Kopftuchverbot in der Schule als Dauerbrenner

Kopftuchverbot, ja oder nein? Die Diskussion über ein Verbot des islamischen Schleiers in Schulen bzw. im öffentlichen Dienst hat eine lange Geschichte und flammt regelmäßig auf. Ob die ÖVP-FPÖ-Regierung ein Verbot durchsetzen will, bleibt offen.

Sie will als Feministin weiter gegen das Kopftuch auftreten: Die Rede ist von der neuen SPÖ-Landesparteisekretärin Barbara Novak. In den vergangenen Tagen sprach sie sich in mehreren Interviews für ein Kopftuchverbot an Schulen aus. Die offizielle Parteilinie der SPÖ Wien ist das allerdings nicht.

Das Thema Kopftuch in der Schule beschäftigt die Politik schon lange: Bereits vor 14 Jahren beschloss das Bildungsministerium unter Elisabeth Gehrer (ÖVP) in der schwarz-blauen Regierung „aus aktuellem Anlass“ einen Erlass: Darin heißt es, das Tragen eines Kopftuches in der Schule falle „als religiös begründete Kleidungsvorschrift“ unter den Schutz des Staatsgrundgesetz (Artikel 14, Absatz 1) und Artikel 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Eigenmächtigen Kopftuchverboten für Schülerinnen in Bildungseinrichtungen - wie es sie gegeben hatte - wurde somit der Riegel vorgeschoben. Erledigt war das Thema damit allerdings nicht.

Langjährige Forderung

2005, knapp ein Jahr nach dem Erlass, forderte die damalige Innenministerin Liese Prokop (ÖVP) ein Kopftuchverbot - und zwar für Lehrerinnen. Nach einem Gespräch mit dem damaligen Präsidenten der Islamischen Glaubengemeinschaft in Österreich (IGGÖ), Anas Schakfeh, ruderte Prokop zurück. Sie sei nicht mehr für ein Verbot, sagte sie, und trat nunmehr für eine differenzierte Betrachtung der Thematik ein. Etwa ein Jahr danach plädierte sie abermals für ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen.

Klar in ihrer Positionierung zeigte sich stets die FPÖ: Fordert sie doch seit langem ein Kopftuchverbot in Bildungseinrichtungen. Im Präsidentschaftswahlkampf sprach sich Kandidat Nobert Hofer (FPÖ) für ein Verbot im gesamten öffentlichen Raum aus. Eine Politikerin mit Kopftuch - für ihn ein Zeichen der Unterdrückung - würde er nicht angeloben, sagte Hofer 2016.

Zwei Mädchen von hinten in einer Klasse in einer Schule. Ein Mädchen mit Kopftuch.

ORF.at/Zita Klimek

Mädchen mit Kopftuch gehören in vielen Schulen zum Alltag

Verbot, doch kein Verbot

Vergangenes Jahr erhielt die Kopftuchdebatte durch ein Interview von Heinz Faßmann, damals Berater von Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP), neuen Aufwind: Faßmann, mittlerweile ÖVP-Bildungsminister, hatte sich für ein Kopftuchverbot im öffentlichen Dienst ausgesprochen. Auch später als Minister äußerte er sich kritisch über das Kopftuchtragen von Lehrpersonal.

Lange diskutierten SPÖ und ÖVP die Möglichkeit, Staatsdienerinnen, also Richterinnen, Polizistinnen und auch Lehrerinnen, das Tragen eines Kopftuchs zu verbieten. Kurz forderte, ein Kopftuchverbot müsse in das Integrationsgesetz aufgenommen werden. Ein Aufschrei ging durch die islamische Gemeinde. Kritik kam auch von christlichen Kirchenvertretern.

Neuer Anlauf ungewiss

SPÖ und ÖVP einigten sich schließlich auf ein Neutralitätsgebot, das Staatsdienern das Tragen jeglicher religiöser Symbole verbieten sollte. Experten prüften und erklärten die Verfassungsmäßigkeit des Neutralitätsgebotes. Zu einer Gesetzesänderung kam es allerdings nicht.

Auf die Frage, ob ein Kopftuchverbot für Lehrerinnen unter der neuen ÖVP-FPÖ-Regierung geplant ist oder der Status quo beibehalten werden soll, wollte sich das zuständige Bildungsministerium gegenüber religion.ORF.at nach mehrmaligem Nachfragen zunächst nicht äußern.

"MuslimBan Austria": Demonstrationsteilnehmer mit Warnwesten und Plakaten.

Dokustelle für Muslime

Viele Musliminnen demonstierten 2017 gegen das Verbot islamischer Schleier

IGGÖ „will Dialog fortsetzen“

Fast schon traditionell, gibt es alle Jahre wieder eine meist hitzige Kopftuchdebatte. Daran dürften sich die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich und andere muslimische Organisationen mittlerweile gewöhnt haben. Das Kopftuch, das von Kritikern als im Widerspruch zu Frauenrechten betrachtet wird, ist für viele Musliminnen Teil der religiösen Praxis. Ein Verbot käme für sie einer Einschränkung ihrer religiösen Rechte und einer Diskriminierung als Muslimin sowie als Frau gleich.

Im Gespräch mit religion.ORF.at unterstrich Carla Amina Baghajati, Frauenbeauftragte der IGGÖ, das Bemühen um das Selbstbestimmungsrecht der Frau als „gemeinsamen Boden“. „Eine Einstellung gegen patriarchale Denkmuster und für Frauenrechte kann sehr wohl einschließen, dass Frauen auch ein Kopftuch tragen“, sagte Baghajati. Die IGGÖ wolle jedenfalls mit Politikern aus Bund und Ländern den „Dialog fortsetzen“. Dialog übers Kopftuch - auch der ist mittlerweile Tradition.

Clara Akinyosoye, religion.ORF.at

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