„Kirche ausverkauft“: Papst für China-Politik kritisiert

Kardinal Joseph Zen Ze-kiun, emeritierter Bischof von Hongkong, wirft dem Vatikan einen „Ausverkauf“ der katholischen Kirche in China vor. Es geht um die geplante Anerkennung staatstreuer Bischöfe durch Rom. Der Vatikan äußerte sich am Dienstag zu der Causa.

In einem ausführlichen, zu Wochenbeginn veröffentlichten Eintrag auf seiner Website berichtet der 86-Jährige zunächst von einer Reise nach Rom und einem Gespräch mit Papst Franziskus. Der Kardinal war Mitte Jänner nach Rom gekommen, um dem Papst bei der wöchentlichen Generalaudienz einen Brief von Untergrundbischof Peter Zhuang Jianjian aus der südchinesischen Provinz Guangdong zu übergeben. Der 88-jährige Zhuang war laut Medienberichten von einer vatikanischen Delegation aufgefordert worden, Platz für einen Bischof der regierungstreuen chinesischen Staatskirche zu machen.

Kein zweiter Mindszenty-Fall

Zhuangs Nachfolger soll demnach Huang Bingzhang sein. Er war 2011 exkommuniziert worden, nachdem ihn die Staatskirche ohne Einverständnis Roms zum Bischof geweiht hatte. Kardinal Zen berichtet, er habe am Nachmittag nach der Generalaudienz einen Anruf erhalten, dass ihn der Papst zwei Tage später sprechen wolle. In diesem Gespräch habe Franziskus dann laut Zen erklärt: „Ich habe (meinen Mitarbeitern) gesagt, sie sollen keinen zweiten Mindszenty-Fall schaffen.“

Kardinal Jozsef Mindszenty (1892-1975) war eine Symbolfigur des Widerstands gegen den Kommunismus in Ungarn. Er wurde mehrfach inhaftiert, verbrachte 15 Jahre in der US-Botschaft in Budapest. Die Ostpolitik Papst Pauls VI. (1963-1978) kritisierte er als zu nachgiebig. Im Februar 1974 entband der Papst Mindszenty „aus pastoralen Erwägungen“ von seinem Amt als Erzbischof von Esztergom, ohne einen Nachfolger zu ernennen.

„Vatikan betreibt Ausverkauf der Kirche“

Zwar wertet Hongkongs Kardinal den Verweis des Papstes auf Mindszenty als Trost und Zuspruch für „meine leidenden Brüder“ in China. Dennoch zeigt er sich pessimistisch und verweist auf verschärfte Gesetze, die im Februar in Kraft treten. Sie ermöglichen den staatlichen Organen größere Kontrolle über die verschiedenen Religionsgemeinschaften und könnten die Religionsfreiheit weiter einschränken. Unter anderem müssen in Zukunft Orte, an denen religiöse Zeremonien gefeiert werden sollen, registriert werden.

„Ich bin ein Pessimist, was die derzeitige Lage der Kirche in China betrifft“, so Kardinal Zen. „Ob ich glaube, dass der Vatikan einen Ausverkauf der katholische Kirche in China betreibt? Ja, definitiv.“ Die diplomatischen Beziehungen zwischen Rom und Peking gelten seit Jahrzehnten als festgefahren; zuletzt gab es aber erneute Annäherungsbemühungen. Die Frage der Bischofsernennungen ist ein Kernproblem zwischen dem Heiligen Stuhl und Chinas kommunistischer Regierung.

Vatikan dementiert Meinungsverschiedenheiten

Der Vatikan wies Berichte zu Meinungsverschiedenheiten über seine China-Politik am Dienstag zurück. Papst Franziskus sei in ständigem Kontakt mit seinen Mitarbeitern.

Er werde „wahrheitsgemäß und detailliert über die Situation der katholischen Kirche in China und die Schritte im Dialog mit dem Heiligen Stuhl und der Volksrepublik China informiert“, sagte Vatikansprecher Greg Burke. Er äußerte sich „verwundert und betrübt“ über gegenteilige Behauptungen. „So werden Verwirrung und Polemik genährt“, heißt es in seinem kurzen Statement.

Schwierige Beziehungen zwischen Vatikan und China

Die diplomatischen Beziehungen zwischen Rom und Peking gelten seit Jahrzehnten als festgefahren. Zuletzt gab es aber erneute Annäherungsbemühungen. Ein Kernproblem zwischen dem Heiligen Stuhl und Chinas kommunistischer Regierung ist die Frage der Bischofsernennungen. Peking sieht die Ernennung katholischer Bischöfe als innerchinesische Angelegenheit.

Geschätzte rund 13 Millionen von etwa 1,3 Milliarden Einwohnern der Volksrepublik China sind Katholiken. Die Behörden verzeichnen jedoch lediglich 6 Millionen. Eine große Besonderheit des chinesischen Katholizismus ist die Teilung in zwei Gruppierungen: Neben einer regimenahen und staatlich zugelassenen „Patriotischen Vereinigung“ gibt es die sogenannte Untergrundkirche in Gemeinschaft mit dem Papst. Die „patriotischen Christen“ können seit 1957 beziehungsweise wieder seit Ende der „Kulturrevolution“ mit staatlicher Erlaubnis aktiv sein. Gegen die Mitglieder der „Untergrundkirche“ kommt es dagegen immer wieder zu staatlichen Sanktionen.

religion.ORF.at/KAP

Mehr dazu: