UNO-Aktionsplan: Religion zur Gewaltprävention

Der UNO-Aktionsplan soll es vor allem Religionsführern ermöglichen präventiv einer Anstiftung zur Gewalt entgegenzuwirken. Der Plan wird kurz „Plan of Action“ genannt.

„Lassen Sie uns nie vergessen, dass der Holocaust nicht mit den Gaskammern begonnen hat. Er hat lange vorher begonnen - mit Hassreden, mit Sündenböcken.“ Ähnliches zu verhindern, ist Aufgabe von Adama Dieng, UNO-Sonderberater für die Verhütung von Völkermord. Während der vergangenen drei Tage leitete er in Wien ein Treffen von rund 150 religiösen Führern, die unter diesem Motto zusammenarbeiten.

Der Plan im Originalwortlaut

Der Plan heißt im Originalwortlaut „Plan of Action for Religious Leaders and Actors to Prevent Incitement to Violence that Could Lead to Atrocity Crimes“ (Aktionsplan für Religionsführer und Akteure, um der Anstiftung zu Gewalt, die in Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit resultieren kann, vorbeugend entgegenzuwirken).

Aus naheliegenden Gründen wird der Plan, der das Ergebnis eines 2015 im marokkanischen Fes begonnenen Dialogs unter religiösen Führern ist, kurz „Plan of Action“ genannt. Mitgearbeitet haben neben Diengs UNO-Büro für die Verhinderung von Völkermord und anderen global tätigen Institutionen wie dem Weltkirchenrat (WCC) auch das in Wien ansässige König-Abdullah-Dialogzentrum (KAICIID).

Wachsamkeit der religiösen Führer gefordert

Auslöser des Plans ist die in den letzten Jahren wahrgenommene Zunahme von Hassreden und Aufrufen zur Gewalt gegen Einzelpersonen oder Gemeinschaften aufgrund ihrer Herkunft oder Identität. Nicht nur in blutigen Brennpunkten wie dem Nahen Osten oder Afghanistan:

„Was wir heute erleben, die Vervielfachung von Neonazi-Gruppen in Europa, aber auch außerhalb Europas, ist eine Bedrohung“, warnte Dieng in einem Pressegespräch zum Ende der Wiener Konferenz. „Vergessen wir nicht: Wir sind eine Welt, eine Menschheit - deshalb darf politischer Opportunismus nicht die Oberhand gewinnen. Wir müssen wachsam sein! Und ich hoffe, dass auch religiöse Führer wachsam sind und sich nicht von Politikern manipulieren lassen.“

Konkrete Empfehlungen im Plan enthalten

Der Plan beinhaltet konkrete Empfehlungen, um die Anstachelung von Gewalt zu verhindern, die Resistenz der Gemeinschaften gegen Anstiftungsversuche zu stärken, und Mechanismen für eine geschlossene Reaktion aufzubauen.

Aber auch Bildungsreformen: „Wenn Menschen etwa im Irak heute ihr Weltbild ausschließlich nach dem gestalten, was sie in der Schule gelernt haben“, erzählt Peter Prove vom Weltkirchenrat, "dann müssen sie zu dem Schluss kommen, dass vor dem Islam absolut nichts war: kein gemeinschaftliches Leben, keine soziale Diversität - was offenkundig nicht den Tatsachen entspricht. Daher ist unser Anspruch auch, dass Bildungsangebote reformiert werden, um den Menschen in diesen Ländern ein umfassenderes Verständnis von der historischen und sozialen Realität zu vermitteln.

Umsetzung in die Tat gefordert

Der „Plan of Action“ steht, nun muss er in die Tat umgesetzt werden. In den kommenden Monaten wird es laut Alvaro Albacete, Vize-Generalsekretär des KAICIID, vor allem darum gehen, „überall dort, wo es uns schon gelungen ist, Plattformen religiöser Führer zu etablieren, unsere Aktivitäten auszuweiten und Akteure sowohl auf Regierungs- als auch Nichtregierungsebene einzubinden.“

Warum das so wichtig sei, illustriert Dieng anhand eines jüngsten Aufenthaltes auf dem West-Balkan: "Wir haben dort erfreut zur Kenntnis genommen, dass - zumindest in Bosnien-Herzegowina - die religiösen Führer zusammengekommen sind, um gemeinsam alle verschiedenen Gedenkstätten (für die Opfer der Jugoslawienkriege, Anm.).

Die politischen Führer allerdings haben das verabsäumt." Der Präsident der serbischen Teilrepublik von Bosnien-Herzegowina, Milorad Dodik, habe ihm gegenüber offen eingeräumt: „Was wir tun - Kriegsverbrecher glorifizieren, Gebäude nach verurteilten Kriegsverbrechern benennen - ist falsch. Aber wir werden nicht aufhören, solange nicht die Anderen anerkennen, was unserem Volk im Zweiten Weltkrieg angetan wurde.“

Dem gegenüber, so Dieng, stehe die Tatsache, dass drei Viertel der Bevölkerung nichts Anderes als Frieden wollten: „Sie haben die Nase voll. Daher muss die EU starken Druck auf die politische Führung ausüben, diesen offenkundigen Mangel an Aussöhnungsbemühungen zu beenden.“ Im kommenden März will der senegalesische UNO-Richter und Diplomat daher bei einem Besuch im Kosovo ein Treffen religiöser Führer organisieren.

religion.ORF.at/APA