Papst bittet in Chile um Verzeihung für Missbrauch

Papst Franziskus hat zum Auftakt seines Besuchs in Chile Opfer und Angehörige von Missbrauch durch Geistliche in Chile um Verzeihung gebeten.

Das brachte er in einer Ansprache vor Vertretern von Regierung, Gesellschaft und dem Diplomatischen Corps am Dienstag im Präsidentenpalast La Moneda der chilenischen Hauptstadt Santiago vor. Außerdem forderte er die alte und neue Regierung des Andenstaates dazu auf, sich stärker für die Jugend und die indigenen Völker des Landes einzusetzen.

„Schmerz und Scham“

„Ich kann nicht umhin, den Schmerz und die Scham zum Ausdruck zu bringen, die ich angesichts des nicht wieder gutzumachenden Schadens empfinde, der Kindern von Geistlichen der Kirche zugefügt worden ist“, sagte Franziskus. Für diese Aussage erhielt der Papst spontan langen Beifall. Zusammen mit den Bischöfen des Landes wolle er die Opfer „mit allen Kräften unterstützen“ und sich „dafür einsetzen, dass sich das nicht wiederholt“.

Papst Franziskus und die chilenische Präsidentin Michelle Bachelet

APA/AP/Alessandra Tarantino

Papst Franziskus und die chilenische Präsidentin Michelle Bachelet

Zu Beginn des Papst-Besuchs hatte es am Montagabend am Fahrtweg des Papstes Demonstrationen gegen sexuellen Missbrauch in der Kirche gegeben. Kurz vor dem Papstbesuch hatte eine Website die Namen 80 katholischer Geistlicher veröffentlicht, denen angeblich sexueller Missbrauch vorgeworfen wird. In der im Süden Chiles gelegenen Diözese Osorno kommt es zudem seit mehr als einem Jahr immer wieder zu Protesten gegen den Ortsbischof Juan Barros, dem vorgeworfen wird, Fälle von Kindesmissbrauch vertuscht zu haben.

Indigene „oft vernachlässigt“

In Anwesenheit von Staatspräsidentin Michelle Bachelet wie auch ihres bereits gewählten Nachfolgers Sebastian Pinera forderte Franziskus in seiner Rede die Regierung dazu auf, dafür zu arbeiten, dass Demokratie keine Formalie bleibe, sondern zu einem Ort werde, an dem „alle ohne Ausnahme“ mitbauen könnten. Die Zukunft des Landes liege „großenteils in der Fähigkeit des Zuhörens“. Besonders Arbeitslose, indigene Völker, Migranten, sowie Junge und Alte müssten gehört werden.

Gerade die alteingesessenen Völker seien „oft vernachlässigt“ worden, meinte Franziskus mit Blick auf die Indigenen. „Ihre Rechte müssen beachtet und ihre Kultur geschützt werden, damit nicht ein Teil der Identität und des Reichtums dieser Nation verloren geht“, führte der Papst in seiner Ansprache aus.

Von Weisheit indigener Völker lernen

Mit Blick auf Ökologie und nachhaltige Entwicklung sagte Franziskus, von der Weisheit der alteingesessenen Völker könne man lernen, „dass es keine Entwicklung für ein Volk gibt, das der Erde den Rücken kehrt und allem und allen, die sie umgeben“.

Junge Frauen mit Transparent in Santiago de Chile anlässlich des Papst-Besuchs

APA/AP/Natacha Pisarenko

Pilgerinnen warten im O’Higgins-Park in Santiago, Chile auf den Papst

Hier seien Kühnheit und Widerstand gegen den Vormarsch eines „technokratischen Paradigmas“ geboten, „das das Eindringen mächtiger wirtschaftlicher Interessen in unsere natürlichen Ökosysteme und folglich in das Gemeinwohl unserer Völker privilegiert“, so der Papst. In Chile kommt es zwischen den stark ökologisch ausgerichteten Indigenen und Wirtschaftsinteressen in- und ausländischer Unternehmen immer wieder zu teils gewaltsamen Konflikten.

Junge Menschen vor Drogen schützen

Der Papst mahnte die Verantwortlichen zudem, junge Menschen vor der „Geißel der Droge“ zu schützen und ihnen bessere Chancen zu ermöglichen, „besonders auf dem Gebiet der Bildung“. Das chilenische Bildungssystem, das oftmals nur Kindern reicher Familien zugute kommt, steht seit langem in der öffentlichen Kritik.

Vor seiner Rede hatte Franziskus neben der bisherigen Präsidentin Bachelet ihren neu gewählten Nachfolger Sebastian Pinera eigens persönlich begrüßt. In seiner Ansprache sagte er: „Die jüngsten politischen Wahlen haben die Festigkeit und die gesellschaftliche Reife gezeigt, die das Land erreicht hat.“

Erinnerung an dunkle Zeiten

Dabei erinnerte er auch an die dunklen Zeiten in der Geschichte Chiles, das im Februar dieses Jahres 200 Jahre Unabhängigkeit feiert. Die Entwicklung einer Demokratie habe Chile einen nachhaltigen Fortschritt beschert, so der Papst. Zugleich mahnte er, dass soziale und politische Erfolge nie selbstverständlich seien, sondern stets neu errungen werden müssten.

religion.ORF.at/KAP

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