WEF: Papst redet Wirtschaft ins Gewissen

Papst Franziskus hat das am Dienstag gestartete Weltwirtschaftsforum (WEF) in Davos zu deutlich stärkeren Anstrengungen für mehr Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit aufgefordert.

Menschen drohten „zu bloßen Zahnrädern im Getriebe einer Maschinerie zu werden, die sie als bloße Konsumgüter behandelt“, schrieb er in einem Brief an Klaus Schwab, den Gründer und Präsidenten des Weltwirtschaftsforums. Sobald diese Menschen für die Maschinerie nicht mehr nützlich erschienen, würden sie „skrupellos entsorgt“.

„Es ist eine moralische Pflicht, eine Verantwortung für jedermann, die entsprechenden Bedingungen zu schaffen, damit jede menschliche Person in Würde leben kann“, mahnte der Papst. Wenn sie sich der Gleichgültigkeit und „Wegwerfkultur“ widersetze, hätte die Unternehmerschaft enorme Macht, wirksam etwas zu verändern. Sie könne die Produktivität erhöhen, neue Arbeitsplätze schaffen, Arbeitsschutzgesetze zu beachten, gegen Korruption zu kämpfen und sich für das Gemeinwohl einzusetzen.

Menschen beim Eingang zu einer Veranstaltung beim Wirtschaftsforum in Davos. Alles ist in violettes Licht getaucht.

Reuters/Denis Balibouse

Das Weltwirtschaftsforum tagt 2018 von 23. bis 26. Jänner

Wirtschaftswelt hat „gewaltiges Potential“

„Nur durch den festen Entschluss aller wirtschaftlichen Akteure können wir hoffen, dem Schicksal unserer Welt eine andere Wendung geben zu können“, so Franziskus. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, der Verantwortung zur Entwicklung der Menschheit gerecht zu werden.

Bereits vor dem Start des Treffens hatte er die Wirtschaftselite dazu aufgerufen, ihren Beitrag zur Überwindung zwischenmenschlicher und interstaatlicher Konflikte zu leisten. „Die Wirtschaftswelt hat gewaltiges Potenzial, um grundlegende Änderungen anzustoßen“, schrieb das Kirchenoberhaupt in einer Grußbotschaft. Dazu zählten unter anderem die Schaffung neuer Jobs, der Respekt vor Arbeitsgesetzen und der Kampf gegen Korruption.

„Wenn wir eine sichere Zukunft erreichen wollen, die den Wohlstand aller zum Ziel hat, dann ist es notwendig, den moralischen Kompass immer auf Norden auszurichten“, hieß es in dem Schreiben, das Kardinal Peter Kodwo Appiah Turkson am Montagabend vor Konzernchefs und Spitzenpolitikern in Davos verlas.

Sozialpolitik mit Familienschwerpunkt

Der Papst rief die Teilnehmer des WEF dazu auf, zusammenzuarbeiten, damit in einer immer globaleren Welt niemand vergessen werde. „Es ist von großer Bedeutung, die Würde des Menschen zu schützen, vor allem indem allen Menschen echte Möglichkeiten für ihre Entwicklung geboten werden und indem eine Sozialpolitik verfolgt wird, die Familien bevorzugt.“

Das Weltwirtschaftsforum (World Economic Forum) ist eine Schweizer Stiftung, die jedes Jahr in Davos ein Treffen von internationalen Wirtschaftsexperten, Politikern, Intellektuellen und Journalisten veranstaltet. Dabei wird über globale Fragen der Wirtschafts-, Umwelt- und Gesundheitspolitik diskutiert. Heuer tagt es von 23. bis 26. Jänner.

IWF-Chefin: „Jetzt handeln“

Zu dem Treffen in Davos werden mehr als 3.000 Teilnehmer erwartet, darunter etwa 70 Staats- und Regierungschefs wie US-Präsident Donald Trump, der französische Staatschef Emmanuel Macron sowie Bundeskanzlerin Angela Merkel, berichteten Daniel Schnettler und Benedikt von Imhoff von der dpa. Auch Hunderte Vorstandsvorsitzende globaler Konzerne kommen demnach nach Davos. Das WEF will sich dabei als Motor für internationale Zusammenarbeit anbieten. Kritiker werfen dem Treffen dagegen vor, Teil des Problems zu sein. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde forderte von den Verantwortlichen der Welt, jetzt zu handeln, wo es der Wirtschaft gut gehe.

Denn die Wirtschaft boomt zwar weltweit, profitieren würden aber nur die wenigsten davon, lautet die Kritik. Gewerkschaften und Hilfsorganisationen hatten zuletzt immer wieder darauf hingewiesen, dass das Wachstum zuletzt vor allem den ohnehin schon Reichen zugutegekommen sei. „Das Problem ist nicht die Generierung des Vermögens, sondern seine Verteilung“, sagte Philip Jennings, Chef des Gewerkschafts-Dachverbands UNI Global Union am Montag in Davos.

religion.ORF.at/APA/dpa/KAP

Links: