Toleranzpreis für Kultusgemeinde-Präsident Feingold

Marko Feingold, Zeitzeuge und Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg, erhält am 20. Jänner in Salzburg den 17. Toleranzpreis der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste.

Gewürdigt werden damit die Verdienste um Toleranz und Dialog. Feingold macht sich bis heute im hohen Alter von 104 Jahren für eine aktive Erinnerungskultur stark. „Zu jemandem wie mir, der das alles mitgemacht hat, kann man nicht sagen: ,Das ist erfunden!’ Ich bin der lebendige Beweis“, erklärte Feingold in den „Salzburger Nachrichten“ (Donnerstag-Ausgabe).

Kontakt zu Zeitzeugen wichtig

Im besten Fall würden die Jugendlichen nach einer Begegnung ihre antisemitischen Ansichten überdenken. Gerade für Teenager, die in einem schwierigen oder rechtsgerichteten Umfeld aufwachsen, sei der direkte Kontakt zu Zeitzeugen wichtig, so Feingold.

Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg, Marko Feingold

APA/Helmut Fohringer

Zeitzeuge Marko Feingold

Marko Feingold wurde am 28. Mai 1913 in Besztercebanya/Neusohl (heute Slowakei) geboren und wuchs in der Wiener Leopoldstadt auf. 1939 wurde er verhaftet und ins KZ Auschwitz deportiert, überlebte dann auch die KZ Neuengamme, Dachau und Buchenwald. Nach 1945 ließ er sich in Salzburg nieder, wo er ein Modegeschäft eröffnete und bereits von 1946 bis 1947 sowie später ab 1979 Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde war und diese Funktion weiter ausübt.

Aktiv im interreligiösen Dialog

In unzähligen Schulen und Pfarren trat Feingold als Zeitzeuge über den Holocaust und seine Erlebnisse in den Konzentrationslagern auf und ist aktiver Teilnehmer im interreligiösen Dialog. Aufsehen erregte Feingold u. a. im Februar 2014 mit seinem Besuch bei einem 21-Jährigen in Untersuchungshaft, der zuvor die Synagoge beschädigt und Stolpersteine beschmiert hatte. Angesichts der Flüchtlinge im Herbst 2015 erinnerte Feingold in den „Salzburger Nachrichten“ auch daran, dass 1945 in Europa 15 Millionen Juden auf der Flucht waren, „weil ihre Heimatländer sie nicht zurücknehmen wollten“.

Am Samstag den 20. Jänner 2018 wird Feingold, knapp 20 Jahre nach der ersten Verleihung, mit dem renommierten Toleranzpreis, der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste ausgezeichnet. Die Laudatio hält Erzabt Korbinian Birnbacher von St. Peter. Vorhergehende Preisträger sind u.a. Teddy Kollek, Jerusalem; Kardinal Franz König, Wien und Kardinal Karl Lehmann, Mainz.

Einende Sorge um Gerechtigkeit

Feingold war bereits am vergangenen Wochenende Ehrengast eines Salzburger Studiennachmittages über „Gerechtigkeit als Anspruch“ gewesen, zu dem die Theologische Fakultät, die Kirchliche Pädagogische Hochschule, das Ökumenereferat der Erzdiözese und das Zentrum Theologie Interkulturell & Studium der Religionen eingeladen hatten.

Anlässlich des von den christlichen Kirchen am 17. Jänner begangenen „Tags des Judentums“ zeigten Experten dabei auf, dass die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit und Ethik ein gemeinsames Anliegen von Christen und Juden ist. Die Bergpredigt und später die christliche Soziallehre hätten die Thora-Tradition übernommen „und sogar zugespitzt“, erklärte dabei der Züricher Jesuit Christian Rutishauser.

Veranstaltungshinweis

Die Verleihung des Toleranzpreises findet am Samstag, 20. Jänner 2018, um 11.00 Uhr im SN-Saal, Karolingerstraße 40, Salzburg statt. Der Eintritt ist frei.

Gerechtigkeitssuche im Judentum

Die Suche nach Gerechtigkeit sei in der Thora eine der „Grundbedingungen des Bundes Gottes mit seinem Volk Israel“ gewesen, legte der Züricher Rabbinatsbeauftragte Michel Bollag dar. In die Tat sei dies umzusetzen durch liebende Gerechtigkeit („Zedaka“) in Form von Mitgefühl für Schwache und Benachteiligte, sowie ein detailliertes Rechtssystem („Mischpat“). Auf jeden Fall sei die Verantwortung jedes Einzelnen für den anderen und für die Gesellschaft angesprochen.

Als zentrale Gerechtigkeitstaten im Judentum nannte Bollag die Armutsbekämpfung, die Sorge um das Funktionieren der Gesellschaft und deren Institutionen sowie Solidarität und Teilen. Almosen zu geben sei „kein freiwilliger Akt, sondern eine Pflicht, die in ihrer höchsten Form Hilfe zur Selbsthilfe ist“, so der Rabbinatsbeauftragte.

religion.ORF.at/KAP

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