Missbrauchsverfahren gegen Kardinal: Zeuge tot

Nach dem Tod eines der Hauptzeugen ist unklar, wie es im Missbrauchsverfahren gegen den australischen Kurienkardinal George Pell weitergeht. Der Zeuge Damian Dignan erlag zu Wochenbeginn seiner Leukämieerkrankung.

Dignan hatte im März 2016 mit einem TV-Interview die Ermittlungen gegen Pell ins Rollen gebracht. Der heute 76-jährige Pell - er lässt für die Dauer des Verfahrens sein Amt als oberster Finanzverwalter des Vatikan ruhen - soll vor Jahrzehnten als Priester in Ballarat drei Buben in einem Schwimmbad sexuell belästigt haben. Details der Anklage wurden noch nicht veröffentlicht. Die mutmaßlichen Opfer sind die Hauptzeugen in dem Verfahren.

Mehrere Anschuldigungen

Dignan hatte angegeben, Pell habe im Schwimmbad seine Genitalien angefasst. Ein ehemaliger Staatsanwalt aus Melbourne, Nicholas Papas, sagte der australischen Ausgabe der Zeitung „The Guardian“, der Tod eines Zeugen sei grundsätzlich „eine ernste Angelegenheit“ und könne entscheidend dafür sein, ob „ein Verfahren weitergeht oder nicht“.

Kardinal George Pell

Reuters/Handout

Nach dem Tod eines der Hauptzeugen gegen Kardinal Pell (Bild) ist die Fortführung des Prozesses fraglich

Bei einem Gerichtstermin am Mittwoch in Melbourne wurde bekannt, dass die Anwälte Pells umfangreiche Interviews und Videoaufnahmen erhalten haben. Die Gespräche wurden von der ABC-Journalistin Louise Milligan mit Personen angefertigt, die den Kardinal des sexuellen Missbrauchs beschuldigen. Milligan ist Autorin eines Buches, das vor der Anklage Pells erschienen war.

Heilkes Buch zur Causa

Ein Anwalt teilte laut Medienberichten mit, dass der Sender ABC und Milligan dem Verteidigerteam eine Festplatte mit den Recherchedokumenten übergeben hätten. Damit seien sie einer Forderung der Anwälte des ehemaligen Erzbischofs von Melbourne nachgekommen. Der Verlag hatte Milligans Buch nach der Anklageerhebung im Juni 2017 aus dem Handel genommen.

Nach dem Gerichtstermin am Mittwoch soll der Prozess gegen Pell nun im März mit einer voraussichtlich vierwöchigen Anhörung fortgesetzt werden. Danach muss das Gericht entscheiden, ob die Beweislage für die Eröffnung des Hauptverfahrens ausreicht.

In Australien ist noch ein weiteres Verfahren gegen einen hochrangigen Kirchenvertreter anhängig. Erzbischof Philip Wilson (67) von Adelaide wird vorgeworfen, Missbrauchsfälle nicht bei der Polizei angezeigt zu haben.

religion.ORF.at/KAP/KNA

Mehr dazu: