Vatikan-Untersuchungen in Chile trotz OP fortgesetzt

Der zur Aufklärung von Vertuschungsvorwürfen gegen Bischof Juan Barros nach Chile entsandte vatikanische Sonderermittler Erzbischof Charles Scicluna ist erfolgreich an der Gallenblase operiert worden, die Untersuchungen gehen weiter.

Der kurzfristig notwendig gewordene Eingriff erfolgte am Mittwoch (Ortszeit) in einer Klinik in Santiago. Der maltesische Erzbischof erhole sich gut und wolle seine Mission baldmöglichst fortsetzen, teilte der Sprecher der Chilenischen Bischofskonferenz, Jaime Coiro, mit. Papst Franziskus habe entschieden, dass die angesetzten Gespräche mit Missbrauchsopfern wie geplant weitergeführt werden sollen. Scicluna wird dabei durch den spanischen Geistlichen Jordi Bertomeu vertreten.

Der vatikanische Sonderermittler Erzbischof Charles Scicluna

Reuters/Claudio Santana

Der vatikanische Sonderermittler Erzbischof Charles Scicluna wurde an der Gallenblase operiert

Vertreter aktiv

Der 49-jährige Bertomeu ist Mitarbeiter der vatikanischen Glaubenskongregation. Spanische Medien berichteten, er habe in den vergangenen Jahren fast alle Länder Lateinamerikas bereist, um die dortigen Bischofskonferenzen über die Null-Toleranz-Strategie des Vatikans für Missbrauchsfälle zu informieren. Er gilt als Vertrauter Erzbischof Sciclunas. Als Notar hat er den Malteser bisher begleitet und als Übersetzer fungiert.

Missbrauchsopfer erfreut

Es sei erfreulich, dass Kirchenvertreter endlich anfingen, die Opfer anzuhören und über ihre Erlebnisse zu erfahren, sagte Missbrauchsopfer Juan Andres Murillo nach Angaben des Senders CNN Chile im Anschluss an die Befragung durch Bertomeu. „Sich in einem vertrauensvollen Umfeld angehört zu fühlen, vermittelt uns den Eindruck, dass wir uns in einem seriösen Prozess befinden“, so Murillo. Nun müsse es weiter vorwärts gehen und auch Konsequenzen geben.

Juan Carlos Claret, Sprecher der Laienorganisation von Osorno, dessen Bischof Juan Barros im Zentrum der Vertuschungsvorwürfe steht, kündigte derweil an, den Sonderermittlern 1.500 Seiten belastendes Material über Barros und andere Bischöfe übergeben zu wollen. Zugleich kündigte Claret an, ausschließlich mit den vatikanischen Ermittlern sprechen zu wollen. Seine Organisation werde keine Einmischung eines chilenischen Bischofs oder des Nuntius zulassen.

Scicluna bleibt vorerst in Chile

Sonderermittler Scicluna erholt sich unterdessen in Chile von seiner Gallenblasen-OP. Der Erzbischof hatte zuvor mehrere Tage über Bauchschmerzen geklagt, so die Erzdiözese Malta auf ihrer Website. Noch am Dienstag hatte Scicluna versucht, den ambitionierten Zeitplan einzuhalten. Doch den Gesprächspartnern blieb der Zustand des Maltesers nicht verborgen. „Er war sehr zurückhaltend“, berichtete das Missbrauchsopfer James Hamilton. Am Dienstagabend begab sich der Erzbischof dann ins Krankenhaus.

Sciclunas Rückkehr nach Europa war ursprünglich bereits für diesen Freitag geplant. Dort sollte er dem Papst Bericht erstatten. Inwieweit sich die Rückkehr verzögert, ist noch unklar.

Bischof unter Vertuschungsverdacht

Erzbischof Scicluna war von Papst Franziskus in die USA und nach Chile geschickt worden, um dort mit Opfern sexuellen Missbrauchs zu sprechen. Insbesondere geht es um die Frage, ob der chilenische Bischof Barros, ein früherer Schützling des Missbrauchstäters Fernando Karadima, von dessen Taten gewusst und sie verschwiegen hat.

Bischof Juan Barros

Reuters/Alessandro Bianchi

Bischof Juan Barros

Papst Franziskus hatte Barros bei seiner Chile-Reise im Jänner verteidigt. Ihm lägen keine „Beweise“ dafür vor, dass dieser von Karadimas Taten gewusst habe. Dafür erntete der Papst teils heftige Kritik. Später teilte der Vatikan mit, dass Scicluna als Sonderermittler nach Chile reisen werde.

Auf dem Hinflug hatte sich Scicluna in den USA mit einem anderen Opfer getroffen, Juan Cruz. Dieser hatte Medienberichten zufolge bereits 2015 Hinweise auf Barros’ Mitwisserschaft an den Papst übergeben lassen. Ob Franziskus die Hinweise gelesen hat, ist unklar.

religion.ORF.at/KAP/KNA

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