93-Jähriger wurde neuer Präsident der Mormonen

Russell M. Nelson (93) ist neuer Präsident der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (HLT). Das teilte die Glaubensgemeinschaft am Dienstag in Salt Lake City (Utah) mit.

Nelson ist Nachfolger von Thomas Monson, der am 2. Jänner mit 90 Jahren gestorben war. Als Präsident wird er eine Gemeinschaft von weltweit etwa 16 Millionen Gläubigen anführen. Nelson gehört der Mormonen-Spitze, dem Kollegium der Zwölf Apostel, seit 1984 an. In seinem bürgerlichen Beruf war der Mediziner lange als Hochschullehrer und Chirurg tätig. Der zum zweiten Mal verheiratete neue Mormonen-Chef ist Vater von zehn Kindern aus erster Ehe.

In den vergangenen Jahrzehnten hatte er bereits mehrere Leitungspositionen in der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage, der größten mormonischen Glaubensgemeinschaft, inne, berichteten Kathpress und APA am Mittwoch. Nelson wurde 1924 in Salt Lake City geboren und konvertierte mit 16 zu den HLT. Der Präsident übt sein Amt auf Lebenszeit aus.

Der neue Präsident der Mormonen, Russel M. Nelson neben seiner Frau Wendy

Reuters/George Frey

Russell M. Nelson, neuer Präsident der Mormonen, mit seiner Frau Wendy

Traditionelle Lehren fortsetzen

Der 93-jährige frühere Herzchirurg deutete an, an der traditionellen Rolle von Frauen in der Gemeinschaft nichts ändern zu wollen. Frauen und LGBT-Personen sind seit Jahren Themen in der Gemeinschaft. In Bezug auf die Anliegen von LGBT (Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender) sagte Nelson laut AP, er verstehe das so, dass es hier „Herausforderungen bezüglich der Gebote Gottes und die Herausforderung gebe, würdig zu sein“.

„Gott liebt seine Kinder und wir lieben sie und es gibt Platz für alle, egal um welche Herausforderungen es geht“, so Nelson. Die Mormonen hatten ihre Mitglieder immer wieder zu Empathie mit LGBT aufgerufen und sie willkommen geheißen. Gleichzeitig lehnen sie die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare und homosexuelle Beziehungen grundsätzlich ab.

„Liebe und Gesetz Gottes“

Dallin H. Oaks, einer von zwei Beratern, die Nelson sich aus dem Kreis des „Kollegiums der Apostel“ ausgewählt hat, fügte hinzu, dass die Leitung die Verantwortung habe, Liebe zu predigen, aber auch die Gebote Gottes. „Wir haben die Liebe Gottes, aber auch die Gesetze Gottes bekommen“, so Oaks.

Der Mormonenpräsident wird von den Mitgliedern als Prophet, Seher und Offenbarer betrachtet. Nelson hat nicht vor, an den traditionellen Geschlechterrollen etwas zu ändern. Er findet die Rolle der Frauen in den derzeitigen Kirchenstrukturen gut so. „Wir brauchen ihre Stimmen, wir brauchen ihren Input und wir lieben ihre Teilhabe“, sagte Nelson.

Leitung nicht repräsentativ

Die Gemeinschaft sieht sich mit Forderungen nach einer Öffnung der Leitungsgremien für Frauen, nicht-weiße Personen und Nicht-Amerikaner konfrontiert. Kritiker sagen, diese Auswahl sei nicht repräsentativ. Denn alle die „Apostel“ sind weiße, in Amerika geborene Männer, mit Ausnahme eines in der Tschechoslowakei geborenen US-Bürgers.

Die Glaubensgemeinschaft geht auf den US-Amerikaner Joseph Smith (1805-1844) zurück. Dieser berichtete, ihm sei in mehreren Visionen ein Himmelsbote namens Moroni erschienen, der ihm verborgene Goldplatten offenbarte. Diese enthielten das in „reformiertem Ägyptisch“ geschriebene „Buch Mormon“, das Smith anschließend ins Englische übersetzt haben soll.

Kein Dreifaltigkeitsglaube

In ihrer frühen Zeit erfuhren die Mormonen unter anderem deshalb heftige Ablehnung und Verfolgung, weil sie die Vielehe (Polygamie) praktizierten. Diese wurde von der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage allerdings im Jahr 1890 wieder aufgegeben.

Die Inhalte des Mormonenglaubens sind zwar an christliche Glaubenslehren und die Bibel angelehnt, doch sind die Unterschiede so bedeutsam - vor allem in der mormonischen Ablehnung der Dreifaltigkeitslehre -, dass die Religion meist nicht als dem Christentum zugehörig betrachtet wird. Mormonen selbst verstehen sich durchaus als christlich.

In Österreich, wo es rund 4.000 Mormonen gibt, wurde die erste Gemeinde 1901 gegründet, die Anerkennung als Kirche erfolgte hierzulande 1955.

religion.ORF.at/AP/APA/KAP/AFP

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