtigten, rund zwei Drittel davon sind bereits getauft, ungefähr ein Drittel sind Taufwerber, die den einjährigen Taufunterricht erhalten. Österreichweit wurden nach dieser Umfrage heuer 209 Asylwerber bzw. Asylberechtigte getauft.

Gemeinden ergänzt und erneuert

In den Pfarrgemeinden selbst komme es durch die Integration von Menschen auf der Flucht zur „Erneuerung und Ergänzung der Kerngemeinde“, wird Schiefermair in der Aussendung zitiert. Gleichzeitig wirke sich dies auch auf die Gestaltung von Gottesdiensten aus, wenn Lesungen etwa auch in Farsi gehalten würden. Manche Gottesdienste würden durch die neue Situation auch „offener und verständlicher“.

Die neuen Gemeindeglieder bzw. Taufwerber beteiligen sich am Gemeindeleben, helfen bei der Gestaltung von Festen oder etwa Flohmärkten mit und engagieren sich bei verschiedenen Aktivitäten im Gemeindeleben, in der Jugendarbeit ebenso wie in der Netzwerkarbeit für andere Flüchtlinge. „Es ist beeindruckend, in welcher Fülle und Breite hier Integrationsarbeit passiert“, so Schiefermair.

„Wertvolle Integrationsarbeit“ unbemerkt

In zahlreichen evangelischen Pfarrgemeinden gebe es vielfältige Aktivitäten für die Integration von Flüchtlingen, die von der Öffentlichkeit weitgehend „nicht bemerkt und auch nicht gewürdigt“ werden, merkte Schiefermair an.

Dass sich das Klima gegenüber Menschen auf der Flucht seit 2015 verschlechtert habe, könne Schiefermair, der in der Kirchenleitung unter anderem für das Ressort Diakonie zuständig ist, nicht bestätigen. Im Gegenteil: „Ich weiß, dass auch im Diakonie Flüchtlingsdienst die Zahl der Ehrenamtlichen eher steigt als fällt.“

Studientag für Pfarren

„Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter helfen in den Pfarrgemeinden beim Dolmetschen, bei der Begleitung zu Gerichtsterminen, beim Deutschunterricht, bei der Suche nach Wohnraum oder im sozialen Bereich“, heißt es in der Aussendung des epdÖ. Als massives Problem würden die Umquartierungen erlebt, wenn bereits integrierte Flüchtlinge in andere Städte oder Bundesländer verlegt werden bzw. aus eigener Entscheidung dorthin ziehen und so aus der gewohnten Betreuung herausfallen.

Die Integrationsarbeit in den Pfarren wird fortgesetzt. Mehr Austausch und Vernetzung zwischen den Pfarrgemeinden, die Menschen auf der Flucht betreuen, soll nun ein Studientag bringen, der im März in Wien stattfinden soll.

religion.ORF.at

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