Chile: Sonderermittler trifft Missbrauchsopfer in USA

Der von Papst Franziskus beauftragte Sonderermittler Erzbischof Charles Scicluna (Malta) reist zur Klärung von Vertuschungsvorwürfen gegen den chilenischen Bischof Juan Barros in einem Missbrauchsskandal zunächst nach New York, um einen Betroffenen zu treffen.

Am 17. Februar werde Scicluna das in den USA lebende Missbrauchsopfer Juan Carlos Cruz persönlich zu dem Fall befragen, berichtete das chilenische Portal Cooperativa am Mittwoch (Ortszeit). Scicluna habe ihn angerufen und ihm mitgeteilt, dass er sich mit ihm in den USA treffen wolle, wenn er dies wünsche, sagte Cruz dem Portal. Cruz habe zugestimmt und Scicluna gebeten, weitere Missbrauchsopfer anzuhören.

Scicluna wird nach dem Gespräch mit Cruz nach Chile reisen und dort mit mindestens zwei weiteren Missbrauchsopfern sprechen, die Barros ebenfalls belasten. Cruz gilt als Schlüsselzeuge in dem Skandal. Nach eigenen Angaben hat er den Papst bereits 2015 per Brief über die Vorwürfe gegen Barros kurz vor dessen Amtseinführung als Bischof von Osorno informiert.

Sonderermittler im Missbrauchsfall Chile - Erzbischof Charles Scicluna

AFP PHOTO/ Filippo Monteforte

Sonderermittler Charles Scicluna

Auch Papst von Skandal betroffen

Der Brief des Chilenen Cruz an Papst Franziskus hatte den Vatikan in dieser Woche in Erklärungsnot gebracht. In dem Schreiben belastet Cruz den Bischof schwer. Dieser habe in den 1980er Jahren etliche Fälle von sexuellem Missbrauch von Buben durch seinen inzwischen vom Vatikan verurteilten Amtsbruder Fernando Karadima mit angesehen, ohne dagegen einzuschreiten.

Papst Franziskus hatte während seines Chile-Besuchs im Januar dieses Jahres erklärt, es gebe keine Beweise dafür, dass der 2015 von ihm zum Bischof von Osorno ernannte Barros sexuellen Missbrauch durch Karadima vertuscht habe. Die Amtseinführung von Barros wurde damals begleitet von heftigen Protesten Hunderter Demonstranten, die gegen seine Bischofsernennung protestierten. Der von Cruz an den Papst geschriebenen Brief datiert laut dem Sender BBC vom 3. März 2015, knapp drei Wochen vor diesen Ereignissen. Cruz hatte sich den Unterlagen zu Folge bereits einen Monat früher mit einem Brief an den Apostolischen Nuntius in Chile, Erzbischof Ivo Scapolo, gewandt.

Vatikan schweigt zum Thema Brief

Über den Leiter der Päpstlichen Kinderschutzkommission, den Bostoner Kardinal Sean O’Malley, sei der Brief dann an den Papst gelangt, berichtete die BBC vergangenen Montag. Weiter hieß es, der Kardinal habe später Cruz nach dessen Worten die Übergabe des Schreibens an Franziskus telefonisch bestätigt. Ob Franziskus den Brief gelesen hat, ist nicht bekannt. Der Vatikan hat sich bislang nicht zu dem Brief an den Papst geäußert.

Der Fall Barros hatte während der jüngsten Chile-Reise von Papst Franziskus Mitte Januar die Schlagzeilen der chilenischen Medien bestimmt. Der Papst hatte sich zunächst hinter den beschuldigten Bischof gestellt und erklärt: „An dem Tag, an dem man mir einen Beweis gegen Bischof Barros vorlegt, werde ich sprechen.“ Alles andere sei „Verleumdung“.

Wenig später entschuldigte sich Franziskus für seine Wortwahl, die Opfer sexuellen Missbrauchs verletzt habe. Viele Missbrauchsopfer könnten keine Beweise für das Erlittene beibringen oder schämten sich, diese offenzulegen. Statt von „Beweisen“ müsse man richtiger von sicheren Indizien sprechen, so der Papst, der inzwischen eine neue Untersuchung des Falles in Auftrag gab.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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