Missbrauch: Papst entschuldigt sich für Wortwahl

Papst Franziskus hat sich auf dem Rückflug von seiner Lateinamerika-Reise für seine Wortwahl in Bezug auf chilenische Missbrauchsopfer entschuldigt. Ein der Vertuschung beschuldigter Bischof bleibe aber im Amt.

Das kommt einer nur teilweisen Entschuldigung gleich. Hintergrund ist seine Bemerkung am Rande seines Besuchs in Iquique (Chile), für Vertuschungsvorwürfe gegen den chilenischen Bischof Juan Barros lägen keine Beweise vor. Franziskus sprach dabei von „Verleumdung“ - mehr dazu in Papst traf in Chile Opfer von Missbrauch in Kirche. Bei der „fliegenden Pressekonferenz“ sagte er vor Journalisten am Sonntag, seine Wortwahl sei unglücklich gewesen. Barros bleibe jedoch im Amt, weil ein schuldhaftes Verhalten nicht erwiesen sei.

„Sichere Indizien“ liefern

Der Papst sagte, viele Missbrauchsopfer könnten keine Beweise für das Erlittene beibringen oder schämten sich, diese offenzulegen. Statt von „Beweisen“ müsse man richtiger von „sicheren Indizien“ sprechen. Das Wort „Beweis“ habe die Opfer verletzt. Deshalb bitte er um Entschuldigung. „Den Papst sagen zu hören: ‚Bringt mir einen Brief mit dem Beweis‘, ist eine Ohrfeige“, so Franziskus.

Papst Franziskus bei der fliegenden Pressekonferenz auf dem Flug von Peru nach Rom

APA/AP/Alessandra Tarantino

Papst Franziskus entschuldigte sich bei Missbrauchsopfern für seine Wortwahl

Barros stammt aus einem geistlichen Schülerkreis des heute 87-jährigen Priesters Fernando Karadima, der 2011 wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden war. Barros selbst, Bischof von Osorno in Südchile, wird beschuldigt, von den Vergehen Karadimas gewusst zu haben. Im Fall Barros, der wiederholt untersucht worden sei, gebe es keine Anhaltspunkte, die eine Verurteilung rechtfertigten, so der Papst.

Barros’ Rücktritt nicht angenommen

Weiter sagte der Papst, aus der Chilenischen Bischofskonferenz sei der Vorschlag gekommen, alle vier Bischöfe, die aus dem Kreis Karadimas stammten, zurücktreten zu lassen oder ihnen eine Auszeit zu gewähren. Damit sollten Anschuldigungen vermieden werden. Einen zwei Mal von Barros angebotenen Amtsverzicht habe er abgelehnt, weil dies einem Schuldeingeständnis gleichgekommen wäre und trotz Nachforschungen nichts Belastendes gegen ihn vorliege. „Ich bin überzeugt, dass er unschuldig ist“, so der Papst.

„Wenn man hartnäckig Anschuldigungen erhebt, ohne Nachweise zu haben, ist das Verleumdung“, betonte Franziskus. Wenn jemand Indizien beibringen könne, sei er „der erste, der ihn anhört“. Er wolle gegen seelische und sexuelle Gewalt in katholischen Gemeinschaften hart vorgehen. Von Benedikt XVI. habe er gelernt, solche Dinge nicht zu tolerieren, so der Papst.

O’Malleys Kritik „sehr gerecht“

Der Papst hieß auch eine Intervention von Kardinal Sean O’Malley gut, der nach der umstrittenen Äußerung des Papstes Verständnis für die Empörung der Opfer geäußert hatte - mehr dazu in Kardinal kritisiert Papst-Aussage zu Missbrauch in Chile. Die Erklärung O’Malleys sei „sehr gerecht“ gewesen; „ich habe ihm dafür gedankt“. Der Kardinal, der Leiter der Päpstlichen Kinderschutz-Kommission ist, habe vom „Schmerz der Opfer im Allgemeinen“ gesprochen.

Bei der Verfolgung von Missbrauchsfällen setze er die „Null Toleranz“-Linie seines Vorgängers Benedikt XVI. fort, betonte Franziskus. In seinen bisher fünf Amtsjahren habe er keinen einzigen Gnadenappell eines wegen Missbrauchs laisierten Klerikers unterzeichnet, obwohl etwa zwei Dutzend solcher Anträge eingegangen seien.

Flugzeug-Trauung: „Beide wussten, was sie tun“

Bei der „Fliegenden Pressekonferenz“ begründete der Papst auch seine Entscheidung für eine Spontan-Hochzeit von zwei Flugbegleitern. „Ich kam zu dem Urteil, dass sie vorbereitet sind und beide wussten, was sie tun“, sagte der Papst über seine Trauung von Paula Podest (39) und Carlos Ciuffardi (41) während eines Flugs in Chile - mehr dazu in Papst traut Paar während seines Fluges in Chile. „Die Sakramente sind für die Menschen da, alle Bedingungen waren klar. Und warum nicht heute tun, was man heute tun kann“. Einer von den mitreisenden Journalisten habe „gesagt, ich sei verrückt, das zu machen“, meinte Franziskus.

Ob die beiden schon die Absicht gehabt hätten, ihn um die Eheschließung zu bitten, wisse er nicht, so Franziskus. Normalen Pfarrern wolle er sagen, dass er das Paar „gut befragt“ habe. „Es war eine reguläre Situation“, so der Papst. Die beiden hätten einen Ehevorbereitungskurs absolviert, nur die Trauung immer wieder aufgeschoben.

Wie Franziskus weiter erzählte, war Ciuffardi schon auf dem vorhergehenden Flug Teil der Besatzung. Dabei hätten sie auch über Familie gesprochen. „Wir hatten eine schöne Plauderei“, so der Papst. Am folgenden Tag hatten Ciuffardi und Podest gemeinsam Dienst. Als sie Erinnerungsfotos machten, hätten die beiden erzählt, dass sie nur zivilrechtlich verheiratet seien, weil ihre Hochzeitskirche bei einem Erdbeben einen Tag vor der geplanten Trauung eingestürzt sei.

religion.ORF.at/KAP

Mehr dazu:

Papst aus Chile und Peru zurück in Rom
(religion.ORF.at; 22.1.2018)