Papst klagt über „Halbbürger“ am Rande der Städte

Zum Abschluss seiner einwöchigen Lateinamerika-Reise hat sich Papst Franziskus für die Ärmsten am Rande der Großstädte eingesetzt. An den Rändern unserer Städte gebe es viele „Nicht-Bürger“ und „Halbbürger“, sagte Franziskus in Perus Hauptstadt Lima.

"Es schmerzt oftmals festzustellen, dass man unter diesen „überschüssigen Menschen" auf viele Kinder und Jugendliche trifft“, fuhr der Papst fort. Zum Abschluss seiner Peru-Reise feierte er am Stadtrand von Lima einen Gottesdienst vor einer gewaltigen Menschenmenge. Nach Schätzung der Behörden waren am Sonntagnachmittag (Ortszeit) knapp 1,3 Million Menschen auf das Gelände des Luftwaffenstützpunktes Las Palmas gekommen.

Papst Franziskus feiert eine Abschiedsmesse in Lima, Peru

Reuters/Alessandro Bianchi

Papst Franziskus feierte eine Abschiedsmesse in Lima, Peru

Mehr als eine Million Besucher bei Gottesdienst

Es war der mit Abstand meistbesuchte Gottesdienst seiner Lateinamerika-Reise. Dabei rief Franziskus die Menschen dazu auf, nicht mutlos oder gleichgültig zu werden. Die Lage in den Städten vielerorts könne die Menschen dazu verführen, sich zu verstecken und sich zu entziehen, warnte der Papst in seiner Predigt.

Predigt über „Jona-Syndrom“

In Anlehnung an den Propheten Jona im Alten Testament sprach Franziskus in seiner Predigt vom „Jona-Syndrom“: Gemeint sind Flucht und Misstrauen angesichts des Elends. Ob in Ninive, Trujillo, Lima oder wo immer die Menschen lebten, sei es schmerzhaft, unter den angeblich „überschüssigen Menschen“ auf viele Kinder und Jugendliche zu treffen. Dabei zitierte Franziskus auch seinen Vorgänger Benedikt XVI.: „Eine Gesellschaft, die die Leidenden nicht annehmen und nicht im Mitleiden helfen kann, (...) ist eine grausame und inhumane Gesellschaft.“

Anders als Jona habe Jesus sich den Ausgestoßenen und Schwierigen von Anfang an zugewandt. Seine Bewegung der Hoffnung habe begonnen mit Simon und Andreas, dann Jakobus und Johannes, sei weitergegangen über die Heiligen Perus bis zu den Menschen heute. Das Evangelium der Liebe Gottes „ist zu uns gelangt, um sich erneut als Gegenmittel für die Globalisierung der Gleichgültigkeit einzusetzen“, so Franziskus.

Mit den Christen in Peru und andernorts ziehe Jesus weiter durch die Straßen, auf dass „Herabwürdigung durch Brüderlichkeit“, „Ungerechtigkeit durch Solidarität“ besiegt würden und „die Gewalt durch die Waffen des Friedens ausgelöscht werde“, sagte der Papst.

Die Gläubigen sollten keine Angst haben, „die Heiligen des 21. Jahrhunderts zu sein“. Die Hoffnung, dass das möglich sei, habe er bei seinem Besuch „mit Händen greifen können“, so Franziskus in seinen Abschiedsworten. Nach dem Gottesdienst begrüßte er noch Vertreter anderer christlicher Konfessionen.

Rückreise nach Rom

Der Gottesdienst war zugleich der Schlusspunkt der Chile- und Peru-Reise des Papstes, der sich unmittelbar darauf zum Flughafen von Lima begab, wo er vom peruanischen Staatspräsidenten Pablo Kuczynski verabschiedet wurde. Um 19.10 Uhr (Ortszeit, 1.10 Uhr MEZ) hob seine Maschine der chilenischen Fluglinie LATAM vom Internationalen Flughafen Lima ab. Die Ankunft auf dem römischen Flughafen Ciampino ist für 14.15 Uhr am Montag geplant.

Franziskus verabschiedete sich von seinem Heimatkontinent mit einem Bad in der Menge. Noch am Abend reiste der 81 Jahre alte Papst zurück nach Rom. Seine sechste Lateinamerika-Reise hatte Franziskus am Montag in Chile begonnen, am Donnerstag war er ins Nachbarland Peru weitergeflogen. Der Besuch war von heftiger Kritik wegen Äußerungen des Papstes zu einem Missbrauchsskandal in der Kirche überschattet worden. Franziskus hatte einen chilenischen Bischof in Schutz genommen, der die Sexualdelikte eines Priesters gedeckt haben soll.

religion.ORF.at/APA/dpa/KAP/AFP

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